Neues von den Stolpersteinen


Gedenkveranstaltung Emilie-Wüstenfeld-Schule
Gedenkveranstaltung Emilie-Wüstenfeld-Schule
© Christina Igla

Auch im zweiten Quartal 2024 war die Stolperstein-Initiative wieder sehr aktiv:

Nicht nur, dass sie an der Kranzniederlegung zum Gedenken an den 79. Jahrestag des Kriegsendes und der Befreiung des Konzentrationslagers Neuengamme teilnahm, die Beteiligten brachten die Ergebnisse ihrer biografischen Forschung auch in etliche Veranstaltungen ein wie beispielsweise beim "Denkmal am Ort", gestalteten mehrere Dutzend Stolpersteinverlegungen und führte Angehörige an die Stätten früheren familiären Lebens.

Besonders intensiviert hat sich auch die Arbeit mit Schulen, Lehrkräften, Schülern und Schülerinnen: Das schon mehrfach erwähnte Stolperstein-Projekt der Emilie-Wüstenfeld-Schule, für das Christina Igla von der Stolperstein-Initiative zusammen mit dem Lehrer und Schülerinnen die Recherche durchgeführt hatte, ist nun zu einem würdigen Abschluss gekommen: Nachdem bereits 9 Stolpersteine zuvor vor der Schule verlegt worden waren, stellte diese nunmehr auch eine Gedenktafel auf, die die Namen aller 137 "rassisch" verfolgten Schülerinnen trägt. Unter den RednerInnen befand sich auch Hamburgs Oberrabbiner Bistritzky.
Einen Überblick über das gesamte Projekt finden Sie hier:
https://www.ewg-hamburg.de/gedenken-an-die-waehrend-der-ns-zeit-verfolgten/


Zudem verlegte Gunter Demnig allein im Juni 2024 neunzig Stolpersteine in vielen Hamburger Stadtteilen. Peter Hess hatte – wie immer – diese Verlegungen vorbereitet. Vier davon erinnern vor der Helene-Lange-Straße 1 (ehemals Hansastraße 73) an Max und Ilse Frensdorff, deren Tochter Edith und ihren Neffen Gert Walter Siegel. Ilse Frensdorff, geb. Fallek, war eine der Schülerinnen der Emilie-Wüstenfeld-Schule. Zu dieser Verlegung waren neun Familienangehörige aus Israel und den Niederlanden angereist. Iris Eshel aus den Niederlanden schilderte in berührender Weise die Verfolgungsgeschichte ihrer Verwandten. Sie betonte abschließend, "dass unsere Verwandten, unser Vater, unsere Großmutter, unsere Onkel und Tanten Hamburger waren, und dass auch wir als ihre engsten Verwandten unsere Wurzeln in dieser Stadt, in diesem Boden haben. Die auch unsere Heimat hätte sein können, die wir jetzt, wegen dieser Steine, als unsere Heimat fern der Heimat betrachten können."
An der Zeremonie nahmen auch Nachbarn und ca. 50 Schüler*innen und Lehrkräfte des Emilie-Wüstenfeld-Gymnasiums, des Helene-Lange-Gymnasiums und der Ida-Ehre-Schule teil, zwei Schülerinnen rezitierten zum Ende das Gedicht "Stolpersteine" von Inge Grolle.

Aufgrund der aktuellen Situation politischen Situation finden die Verlegungen derzeit sicherheitshalber in Anwesenheit von Polizeibeamten statt. Glücklicherweise ordnete die Wache Sedanstraße zwei interessierte und freundliche Beamte ab.


Schülerinnen und Schüler der Berufsschule 24 in Eidelstedt erforschten gemeinsam mit ihren Lehrerinnen die Lebensgeschichte der Hamburgerin Leni Timm, die im Alter von zwölf Jahren in Wien ermordet wurde. Sie übernahmen die Patenschaft für den Stolperstein und gestalteten eine stimmungsvolle Einweihungsfeier am Wiesenacker 20, an der viele Nachbarn aus der Straße teilnahmen.

Unter den neu verlegten Stolpersteinen befinden sich auch zwei in der Brahmsallee 17, die an Philipp Auerbach und seinen Vater Aron Auerbach erinnern. Der Publizist Hans-Hermann Klare, der jüngst eine Biographie von Philipp Auerbach verfasste, berichtete bei der Verlegung über dessen Leben in Hamburg, die Verfolgung in der NS-Zeit und sein kurzes Wirken in Bayern als "Staatskommissar für rassisch, religiös und politisch Verfolgte" bis zu seinem Suizid 1952 aufgrund falscher Anschuldigungen (er wurde 1954 rehabilitiert).


Dank der Bemühungen unseres Aktiven Holger Artus war es jetzt erstmals seit Jahren wieder möglich, Stolpersteine für ermordete Sinti zu verlegen. Er hatte dies mit den Angehörigen abgesprochen, biografische Forschungen angestellt und die Einweihung organisiert, so dass jetzt 11 Stolpersteine in der Stiftsstraße 10-14 in St. Georg an die Familie Hartmann erinnern.


Der Stolperstein-Doppelband "Die vergessenen Kinder von Zwangsarbeiterinnen" von Margot Löhr findet weiterhin nicht nur in Hamburg und Umgebung Aufmerksamkeit, sondern weiterhin auch in Polen. Das Institut für Nationales Gedenken (Instytut Pamięci Narodowej, IPN) Stettin und das Staatsarchiv Stettin luden Margot Löhr jetzt ein. Das Gespräch kann (mit deutscher Untertitelung) bei youtube angesehen werden:
https://youtu.be/k5xbRDZxtv0?si=L8yrMNS_uXwdL5kA

Weiter erhielt Margot Löhr die "Goldene Verdienstmedaille von der Vereinigung der vom Dritten Reich unterdrückten Polen" (Stowarzyszeniepolakowrepresjonwanychprez III rzesze) und eine weitere Einladung für September. Ein Dokumentarfilm zu ihren Forschungen ist in Arbeit.

Beate Meyer


print preview  / top of page