Namen, Orte und Biografien suchen


Bereits verlegte Stolpersteine



Irmgard Meggers
Irmgard Meggers
© Archiv Evangelische Stiftung Alsterdorf

Irmgard Meggers * 1907

Borner Stieg 34 (Hamburg-Nord, Langenhorn)


HIER WOHNTE
IRMGARD MEGGERS
JG. 1907
EINGEWIESEN 1933
ALSTERDORFER ANSTALTEN
"VERLEGT" 16.8.1943
HEILANSTALT
AM STEINHOF, WIEN
ERMORDET 30.3.1944

Irmgard Brunhilde Meggers, geb. am 13.9.1907 in Hamburg, aufgenommen in den damaligen Alsterdorfer Anstalten (heute: Evangelische Stiftung Alsterdorf) am 25.6.1933, verlegt am 16.8.1943 nach Wien in die "Wagner von Jauregg-Heil- und Pflegeanstalt der Stadt Wien", gestorben am 30.3.1944 in Wien

Borner Stieg 34 (Langenhorn)

Irmgard Brunhilde Meggers wurde am 13.9.1907 als ältestes von sechs Kindern der Eheleute Meggers geboren. Die Eltern, Frieda Margareta Johanne, geb. Grill, geboren am 29.4.1880 in Albersdorf in Süderdithmarschen, und Heinrich Klaus Johann Meggers, geboren am 22.1.1872 in Geltorf, Kreis Schleswig, hatten am 3. Oktober 1905 in Hamburg geheiratet.

Sie wohnten zur Zeit von Irmgards Geburt in der Beethovenstraße 13 in Barmbek-Süd. Heinrich Meggers gab seinen Beruf bei der Eheschließung als "Rhedereibeamter" an. Später nannte er sich "Privatbeamter". (Beamte sind nach heutigem Verständnis ausschließlich Bedienstete des Staates mit einer besonderen Treuepflicht gegenüber ihrem Dienstherrn. Bis in die Zeit der Weimarer Republik wurden jedoch auch mit Leitungs- und Verwaltungsfunktionen betraute Gehaltsempfänger privater Unternehmen als "Beamte" bezeichnet. Sie standen in einem besonderen Vertrauensverhältnis zur Firma und waren in ihren Rechten und Pflichten den Staatsbeamten angeglichen.)

Irmgard Meggers‘ Eltern gehörten beide der lutherischen Kirche an. Sie waren, wie später auch ihre Kinder, tief gläubig und verstanden und akzeptierten die geistige Behinderung von zweien ihrer Kinder als eine Prüfung Gottes.

Irmgard Meggers stürzte im Alter von sechs Jahren eine Treppe hinunter. Danach erlitt sie einen ersten Anfall mit Krämpfen und wurde bewusstlos. Dies wiederholte sich von Zeit zu Zeit. Sie besuchte zunächst die Volksschule und später die für Kinder mit Lernschwierigkeiten bestehende "Hilfsschule". ("Hilfsschule" war ein heute nicht mehr verwendeter Name für eigenständige sonderpädagogische oder heilpädagogische Schulen für Kinder, die man aus unterschiedlichen Gründen als nicht fähig zum Volksschulbesuch betrachtete). Doch "Erregungszustände" führten zwischen Oktober 1920 und Ende Februar 1921 zu zwei Aufenthalten in der damaligen Staatskrankenanstalt Friedrichsberg.

Am 5. April 1921 wurde Irmgard Meggers in der Staatskrankenanstalt Langenhorn aufgenommen. Ihrer Krankengeschichte zufolge litt sie dort zeitweise an Krampfanfällen, starken Erregungszuständen und Bewusstseinstrübungen. Am 15. November 1927 wurde die inzwischen zwanzig Jahre alte Frau auf eigenen Wunsch als "gebessert" entlassen. Ein Vierteljahr später, währenddessen sie bei ihren Eltern gelebt hatte, wurde sie auf Veranlassung des Wohlfahrtsamtes Hamburg am 18. Februar 1928 Bewohnerin und Patientin der Diakonischen Heim- und Pflegeanstalten in Kropp südlich von Schleswig.

In der Anstalt in Kropp lebte bereits Irmgards jüngerer Bruder Heinrich Friedrich, geboren am 30.6.1919. Die Aufnahme von Irmgard Meggers in der Anstalt erschien "vom ärztlichen Standpunkt aus notwendig im persönlichen, familiären und öffentlichen Interesse". In Kropp wurde Irmgard Meggers am 7. April 1929 konfirmiert. Die Eltern waren sehr um Irmgard besorgt. Es ist überliefert, dass sie Weihnachten 1929 bei den Eltern verbrachte und ihre Eltern auch zu vielen anderen Zeiten "auf Urlaub" besuchte.

Am 11. Dezember 1931 wurde Irmgard Meggers‘ Bruder Heinrich Friedrich in den Alsterdorfer Anstalten aufgenommen. Der Grund für seinen Wechsel ist nicht überliefert. Am 25. Juni 1933 wurde auch Irmgard Meggers Bewohnerin der Alsterdorfer Anstalten. Die Geschwister lebten nun in derselben Einrichtung und konnten sich dort öfter treffen. Zudem war die Betreuung durch die Eltern nun einfacher als Besuche in zwei weit voneinander entfernten Anstalten.

