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Walter Krieg * 1894

Denickestraße 10 (Harburg, Harburg)


HIER WOHNTE
WALTER KRIEG
JG. 1894
EINGEWIESEN
HEILANSTALT LÜNEBURG
`VERLEGT` 22.4.1941
HEILANSTALT HERBORN
16.6.1941 HADAMAR
ERMORDET 16.6.1941
AKTION T4

Walter Krieg, geb. am 5.3.1894 in Harburg, eingewiesen in die "Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg" am 19.8.1930, `verlegt´ in die "Landesheilanstalt Herborn" am 22.4.1941, ermordet in der "Landesheilanstalt Hadamar" am 16.6.1941

Denickestraße 10, (früher: Turnerstraße 24), Stadtteil Harburg-Altstadt,

Walter Krieg erblickte als Kind des Materialverwalters Karl Ludwig Franz Krieg und seiner Ehefrau Rosalia, geb. Stoije, im neuen Zentrum der preußischen Industriestadt Harburg das Licht der Welt. Kurz nach seiner Geburt wurde er am 14. Mai 1894 in der Ev.-Luth. Dreifaltigkeitskirche, der Harburger Stadtkirche, in der Neuen Straße getauft. Er verbrachte die ersten Jahre seiner Kindheit in der Turnerstraße, die damals das Städtische Krankenhaus am Irrgarten mit der Bergstraße (heute: Schwarzenbergstraße) verband. Später zog die Familie in die Poststraße (heute: Alter Postweg) um. Über den weiteren Lebensweg des Jungen ist wenig bekannt.

Ein Eintrag in den Aufzeichnungen der Gedenkstätte Lüneburg besagt, dass er am 19. August 1930 Patient der Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg wurde. Die Gründe für die Aufnahme dort sind uns nicht bekannt. Auch existieren keine Aufzeichnungen über seine weitere Krankengeschichte (mehr).

Als die Nationalsozialisten mit der Aktion T4 (benannt nach der Berliner Zentrale im Tiergarten 4) die "Euthanasie" von psychisch wie physisch kranken Patientinnen und Patienten organisierten, mussten die Anstalten Meldebögen für ihre jeweiligen Insassen ausfüllen. Entscheidend dafür, wer zur Ermordung bestimmt wurde, war die Beurteilung der jeweiligen Patientinnen oder Patienten durch drei ärztliche T4-Gutachter, die sie auf der Grundlage von diesen sehr spärlichen und wenig differenzierten Angaben trafen. Walter Krieg gehörte zu den 122 männlichen "Pfleglingen" dieser Einrichtung, die am 22. April 1941 in die Zwischenanstalt Herborn abtransportiert wurden. Solche Zwischenanstalten dienten der Verschleierung der Aktion. Von dort wurden die Betroffenen in die Tötungsanstalten "weiterverlegt".

So erging es auch Walter Krieg und den anderen Lüneburger Patienten. Sie wurden am 16. Juni 1941 mit den grauen Bussen der "Gemeinnützigen Krankentransport-GmbH" (Gekrat) von Herborn in die NS-Tötungsanstalt Hadamar gebracht und dort noch am gleichen Tage in der als Duschraum getarnten Gaskammer dieser "Euthanasiestätte" ermordet.

Walter Krieg war 47 Jahre alt, als sein Leben in dieser Tötungsanstalt ausgelöscht wurde.

Seine Leiche und die sterblichen Überreste der anderen Ermordeten wurden anschließend aus angeblich "seuchenpolizeilichen Gründen" verbrannt.

Nachdem die Angehörigen der Getöteten zunächst lange nichts von der "Verlegung" ihrer Verwandten an einen anderen Ort erfahren hatten, mussten sie auch nach deren Ermordung oft mehrere Tage auf eine entsprechende Benachrichtigung warten. In einem Trostbrief, dem zwei gefälschte Sterbeurkunden beigelegt waren, wurde ihnen mitgeteilt, dass der oder die Verwandte "plötzlich und unerwartet" verstorben sei und dass der Tod in diesem Fall nicht nur als Abschied vom Leben, sondern auch als Erlösung von einer unheilbaren Krankheit zu begreifen sei.

Keiner weiß, wie Walter Kriegs Eltern auf diesen Brief reagierten, als sie so vom Tod ihres Sohnes erfuhren.

© Klaus Möller († 2024)

Quellen: Harald Jenner, Michael Wunder, Hamburger Gedenkbuch Euthanasie. Die Toten 1939 – 1945, Hamburg 2017; 100 Jahre Niedersächsisches Landeskrankenhaus Lüneburg. Niedersächsisches Landes-krankenhaus Lüneburg (Hrsg.), Lüneburg 2001; `Verlegt nach Hadamar´. Die Geschichte einer NS-`Euthanasie´-Anstalt, Landeswohlfahrtsverband Hessen (Hrsg.) 3. Auflage Kassel 2002; Archiv des Ev.-Luth. Kirchenkreises Hamburg-Ost, Harburger Kirchenbücher, Taufen 1894; Harburger Adressbücher; Auskunft der Gedenkstätte Lüneburg Mai 2024.

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