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Edwin Horowitz * 1881

Loogestieg 10 (Hamburg-Nord, Eppendorf)

Freitod 14.9.1939

Weitere Stolpersteine in Loogestieg 10:
Paul Michael Mendel, Anna Mendel

Edwin Horowitz, geb. 6.6.1881 in Hamburg, Suizid am 14.9.1939

Loogestieg 10

Edwin Horowitz war, wie schon sein Vater, von Beruf Kaufmann. Nach dem Besuch der Realschule Stiftungsschule hat er eine Lehre in der väterlichen Papiergroßhandlung absolviert. Auf seiner Kultussteuerkartei der Jüdischen Gemeinde, die ab 1913 geführt wurde, ist unter "Firma und Branche" die Hamburger Waschmittel-Fabrik von Boysen + H. [Horowitz] eingetragen. Dort hat er 1919, nach der Rückkehr aus Belgien, wo er als Militärangehöriger eingesetzt war, gearbeitet. Laut amtlichem Fernsprechbuch Hamburg war er 1925 in der Firma "Olindo" Zuckerw. Fabrikate, Kohlhöfen 30–32 beschäftigt und wohnte in der Pet­kumstraße. 1931 und 1932 ist als Wohnadresse die Klosterallee 27 verzeichnet mit der Berufsangabe "Vertreter für Drucksachen und Papierverarbeitung".

Vielleicht arbeitete er zu der Zeit mit seinem Bruder Felix (geb. 18. Juni 1884) zusammen, der die Firma des Vaters Leon Horowitz übernommen hatte. Dessen "Papier – Lager und Tüten – Großhandlung", 1875 gegründet, befand sich 1933 mitten im Handelsviertel, in der Deichstraße, später dann in der Mühlenstraße. Leon Horowitz war 1925 gestorben, über Edwins Mutter Henriette, geb. Prager, wissen wir nur, dass sie zum Zeitpunkt von Edwins Tod bereits verstorben war. Außer Felix, der mit einer Nichtjüdin verheiratet war und mit seiner Frau Ende September 1939 noch in die USA auswandern konnte, hatte Edwin noch den Bruder Manfred. Manfred war der älteste der drei und im Januar 1880 geboren.

Von Beruf Rechtsanwalt, hatte er eine eigene Kanzlei in der Kaiser-Wilhelm-Straße 23–31. Im Dezember 1936 wurde er von seiner nicht­jüdischen Frau Ingeborg geschieden, die siebenjährige Tochter blieb bei der Mutter. Ingeborg Horowitz nahm ihren Mädchennamen wieder an und zog spätestens im Sommer 1937 mit der Tochter nach Berlin. Zu dieser Zeit, seit Januar 1937, befand sich Manfred Horowitz in New York, wohin er mithilfe eines Bürgen ausgewandert war. Doch konnte er sich dort anscheinend nicht eingewöhnen und war so unglücklich, dass er Ende Juli 1937 nach Hamburg zurückkehrte. Der verzweifelte Mann nahm sich am 14. November 1937 mit Tabletten das Leben.

Spätestens seit November 1937 lebten Edwin und seine Frau in der Klosterallee 9 I. Diese Adresse ist für beide in der Polizeiakte zum Selbstmord seines Bruders Manfred angegeben. Edwin Horowitz war seit 1919 mit der am 9. September 1889 geborenen Betty Margaretha Schlu verheiratet, einer "Arierin". Die beiden hatten keine Kinder. Nach Aussage seiner Frau litt Edwin sehr unter der "Rassegesetzgebung" und sei seit der Einführung der Nürnberger Gesetze 1935 "lebensmüde" gewesen. Mehrfach habe er seinen Arbeitsplatz verloren, die Gestapo schikanierte das Ehepaar mit Hausdurchsuchungen und Bücherprüfungen und wies Geschäftspartner an, nicht mit Edwin Horowitz "zu verkehren". Bereits im November 1938 hatte er Abschiedsbriefe geschrieben und wollte sich mit Tabletten das Leben nehmen. Damals versteckte seine Frau die Tabletten und dachte später nicht mehr daran, dass diese sich noch in der Wohnung befanden, so Betty Horowitz gegenüber der Polizei. Ein dreiviertel Jahr später, am 14. September 1939, gelang es Edwin Horowitz dann doch, sich das Leben zu nehmen.

Auf seiner Kultussteuerkartei ist unter "Bemerkung" "vermögenslos" eingetragen. Er hatte erlebt, wie sein Bruder Felix um seine Ausreise kämpfen musste, dass das Exil für seinen Bruder Manfred nicht die erhoffte Rettung, sondern nur zusätzliche innere Not gebracht hatte, und seit zwei Wochen brüstete sich das NS-Regime mit dem "Blitzsieg" über Polen. Kein Wunder, dass Edwin nur noch einen Ausweg sah. Nachdem seine Frau vormittags die Wohnung zum Einkaufen verlassen hatte, nahm er eine Überdosis Schlafmittel ein, an der er am späten Nachmittag verstarb.

© Sabine Brunotte

Quellen: 1; 4; StaH 331-5 Polizeibehörde – unnatürliche Sterbefälle, 1938/483; StaH 331-5 Polizeibehörde – unnatürliche Sterbefälle, 1939/1841; StaH 314-15 OFP, F 1120; StaH 351-11 AfW 11189; Amtliches Fernsprechbuch Hamburg 1925, 1931, 1932; AB 1933; Verzeichnis Hamburger Börsenfirmen 1933.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Recherche und Quellen.

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