Am 7. November 1933 meldeten die Alsterdorfer Anstalten der Polizei, Irmgard Meggers sei aus der Einrichtung entwichen. Sie wurde gegenüber der Polizei als "auffallend lang und schlank, 176 cm", bekleidet mit einem blauen Waschkleid, einer Schürze, einem roten Pullover und einer Strickjacke, beschrieben. Noch am selben Tag erschien sie bei ihren Eltern in Henstedt. Irmgards Vater benachrichtigte die Alsterdorfer Anstalten: "Unsere Tochter Irmgard ist heute zu Hause angekommen und wir wollen, wenn sie sich beruhigt hat, in Güte nachsuchen, sie wieder nach dort zurückzubringen. Einstweilen behalten wir sie als beurlaubt hier. Gott zum Gruß! Gez. Heinr. Meggers".

Tags darauf richtete Heinrich Meggers ein ausführliches Schreiben an die Direktion der Alsterdorfer Anstalten: "Nach ihren Erzählungen hat sie wieder einem Mädchen ins Gesicht geschlagen. Aus Angst vor den Folgen dieser unüberlegten Handlung ist sie dann über das Gitter geklettert und entwichen. Irmgard ist wieder in einer Seelenverfassung, die ein längeres Verweilen im Elternhause unmöglich macht. Wir wollen versuchen, sie kurze Zeit zu tragen und hoffen dann, durch gütliche Überredung sie zu bewegen, in die Alsterdorfer Anstalten zurückzukehren. Ich bitte aber höflichst möglichst schon jetzt Vorkehrungen zu treffen, dass Irmgard dann in eine Anstalt gebracht wird, aus der ein Entweichen unmöglich ist, denn auch aus der Kropper Anstalt ist sie unter ähnlichen Umständen am 28.9.1932 entwichen und zu Hause angekommen. Wir haben seit vielen Jahren es immer und immer wieder versucht, Irmgard zu helfen und zurückzubringen. Unzählige Gebete haben wir für sie zum Throne Gottes emporgesandt. Aber es ist mit ihr immer noch das alte Lied, dass eine Beschäftigung im Eßsaal der Angestellten ihr besonders gut zusagen würde. Wenn in dieser Hinsicht mit ihr noch einmal ein Versuch gemacht werden könnte, möchte ich herzlichst bitten, es zu tun, ohne dass drakonische Maßnahmen angewandt werden, die eine völlige Auflösung bewirken würden. […] Es begrüßen Sie im Namen Jesu Christi mit dankerfüllten Herzen herzlichst
Ihr Heinrich Meggers und Frau und Irmgard."

Wie sehr sich Irmgard Meggers ihrer psychischen Krankheit bewusst war und unter ihr litt, wird aus einem Brief deutlich, den sie während ihrer Abwesenheit von Alsterdorf an eine Schwester Elisabeth in der Anstalt schrieb: "Trotz aller Aufregungen die ich gehabt habe, bin ich doch wieder zur Ruhe gekommen. Grüßen Sie bitte Schwester Maria Lüth und Schwester Selma von mir. Gott möge sie alle beide wirklich segnen, da sie so viel Geduld mit mir gehabt haben. Ich komme so Gott will und wir leben, am Sonnabend […] mit meiner Mutter wieder zurück, die Sie gerne, wenn es irgend angehen könnte, mal sprechen möchte. Hoffentlich werde ich nicht eingesperrt, da ich Ihnen diesen Kummer des Weglaufens bereitet habe. Meine jungen Jahre sind schon durch seelische trübe Zeiten gegangen. Möge Gott nach langen Jahren endlich eine Änderung mir schicken. Aber ich muss mich, da es mir nicht anders übrig bleibt, unter seinem Kreuze beugen und stille werden im Gebet. Es grüßt Sie recht herzlich liebe Schwester Elisabeth und dem Herrn befohlen deine dich liebende Irmgard."

Inzwischen hatten die Nationalsozialisten die Macht in Deutschland übernommen und schickten sich an, ihre eugenischen, rassehygienischen und rassepolitischen Vorstellungen zu verwirklichen. Nach dem am 1. Januar 1934 in Kraft getretenen "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" konnte, "wer erbkrank ist, durch chirurgischen Eingriff unfruchtbar (sterilisiert) werden, wenn nach den Erfahrungen der ärztlichen Wissenschaft mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass seine Nachkommen an schweren körperlichen und geistigen Erbschäden leiden werden."
Die Alsterdorfer Anstalten beantragten eine Vielzahl von Sterilisationen bei dem dafür eingerichteten "Erbgesundheitsgericht", offenbar auch für Irmgard Meggers. Im Juli 1934 forderte das "Erbgesundheitsgericht" Irmgard Meggers‘ Krankheitsgeschichte an und entschied, dass sie zu sterilisieren sei. Sie musste einen Urlaub bei den Eltern am 25. September 1934 vorzeitig beenden, weil der Eingriff im Allgemeinen Krankenhaus Barmbek terminiert war. Irmgard Meggers‘ Patientenakte enthält zwar den Hinweis, dass ihre Eltern über die bevorstehende Operation informiert gewesen seien, jedoch keinen Hinweis darauf, wie sie auf diese staatliche Zwangsmaßnahme reagiert hatten.

In den folgenden Jahren beantragten Irmgards Eltern oft gemeinsamen Urlaub für ihre Tochter und deren Bruder Heinrich. Beide fuhren dann selbständig mit der U-Bahn bis zum Bahnhof Ochsenzoll und von dort mit dem Bus nach Henstedt. Anfang 1937 zog das Ehepaar Meggers zurück nach Hamburg, und zwar in die Pagenfelderstraße 13 in Horn. Irmgards Vater starb wenig später am 30. Mai 1937 im Alter von 65 Jahren.

