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Auguste Renner * 1892

Soester Straße gegenüber Nr. 46 (Hamburg-Mitte, St. Georg)


HIER WOHNTE
AUGUSTE RENNER
JG. 1892
DEPORTIERT 1941
GHETTO MINSK
ERMORDET

Weitere Stolpersteine in Soester Straße gegenüber Nr. 46:
Clara Renner

Auguste Renner, geb. am 25.6.1892 in Krummendeich/ Kreis Stade, deportiert am 18.11.1941 nach Minsk

Soester Straße gegenüber Nr. 46 (früher: Borgeschstraße 25)

Auguste Renner wurde am 25. Juni 1892 als fünftes Kind des Fleischermeisters Julius (1864-1913), und Therese Renner, geb. Gellert (1866-1911), in Krummendeich, Kreis Stade geboren. Die jüdischen Eheleute waren Nachfahren von Abraham (1785-1837) und Röschen Renner (1783-1843) aus Oederquart, Kreis Stade.
Die Eltern boten ihren Kindern ein behütetes Elternhaus.

Nach verbrachter Schulzeit blieb Auguste noch für einige Zeit im Elternhaus. Vermutlich nach 1910 zog sie nach Hamburg und war dort als ungelernte Arbeiterin (Küchenhilfe, Näherin) tätig. Auch ihre Schwester Clara (geb. 1895) und die später verheirateten Schwestern Emma (geb. 1891) und Ida (1893-1928) wohnten und arbeiteten in Hamburg.

Aus den Unterlagen des Wohlfahrtamtes Hamburg ergibt sich, dass Auguste Renner ab dem Jahr 1922 als Küchenhilfe in "Sagebiels Etablissement" in Hamburg beschäftigt war. Diese Einrichtung verfügte über den größten Komplex von Sälen – in die bis zu 10 000 Personen eingelassen werden konnten. Auf dem Programm standen Bälle, Maskeraden, Konzerte, Parteiveranstaltungen usw.

Erstmalig wurde Auguste Renner im Jahr 1923 als Person mit gesundheitlichen Problemen beschrieben: Sie hatte Fußbeschwerden und musste orthopädische Schuhe tragen. Auch ihre sonstige Lebenssituation war nicht rosig, denn sie wohnte in verschiedenen kleinen Mietwohnungen Hamburgs. In den folgenden Jahren wird ihr Zustand durch ein Gutachten belegt, in dem Auguste Renner ein Magen- und Darmleiden sowie "verkrüppelte Füße" mit einer 50%igen Erwerbsbeschränkung attestiert werden (1930).

Wie ein roter Faden zieht sich die prekäre soziale Situation durch das Leben von Auguste Renner in der Hamburger Zeit. Die Wohlfahrtsbehörde Hamburg sah sie als kränkliche Person an, die auf staatliche Unterstützung angewiesen war: "Frl. R. ist ein unterirdischer zarter kleiner Mensch, der es sicher oft recht schwer im Leben hat". Sie war mehrmals im Krankenhaus und ab 1935 arbeitsunfähig. Sie bezog eine mehrmonatige Pflegezulage und bis 1940 Fürsorgeunterstützung. Auch die Jüdische Gemeinde Hamburgs wurde in diesen Prozess eingeschaltet und zu den Leistungen mit herangezogen.

Im Übrigen kann davon ausgegangen werden, dass verwandtschaftliche Kontakte zu Schwester Clara Renner und anderen Verwandten, die in Hamburg lebten, bestanden.

Zwischenzeitlich hatte Auguste Renner verschiedentlich versucht, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, beispielsweise in der "Fischindustrie Walkhoff" (einer Grossfirma mit unrühmlichen Arbeitsbedingungen) und bei HAWEE (Hamburger Werkstatt für Erwerbsbeschränkte oder heute Elbe-Werkstätten). Aufgrund ihres Gesundheitszustandes waren die Beschäftigungsverhältnisse aber nicht von langer Dauer.

Auguste Renner lebte als Ledige in verschiedenen, sehr bescheidenen Mietwohnungen Hamburgs: In der Drehbahn 15, der Rosenallee 30, der Alexanderstraße 14/16, der Vogelweide 39, der Elsastraße 24 und 73, der Borgeschstraße 25, zuletzt im Grützmachergang Nr. 33 III.

Die Unterlagen des Wohlfahrtsamtes enden mit dem Vermerk, dass "Frl. Renner" seit dem 14. November 1939 nicht mehr erschienen sei und die Akte geschlossen würde. Das war nicht verwunderlich, denn der NS-Staat hatte Jüdinnen und Juden die staatliche Fürsorge entzogen und diese den Jüdischen Gemeinden aufgebürdet.

Auguste Renner wurde gemeinsam mit ihrer Schwester Clara Renner am 18. November 1941 ins Getto nach Minsk deportiert. Ob sie im Getto zu Tode kamen oder im nahen Maly Trostinez umgebracht wurden, ist – wie bei den meisten nach Minsk Deportierten – nicht bekannt.

Ihre Schwester Emma Maier, geb. Renner, war mit ihrem Mann Josef und den Kindern Hugo und Ella bereits mit dem vorangegangenen Transport am 8. November 1941 ins Getto von Minsk verschleppt worden. Auch sie überlebten nicht.
Ihre Tochter Therese wurde am 23. September 1940 in der Tötungsanstalt Brandenburg/ Havel ermordet (Biografien siehe www.stolpersteine-hamburg.de).

An das Schicksal dieser Menschen wird an vielen öffentlichen Plätzen in Deutschland erinnert, beispielsweise in Form von Gedenktafeln, Stolpersteinen usw. Auch für die Angehörigen der Familie Renner.
- Selma Bernau, geb. Renner, mit ihren Söhnen Ernst und Eduard Renner (Biografien siehe www.stolpersteine-hamburg.de),
- Auguste und Clara Renner,
- Emma Maier, geb. Renner, mit Ehemann Josef und den Kindern Therese, Hugo und Ella,
ist das Gedenken auf einer Granit-Stele in Stade, einer Gedenktafel in Oederquart Kreis Stade sowie durch Stolpersteine in Hamburg festgehalten.

Da der Grützmachergang im Hamburger Stadtteil St. Georg nicht mehr existiert, wurde der Stolperstein für Auguste Renner in die Soester Straße gegenüber des Hauses 46 (früher: Borgeschstraße 25) verlegt.

Stand: Juni 2024
© Hans Tegtmeier

Quellen: StaH 351-1 Jüd. Fürsorgeempfänger, Nr. 1727; Dulsberger Stadtteilzeitung – Backstein – Ausgabe 2/97 – Fischindustrie Walkhoff; Tegtmeier, Hans (privat): Ein Beitrag zur jüdisch-christlichen Familiengeschichte der "Renner-Linie" aus Oederquart vom 27.01.2020; Samtgemeinde Nordkehdingen, Erinnerungskultur: …sie lebten unter uns…; Angaben "Familiendatenbank Juden im Deutschen Reich" von Ingo Paul: https://wiki.genealogy.net/Familiendatenbank_Juden_im_Deutschen_ReichAngaben (Zugriff 2.6.2024), Online-Datenbank https://www.ancestry.de; Angaben Online-Datenbank https://www.statistik-des-holocaust.de (Zugriff 2.6.2024).

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