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Karla Dietzel * 1915

Hansdorfer Straße 23-25 (Hamburg-Nord, Barmbek-Süd)


HIER WOHNTE
KARLA DIETZEL
JG. 1915
EINGEWIESEN 1919
ALSTERDORFER ANSTALTEN
´VERLEGT` 28.7.1941
´HEILANSTALT` LANGENHORN
27.11.1941 TIEGENHOF
ERMORDET 31.12.1944

Karla Dietzel, geb. 24.4.1915 in Hamburg, aufgenommen in den Alsterdorfer Anstalten (heute Evangelische Stiftung Alsterdorf) am 20.5.1919, verlegt in die Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn am 28.7.1941, verlegt in die Gau-Heilanstalt Tiegenhof (Dziekanka) bei Gnesen (heute Gniezno/Polen) am 27.11.1941, dort gestorben am 31.12.1944

Hansdorfer Straße 25 (Barmbek-Süd)

Karla Anna Henni Dietzel wurde am 24. April 1915 in Hamburg geboren. Das Wenige, das wir über sie wissen, ist dem Aufnahmebuch der damaligen Alsterdorfer Anstalten (heute Evangelische Stiftung Alsterdorf) und einer Karteikarte entnommen, die für das ab 1934 aufgebaute Hamburger Gesundheitspassarchiv zum Zwecke der "erbbiologischen Bestandsaufnahme" der Bevölkerung angelegt wurde.

Karla Dietzel war das Kind des Arbeiters Karl Alexander Dietzel, geboren am 7. April 1890 in Blankenhain im Kreis Weimar, und seiner Ehefrau Martha Auguste Frieda Ida, geborene Haare, geboren am 3. November 1894 in Wendisch Waren (heute ein Ortsteil von Waren im Landkreis Ludwigslust-Parchim in Mecklenburg). Das Paar hatte am 15. Juli 1915 in Hamburg geheiratet und schon vorher zusammen in Barmbek in der Stückenstraße 89 gelebt.
Karla Dietzel hatte einen jüngeren Bruder, den am 2. März 1920 geborenen Hans Dietzel.

Das Mädchen wurde am 20. Mai 1919 mit der Diagnose "Idiotie" in den Alsterdorfer Anstalten aufgenommen. ("Idiotie" ist ein veralteter Begriff für eine schwere Form der Intelligenzminderung.)
Die Familie wohnte zu dieser Zeit in der Hansdorferstraße 25 III in Barmbeck (heute Hansdorfer Straße in Barmbek-Süd).

Nach den wenigen Stichworten auf der Karteikarte musste Karla Dietzel vollkommen versorgt und gefüttert werden.

Am 1. August 1941 in die Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn verlegt, wurde sie von dort am 27. November 1941 in die Gau-Heilanstalt Tiegenhof (heute Wojewódzki Szpital dla Nerwowo i Psychicznie Chorych "Dziekanka") abtransportiert.

Aus den beiden Hamburger Anstalten in Alsterdorf und in Langenhorn wurden am 14., am 20. und am 27. November 1941 mindestens 203 Patientinnen und Patienten nach Tiegenhof verbracht.

Die Anstalt Tiegenhof war zwischen 1891 und 1894 knapp zweieinhalb Kilometer von Gnesen entfernt im Regierungsbezirk Posen errichtet worden. Bis 1919 waren Betten für etwa 600 Patienten verfügbar. Nach dem Übergang des Gebietes an den wiedererstandenen Staat Polen wurde die Anstalt in Dziekanka umbenannt. Sie gehörte zu den psychiatrischen Einrichtungen mit den niedrigsten Sterblichkeitsziffern weltweit. Im Oktober 1939 wurde die Anstalt von der Deutschen Wehrmacht besetzt, in "Gau-Heilanstalt Tiegenhof" umbenannt und in das Euthanasieprogramm T4 der Nationalsozialisten einbezogen.

Auch in dieser Anstalt im besetzten Polen wurde nach dem offiziellen Stopp der "Euthanasie"-Morde im August 1941 die staatlich organisierte Ermordung von Menschen mit Behinderung und psychischer Erkrankung durch Hungerrationen und überdosierte Medikamente sowie durch pflegerische Vernachlässigung fortgesetzt.

Karla Dietzel starb am 31. Dezember 1944 in Tiegenhof.

© Ingo Wille

Quellen: Adressbuch Hamburg 1919, StaH 332-5 Standesämter 6525 Heiratsregister Nr. 125/1915 (Karl Alexander Dietzel/ Martha Auguste Frieda Ida Haase), Sterberegister Nr. 1675/1942 (Hans Dietzel); Evangelische Stiftung Alsterdorf Archiv, Erbgesundheitskarteikarte von Karla Dietzel; Michael Wunder, Ingrid Genkel, Harald Jenner, Auf dieser schiefen Ebene gibt es kein Halten mehr – Die Alsterdorfer Anstalten im Nationalsozialismus, Stuttgart 2016, S. 269 ff., Wege in den Tod, Hamburgs Anstalt Langenhorn und die Euthanasie in der Zeit des Nationalsozialismus, Hamburg 1993, S. 490.

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