Frieda Meggers, Irmgards Mutter, war weiterhin um ihren Sohn und ihre Tochter in Alsterdorf und den Familienzusammenhalt bemüht. So beantragte sie beispielsweise für einen Sonntag im September 1937 für beide Urlaub, um das Grab des Vaters in Ohlsdorf aufzusuchen. Auch der älteste Sohn Wolfgang besuchte seine Geschwister und erbat für sie des Öfteren Familienurlaub.

Am 9. März 1941 richtete Irmgard Meggers‘ Mutter ein Schreiben an die Alsterdorfer Anstalten: "Sehr geehrter Herr Pastor! Meine Irmgard ist heute und morgen bei mir auf Urlaub. Sie erzählte mir hocherfreut, dass Herr Juhtow sie gefragt hätte, ob sie wohl Lust hätte, der lieben Familie Traute Olsen in Tangstedt, die wir ja schon kennen gelernt haben, behilflich zu sein. Irmgard liebt ganz besonders Gottes freie Natur, die da draußen in Tangstedt ganz besonders schön ist. Denn das Pflichtgefühl mit helfen zu können, würde für Irmgard befriedigend sein. Auch wäre es für Heini sehr schön, wenn Irmgard ihn ab und zu mal treffen könnte. Da der Arme ja leider nicht schreiben kann, und so leidet er anscheinend manchmal an Heimweh. Ich bin ja Gott, und Ihnen, lieber Herr Pastor, so dankbar, dass beide Kinder in ihrer Anstalt wohl verwahrt weilen dürfen, vor allen Dingen unter Gottes Wort kommen, da können sie immer mehr genesen an Leib und Seele. Für mich ist es ein großer Trost unseren Heiland zu haben, hilft ER mir doch mein Kreuz, welches ER mir auferlegt hat, (zu meinem Besten) tragen. Nun, lieber Herr Pastor, werde ich alles in Gottes Hand legen. ER wird es schon recht führen. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, recht bald Näheres zu hören. Gott befohlen! Mit freundlichen Grüßen auch von Irmgard verbleibe ich
Ihre Frau Frieder Meggers
Hamburg 34
Horner Stieg 9"

Doch zu der gewünschten Beschäftigung ihrer Tochter in einer Privatfamilie kam es anscheinend nicht.

Während der schweren Luftangriffe auf Hamburg Ende Juli/Anfang August 1943 ("Operation Gomorrha") erlitten auch die Alsterdorfer Anstalten Bombenschäden. Die Anstaltsleitung nutzte die Gelegenheit, nach Rücksprache mit der Gesundheitsbehörde einen Teil der Bewohnerinnen und Bewohner, die als "arbeitsschwach, pflegeaufwendig oder als besonders schwierig" galten, in andere Heil- und Pflegeanstalten zu verlegen. Am 16. August 1943 ging ein Transport mit 228 Frauen und Mädchen aus Alsterdorf sowie 72 Mädchen und Frauen aus der Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn in die "Wagner von Jauregg-Heil- und Pflegeanstalt der Stadt Wien" in Wien (auch bekannt als Anstalt "Am Steinhof") ab. Unter ihnen befand sich Irmgard Meggers.

Während der "Aktion-T4" (Tarnbezeichnung für das "Euthanasie"-Programm der Nationalsozialisten, so genannt nach dem Sitz der Berliner Euthanasiezentrale in der Tiergartenstraße 4) war die Anstalt in Wien Zwischenanstalt für die Tötungsanstalt Hartheim bei Linz gewesen. Nach dem offiziellen Ende der Gasmorde in den Tötungsanstalten im August 1941wurde massenhaft in der Wiener Anstalt selbst gemordet: durch Überdosierung von Medikamenten und Nichtbehandlung von Krankheit, vor allem aber durch Nahrungsentzug.

Irmgard Meggers starb am 30. März 1944.

Von den 300 Mädchen und Frauen aus Hamburg dort kamen bis Ende 1945 257 ums Leben, davon 196 aus Alsterdorf.

Irmgard Meggers‘ Bruder Heinrich Friedrich starb am 8. März 1944 in den Alsterdorfer Anstalten an Lungentuberkulose.

Stand: Juli 2021
© Ingo Wille

Quellen: Adressbuch Hamburg; StaH 332-5 Standesämter 9951 Sterberegister 375/1944 Heinrich Friedrich Meggers, 5966 Heiratsregister Nr. 995/1905 Heinrich Klaus Johann Meggers/Frieda Margaretha Johanne Grill, 1073 Sterberegister Nr. 348/1937 Heinrich Klaus Johann Meggers; Evangelische Stiftung Alsterdorf, Archiv, Sonderakte V 155 (Irmgard Meggers); Harald Jenner, … ein langer Weg, Kropper Anstalten, Diakonissenanstalt, Diakoniewerk Kropp, Kropp 1990. Privatbeamter: https://de.wikipedia.org/wiki/Beamtentum#Beamte_in_privaten_Betrieben (Zugriff am 13.1.2021).


Irmgard Meggers, geb. am 13.9.1907 in Hamburg, seit 1920 in unterschiedlichen Heimen und Anstalten, am 16.8.1943 "verlegt" in die "Wagner von Jauregg Heil- und Pflegeanstalt der Stadt Wien, Steinhof", dort umgekommen am 30.3.1944

Bornerstieg 34

Irmgard Brunhilde Meggers kam am 13. September 1907 in der Beethovenstraße 13, Hamburg-Uhlenhorst, zur Welt. Sie war das erste Kind von Frieda Margareta Johanne, geb. Grill, und dem "Privatbeamten" (d.h. nicht im Staatsdienst tätig) Heinrich Klaus Johann Meggers. Zunächst wuchs sie bei ihrer Familie auf und bekam noch fünf jüngere Geschwister. In einem späteren Fragebogen der "Staatskrankenanstalt Langenhorn" ist festgehalten, dass Irmgards Geburt normal verlaufen war, wie auch die ersten Jahre ihres Lebens. Im sechsten Lebensjahr jedoch erlitt Irmgard einen Treppensturz und infolgedessen ihren ersten Anfall mit Krämpfen und Bewusstlosigkeit. Behandelt wurde sie mit Luminal.

Die Volksschule besuchte sie bis zur 4. Klasse und nach ihren eigenen Angaben mit "negativem Erfolg". Die Aufzeichnungen über Irmgards Aufenthalte in den psychiatrischen Krankenanstalten beginnen im Alter von 13 Jahren. Wegen Erregungszuständen wurde sie am 12. Oktober 1920 in die "Staatskrankenanstalt Friedrichsberg" eingeliefert. Die Diagnose von Dr. Dräseke lautete "Hysterische Degeneration". Irmgard blieb dort drei Monate. Am 14. Januar 1921 wurde sie mit dem Einverständnis der Jugendfürsorge zu den Eltern beurlaubt und ab 23. Februar 1921 als entlassen geführt. Ihre "Hysterische Degeneration" galt als gebessert, die Entlassungsdiagnose lautete "Epileptische Seelenstörung".

Eine erneute Aufnahme in der "Staatskrankenanstalt Friedrichsberg" erfolgte am 5. April 1921, für zwei Monate. Im Protokoll wurde sie als "frech, streckt die Zunge heraus, immer in gehobener alberner Stimmung u. schamlos" bezeichnet. 1924, Irmgard war 16 Jahre alt, hieß es, sie sei "[… im Urlaub] von zu Hause weggelaufen, hat sich nachts herumgetrieben und sich geschlechtlich betätigt; meint, sie habe ein Recht darauf, ihr Leben zu genießen".

Irmgard wurde für ein Jahr, von September 1924 bis 1925, in die "Staatskrankenanstalt Langenhorn" verlegt. Dort litt sie unter "Krampfanfällen und Bewußtseinstrübungen". Irmgards Mutter hätte sie gern in die kirchliche Einrichtung Bethel geschickt. Dem wurde nicht stattgegeben, da sie als "bösartig" und "sexuell gefährlich" stigmatisiert wurde und unter strenger Aufsicht gehalten werden müsse. Sie zeige einen "chronisch intermittierender Zustand von geistig hypermanischer Erregung".

Seit dem 30. September 1925 war Irmgard Meggers wieder bei den Eltern am Bornerstieg 34, Langenhorn, gemeldet. Zu Hause soll sie, nach den Aussagen der Mutter, oftmals aufgeregt und wütend gewesen sein, es sei "ein schweres Umgehen" mit ihr. Sie leide unter Epilepsie mit großer Vergesslichkeit, zeitweilig könne sie aber ganz gut arbeiten. Im März 1926 wurde ärztlicherseits aus der "Staatskrankenanstalt Langenhorn" empfohlen, Irmgard wieder dorthin einzuweisen.

Auf Veranlassung des Wohlfahrtsamtes Hamburg kam Irmgard Meggers am 18. Februar 1928 in die "Heil- und Pflegeanstalt Kropp" bei Schleswig. Die Anfälle und Erregungen traten in dieser Zeit nicht so häufig auf. Etwa ein Mal im Monat litt sie noch unter "Herzbeklemmungen" oder "Herzkrampf" und wurde mit den Beruhigungsmitteln Luminal und Sedobrol sowie mit Dauerbädern behandelt, zeitweise auch mit Bromkali. Laut Protokoll wurde ihre Stimmung als sehr wechselhaft betrachtet, teils als "[…] sehr laut und aufdringlich. Zanksüchtig […]".

Von Mai bis Oktober 1928 galt sie bei ihrer Arbeit, zu der sie morgens ins Waschhaus ging, als gute Arbeitskraft. Sie half beim Plätten, Stopfen und Nähen und wurde in dieser Zeit laut Protokoll als "immer freundlich und fleißig" und "kehrt abends fröhlich von der Arbeit zurück" wahrgenommen. Dann wurde sie zunächst nicht weiter im Waschhaus beschäftigt, da sie sich nicht mehr mit ihren Mitpatient*innen vertragen habe.

Im Laufe des Jahres 1929 ist verzeichnet, dass sie bei Haus- und Näharbeiten beschäftigt war. Episoden mit Erregungszuständen und Konflikten zu anderen Patient*innen und mit freundlicher Stimmung und fleißigem Arbeiten wechselten sich ab. Irmgard nahm am Konfirmandenunterricht teil. Sie bekam Besuch von ihrer Mutter und Großmutter. Auf ihren dringenden Wunsch wurde sie zu den Weihnachtsfeiertagen und über den Jahreswechsel hinaus zu ihren Eltern entlassen. In den Sommerferien, die sie in diesen Jahren im Juli in Hamburg verbrachte, wurde sie von ihren Eltern eingeladen.

Das letzte Protokoll vom 7. Dezember 1931, nach fast vier Jahren Aufenthalt in der "Heil- und Pflegeanstalt Kropp", endete hoffnungsvoll: "Blieb 2 Tage wegen Schwindelgefühle (kein Anfall) im Hause. Ist gegenwärtig ganz sozial und arbeitsam im Waschhaus". Die zwei darauffolgenden Jahre verbrachte Irmgard Meggers zu Hause bei ihren Eltern in Hamburg, Bornerstieg 34. Am 29. April 1933 zog sie für drei Wochen in die Uhlandstraße 50, die Adresse lautete "Freie-Christengemeinde e. V."; ihre Eltern waren evangelisch und Mitglieder dieser Gemeinde. Sie blieb für drei Wochen dort und kehrte dann zu den Eltern zurück.

Im Juni 1933 überwies Dr. med. K. Peter, Facharzt für Nervenleiden und leitender Arzt der Wohlfahrtsbehörde, sie in die "Alsterdorfer Anstalten" mit der Begründung: "J. Leidet an Epilepsie mit epileptischer Wesensänderung, Erregungszuständen ect., die häusliche Pflege nicht dienlich erscheinen lassen".

Am 26. Juni 1933 wurde die 25-jährige Irmgard Meggers in die "Alsterdorfer Anstalten", Alsterdorferstraße 440, eingewiesen. Dort war bereits seit dem 11. Dezember 1931 ihr jüngster Bruder aufgenommen, der zuvor ebenfalls in der "Staatskrankenanstalt Friedrichsberg" gewesen war. Heinrich Meggers (geb. 30.6.1919 in Hamburg) hatte die Diagnose erhalten, dass er an "einem Schwachsinn, erheblichen Grades" leide und eine Besserung nicht zu erwarten sei.

Auf Anordnung des Arztes wurde Irmgard Meggers zur Behandlung ihrer Erregungszustände in den Isolierraum oder in den "Wachsaal" gebracht. Wie aus einem handschriftlichen Brief vom 20. Oktober 1933 an die Krankenschwester Maria zu ersehen ist, war Irmgard Meggers überaus bemüht, sich zu entschuldigen und anzupassen, wenn sie sich aus Sicht der anderen "unangemessen" verhalten hatte:

"Alsterdorf d. 20.10.33
Liebe Schwester Maria!
Es tut mir auf der Seele herzlich weh, daß ich Sie heute heute Morgen aus dem Schlafe aufgeweckt habe! Ich kann nicht darüber hinwegkommen. Sie stehen mir immer vor Augen und mein Gewissen plagt mich. Gott möge sie reichlich segnen, aber mich muß er strafen, denn an mir wird er wohl seine Geduld verloren haben. Ich will Ihnen doch nicht im Schlafe stören, da Sie die Ruhe sehr nötig haben müssen. Ich war bei Schwester Elisabeth und habe meine Schuld bekannt. Ich schäme mir die Augen aus dem Kopfe, wo ich Sie so lieb habe und tue Ihnen so ein großes Leid an. Der Herr möge Sie weiter in Ihrem Dienste segnen Ihnen an geistige und körperliche Arbeit weiter verhelfen. Es grüßt Sie recht herzlich und Dembefohlen ihre Irmgard".

Irmgard Meggers wurde am 23. April 1934 mit einem "Intelligenzprüfungsbogen" getestet. Sie war zu jener Zeit im Haus "Zum guten Hirten" untergebracht. Ihr "Verhalten bei der Untersuchung" wurde durchaus positiv beurteilt: "Irmgard war sehr aufmerksam und ruhig, sie antwortete sicher und prompt und ausdrucksvoll." Den gesamten Test konnte sie größtenteils erfolgreich absolvieren. Selbst die allgemeinen Fragen zum Schulwissen konnte sie nahezu vollständig beantworten, bei den Grundrechenaufgaben machte sie zum Teil Fehler, aber eine einfache Dreisatzaufgabe löste sie.

Einige Antworten aus dem Untertest "Sittliche Allgemeinvorstellungen", geben Einblick in ihre Gedankenwelt: Bei der Frage "wie denken Sie sich Ihre Zukunft" antwortete Irmard: "daß ich mich in allem noch ausbilden kann und meinen Eltern dadurch eine Entlastung bin", und bei "was würden Sie tun, wenn Sie das große Los gewönnen", gab sie an "ich würde voran Arbeitslose unterstützen".

Am 27. September 1934 wurde Irmgard Meggers im Krankenhaus Barmbeck sterilisiert. Begründet wurde dies mit dem "Gutachten von Oberarzt Dr. Kreyenberg und der Krankengeschichte der Staatskrankenanstalt Friedrichsberg. Die Erblichkeit des Leidens ergibt sich aus der Art der Anfälle". Die Diagnose aus dem Gutachten vom 26. Juni 1934 lautete: "Es handelt sich um eine genuine Epilepsie. Irgendwelche Anhaltspunkte für eine exogene Entstehung des Leidens bestehen nicht. Dagegen handelt es sich um eine erblich schwer belastete Familie. – Außer den Krampfanfällen haben sich im Laufe der Jahre die typisch epileptischen Veränderungen des Intellekts und des Charakters entwickelt. Sie ist in ihrer Ausdrucksweise umständlich, die assoziativen Prozesse sind verlangsamt, sie ist außerordentlich reizbar. In solchen Zuständen ist sie rücksichtslos und gewalttätig. Andererseits kann sie auch gegenüber ihren Pflegerinnen klebrig-freundlich sein."

Zusammen mit Irmgard Meggers wurden an diesem Tag zwei weitere Frauen aus den "Alsterdorfer Anstalten" im Krankenhaus Barmbek sterilisiert. Im Gegensatz zu der ärztlichen Diagnose sahen die Eltern die Epilepsie ihrer Tochter Irmgard nicht als erblich bedingt, sondern im ursächlichen Zusammenhang mit dem als Kind erlittenen Treppensturz.

Gegen die "Unfruchtbarmachung" von Irmgards 15-jährigem Bruder Heinrich Meggers hatten sich die Eltern im April 1935 ausgesprochen: "[…] man kann schlechterdings nicht von einem angeborenen Schwachsinn sprechen, denn Heinrich war bis zu seiner schweren Erkrankung und der Behandlung mit Diphterie-Serum im Dezember 1926 relativ geistig normal und lebhaft. Er sang jeden Abend im Bettchen vor dem Einschlafen eine ganze Serie geistlicher Lieder, die er nach Text und Melodie vom Zuhören gelernt hatte."

Zu bestimmten Tagen, zu Geburts- und Feiertagen, durfte Irmgard Meggers mit ihrem Bruder Heinrich, genannt Heini, selbstständig die Eltern besuchen. Ihre Eltern baten regelmäßig darum.

Im Januar 1937 war die Familie von Irmgard Meggers in die Pagenfelderstraße 13, Parterre, umgezogen. Ihr Vater Heinrich Meggers, der seit dem Ersten Weltkrieg schwerbeschädigt war, verstarb im Mai 1937.

Gerhard Kreyenberg diagnostizierte am 4. Februar 1938 in einem Schreiben an die Fürsorgebehörde: "Die Pat. leidet an eine genuinen Epilepsie mit schweren Charakterveränderungen. Sie ist oft furchtbar frech und hat starke Erregungszustände in denen sie schimpft, tätlich wird und allerhand Unfug treibt. Verschiedentlich mußte sie im Wachsaal untergebracht werden. In der Körperpflege ist sie sauber und selbständig. Trotzdem sie immer verspricht ordentlich zu sein, wiederholen sich oft ihre Unarten." Irmgard Meggers eckte mit ihrem nicht angepassten Verhalten des Öfteren bei den Krankenschwestern an. Dazu gehörten eigenständige unerlaubte Alleingänge, wie Besuche zu Hause oder Verabredungen mit ihrem Bruder, der im Bruderhof der "Alsterdorfer Anstalten" wohnte. Ein handgeschriebener Brief von Irmgard Meggers mit dem Gedicht "Herzensglück" an Krankenschwester Alma – in schöner, fast fehlerfreier Schrift – gibt Einblick in ihre überaus starke Gefühls- und Glaubenswelt:

"Alsterdorf d. 28.7.38
Liebe Schwester Alma!
Es läßt mich seit Dienstag keine Ruhe! Sie sehen mir immer noch in die Augen, denn ihre Liebe ist mir innerlich so nahe gegangen. Mein so dringender Wunsch ist immer das ich erfülle die Aufgaben die der Herr von einem verlangt durch Vorgesetzte. […] Der Herr möge Sie zu der Stunde Morgenabend vorbereiten, dass Gottes Kraft an Geist Seele und Leib Sie kräftigen möge. Nur diese eine Verbindung mit dem Herrn, der zwischen uns steht kann uns zusammen halten. Zum Schlusse grüße ich Sie mit einem Gedichte.

Herzensglück
Es gibt im Leben ein Glück so süß,
Das ist so reich wie das Paradies.
Das ist so hoch wie der Himmelsdom,
Das ist so tief wie des Meeres Strom.
Und dieses selge Herzensglück,
Das leuchtet hervor aus der Augen Blick.
Das lässet vergessen der Erde Schmerz,
Das kann faßt nicht fassen ein Menschenherz.
Und dieses Glück ist so wundersam,
Wenn in ein Herz der Friede kam,
Wenn ein Sünder glaubt, das ihn Jesus liebt,
Wenn Gott einem Sünder die Schuld vergibt.
Du findest das Glück nur auf Golgatha,
Im Kreuz seiner Liebe, die dort geschah.
Drum sieh auf das Kreuz und schau nie zurück.
So findest Du heut noch das Herzensglück.
Recht herzlichen Gruß und dem Herrn befohlen
ihre Irmgard Meggers"

Nach den Aufzeichnungen aus den "Alsterdorfer Anstalten" war Irmgard Meggers bei der Arbeit im Waschhaus, in der Plättstube und bei Näharbeiten fleißig und erfüllte die Aufgaben gut. Über die gesamte Zeit wurde aber auch von Problemen, Zank und Streit zwischen ihr und den Mitpatientinnen berichtet. Der Bitte ihrer Mutter vom 9. Juli 1941 um einen gemeinsamen vierwöchigen Urlaub bei Verwandten in Dannewerk, Schleswig, wurde nicht stattgegeben, da nach der "Urlaubsordnung nur 5 Tage maximal gewährt werden können".

Im letzten Protokoll vom 21. Juni 1943 zeigt sich die Missbilligung von Irmgards Verhalten deutlich: "Pat. unterstellt sich nie der Anstaltsordnung, immer wieder tut sie verbotene Dinge. Sie geht aufs Männergebiet, geht durch die Pforte zur Gärtnerei usw., trotz es ihr wiederholt verboten wird." Irmgard Meggers wurde am 9. Juli 1943 von Abteilung 46 in Abteilung 42 verlegt.

Am 16. August 1943 wurde sie zusammen mit 227 Frauen und Mädchen von den "Alsterdorfer Anstalten" in die "Wagner von Jauregg Heil- und Pflegeanstalt, Steinhof" nach Wien verbracht – mit der Begründung von Dr. Kreyenberg: "Verlegt nach Wien wegen schwerer Bombenbeschädigung der Anstalt durch Fliegerangriff".

Bei der Aufnahme in der "Wagner von Jauregg Heil- und Pflegeanstalt" war sie mit einer rechten Ellenbogenfraktur und einem Gewicht von 65 kg eingeliefert worden. Sie kam "in Bettruhe". Das Protokoll vom 10. November 1943 bestätigt, dass die Patientinnen dort nicht genug zu essen bekamen: "[…] beklagt sich immer wieder, daß sie zu wenig zu essen habe, entwendet bei jeder Gelegenheit ihrer Umgebung die Eßwaren, sodaß es oft zu Streitigkeiten kommt. Stellt man sie zur Rede, meint sie nur, man solle ihr halt mehr zu Essen geben."

Zu Weihnachten, am 23. Dezember 1943, schrieb Irmgards Mutter, Frieda Meggers, die inzwischen als Bombengeschädigte bei ihrem Neffen in Geltorf, Schleswig, wohnte, an die Nervenklinik in Wien, Baumgärtnerhöhe 1, Pavillon 4 B: "Da wir uns seit Ende Juli nicht gesehen haben und ich in großer Sorge um meine Tochter bin, werden Sie es wohl verstehen können, dass wir uns mal wiedersehen möchten. Darf ich mal höflich anfragen, ob Sie es erlauben würden, wenn Irmgard mich hier in Geltorf mal besucht, Platz genug haben wir hier. Oder finden Sie es richtiger, wenn ich sie besuche. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir baldmöglichst Nachricht zukommen lassen möchten. Ich bin Witwe, mein Mann der als Schwerbeschädigter (vom vorigen Krieg) vor 6 Jahren gestorben ist. Außerdem stehen zwei Söhne und mein Schwiegersohn im Felde, wo ich auch große Sorge um trage, mein jüngster Sohn war schon 2 mal in Russland verwundet, und ist jetzt wieder auf der Reise nach Russland, ach möchte der Krieg doch bald ein Ende nehmen und alle unsere lieben Soldaten gesund wieder in die Heimat zurückkehren, das wäre wohl unser aller sehnlichster Wunsch."

Die Antwort zum Befinden ihrer Tochter bekam Irmgards Mutter am 10. Januar 1944 von Dozent Dr. Hans Bertha, dem ärztlichen Direktor: "Der komplizierte Oberarmbruch wurde hier in Behandlung genommen und es konnte eine Amputation vermieden werden. Derzeit trägt sie noch einen Gipsverband. In welchem Grade das Ellenbogengelenk wieder beweglich wird, ist noch nicht sicher. Im übrigen ist die Patientin ruhig und geordnet, auch sind die Anfälle in letzter Zeit etwas seltener. Es ist natürlich ausgeschlossen, dass die Kranke mit ihrem Anfallsleiden, die obendrein noch durch Knocheneiterung arg geschwächt ist, allein zu Ihnen reisen kann. Gegen einen Besuch Ihrerseits besteht kein Einwand."

Im Januar 1944 hatte Irmgard Meggers seit der Ankunft in Wien 4 kg an Gewicht verloren. Noch einmal wiederholte Frieda Meggers ihre Bitte in einem Brief vom 24. Februar 1944: "Nun habe ich eine dringende Bitte an Sie, und ich wäre Ihnen sehr dankbar wenn Sie mir behilflich sein könnten. Mein Sohn Heinrich Meggers liegt schwer krank im Krankenhause der Alsterdorfer Anstalten, Hamburg 39, Alsterdorferstr. 440. Fernm. 590777. Nun hat er den Wunsch seine Schwester noch mal zu sehen und zu sprechen, und ich möchte ihm seine letzte Bitte erfüllen wenn es möglich wäre. Nun möchte ich Sie herzlich bitten mir behilflich zu sein. Wäre es nicht möglich, daß meine Tochter nach der Heil- und Pflegeanstalt in Kropp bei Schleswig verlegt würde, dann wären wir nahe beieinander und Irmgard könnte leichter mal auf Urlaub kommen od. ich könnte sie mal besuchen, denn von Geltorf nach Kropp ist nur ein Katzensprung und so wäre uns Beiden geholfen. Irmgard hätte dann auch nicht so unter Heimweh zu leiden. Ich möchte noch erwähnen, daß Irmgard vor etlichen Jahren schon mal in der Kropper Pflegeanstalt war. Ich sehe nun Ihrer geschätzten Antwort entgegen. Heil Hitler! Frau Frieda Meggers".

Der Bitte um eine Rückverlegung wurde wiederholt nicht stattgegeben. Der Arzt Dr. Umlauf protokollierte am 3. März 1944 einen Brief an Frau Frieda Meggers: "Mit einer Rückverlegung kann von hier aus nichts unternommen werden. Verordnungsgemäß sind für die Kriegsdauer Verlegungen von Geisteskranken in die heimatlichen Anstalten nicht erlaubt." Das wurde noch einmal in einem Schreiben vier Tage später von Dr. Bertha bekräftigt.

Noch am 24. März 1944 galt Irmgard Meggers Zustand als "unverändert". Drei Tage später bekam sie 40,2 Grad Fieber und am Tag darauf klagte sie über Magenschmerzen. Am 29. März 1944 wurde sie "wegen Verdacht auf Ruhr auf Pav. 19 gelegt".
Dort, in der "Wagner von Jauregg Heil- und Pflegeanstalt der Stadt Wien, Steinhof", verstarb Irmgard Meggers am 30. März 1944. Der Arzt Dr. Gies (Unterschrift nicht deutlich zu erkennen) protokollierte: "Exitus letalis um 6 h." Als Todesursache notierte er: "Pneumonie – Dysenterie?" Anschließend wurde in Pavillon 19 von Obduzent Diberrak eine Sektion vorgenommen. Eine Erlaubnis von den Angehörigen dazu war nicht eingeholt worden. Irmgard Meggers wurde 36 Jahre alt.

Irmgards Mutter Frieda Meggers erfuhr am selben Tag per Telegramm die traurige Nachricht. Der jüngste Bruder von Irmgard, Heinrich Meggers, war drei Wochen zuvor, am 8. März 1944, in dem Krankenhaus der "Alsterdorfer Anstalten" verstorben. Die Todesursache lautete: "Imbezillität, Lungen und Tbc". Heinrich Meggers war 24 Jahre alt.

Am 17. April 1944 schrieb Frieda Meggers, nachdem sie auf ihren ersten Brief keine Antwort erhalten hatte, erneut an die "Wagner von Jauregg Heil- und Pflegeanstalt der Stadt Wien, Steinhof": "Die Nachricht hat mich tief erschüttert da die Nachricht plötzlich kam. Nun wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir über Irmgards Ergehen Näheres schreiben möchten, auch bitte ich höflichst um die Zusendung der Sterbeurkunde, sowie auch bitte um Zusendung Irmgards Privatkleidung und Sachen, da ich ihr die Sachen gekauft habe." Das Antwortschreiben nach Gross Dannewerk, Schleswig, mit Angaben von Dr. Podhajsky e.h., bekam Irmgards Mutter am 20. April 1944: "In Erledigung Ihres Schreibens vom 31. v.M. wird Ihnen mitgeteilt, dass Ihre am 17. August v.J. in die h.o. Anstalt gekommene Tochter Irmgard am 27. v.M. unter starken Schüttelfrost, hohen Fieber und Schwächezuständen erkrankte. Am 29. v.M. traten heftige, teils schleimig blutige Stühle auf. Ausserdem ergab eine Harnuntersuchung Zeichen einer Blasen- und Nierenbeckenentzündung. Am 30. v. M. ist Patientin an Herzschwäche gestorben. – Die Leiche wurde am Wiener Zentralfriedhof beerdigt und kann die Grabstelle bei der Friedhofsverwaltung (Postanschrift: Wien XI/76) erfragt werden. Die gewünschte Blumenspende konnte nicht besorgt werden, umsomehr als bei Einlangen des Betrages bereits die Beerdigung erfolgt war. Der Betrag wird Ihnen daher anbei rückermittelt."

Stand: Juli 2024
© Margot Löhr

Quellen: StaH, 332-5 Standesämter, Geburtsregister, 14817 u. 1122/1907 Irmgard Meggers; StaH, 332-5 Standesämter, Sterberegister, 1073 u. 348/1937 Heinrich Meggers, 9951 u. 375/1944 Heinrich Meggers jun.; Archiv Evangelische Stiftung Alsterdorf, Patientenakte V 155, Aufnahmeakte 6489; Wiener Stadt- und Landesarchiv, MAbt. 209, A14, Irmgard Brunhilde Meggers; Evangelische Stiftung Alsterdorf, Auskünfte Dr. Michael Wunder; Klaus Böhme/Uwe Lohalm (Hrsg.): Wege in den Tod. Hamburgs Anstalt Langenhorn und die Euthanasie in der Zeit des Nationalsozialismus, Hamburg 1993; Herbert Diercks: "Euthanasie". Die Morde an Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen in Hamburg im Nationalsozialismus, hrsg. von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, Hamburg 2014; Eberhard Gabriel/Wolfgang Neugebauer: NS-Euthanasie in Wien, Wien u. a. 2000; Waltraud Häupl: Die ermordeten Kinder von Spiegelgrund. Gedenkdokumentation für die Opfer der NS-Kindereuthanasie in Wien, Köln/Wien 2006; Harald Jenner/Michael Wunder: Hamburger Gedenkbuch Euthanasie. Die Toten 1939–1945, hrsg. von der Senatskanzlei Hamburg und der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, Hamburg 2017; Antje Kosemund: Spurensuche Irma. Berichte und Dokumente zur Geschichte der "Euthanasie-Morde" an Pfleglingen aus den Alsterdorfer Anstalten, Hamburg 2006; Hildegard Thevs: Stolpersteine in Hamburg-Hamm. Biographische Spurensuche, Hamburg 2007, S. 70f. (Dorothea Kasten); Michael Wunder: Euthanasie in den letzten Kriegsjahren. Die Jahre 1944 und 1945 in der Heil- und Pflegeanstalt Hamburg-Langenhorn, Husum 1992; Michael Wunder/Ingrid Genkel/Harald Jenner: Auf dieser schiefen Ebene gibt es kein Halten mehr. Die Alsterdorfer Anstalten im Nationalsozialismus, Hamburg 1987.

druckansicht  / Seitenanfang