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Harriet Elias (geborene Samuel) * 1885

Amelungstraße 4 (Hamburg-Mitte, Neustadt)


HIER WOHNTE
HARRIET ELIAS
GEB. SAMUEL
JG. 1885
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
1943 AUSCHWITZ
ERMORDET

Weitere Stolpersteine in Amelungstraße 4:
Manfred Bala

Harriet Elias, geb. Samuel, geb. 8.4.1885 in Hamburg, deportiert am 19.7.1942 nach Theresienstadt, ermordet am 23.1.1943 in Auschwitz

Amelungstraße 4 (früher Amelungstraße 19)

Die Eltern von Harriet Elias, Ekiva Samuel (geb. 14.12.1853) und Helene, geb. Isaacsohn (geb. 28.1.1860), wohnten in der Poolstraße 11, als ihre Tochter am 8. April 1885 zur Welt kam. Sie hatten im Jahr zuvor am 22. April 1884 geheiratet. Der Vater handelte als Kaufmann mit Kolonialwaren, Bergprodukten und Sprengmaterialien in der Hamburger Altstadt in der Gröningerstraße 13 und spezialisierte sich später in der Wexstraße 1 auf Leim- und Rohprodukte. Harriet erhielt nach ihrer Schulzeit eine Ausbildung zur Korrespondentin und lebte bis zur Heirat bei ihren Eltern, die in die ABC-Straße 42 umgezogen waren. Am 5. November 1908 ging Harriet die Ehe mit dem Kaufmann John Elias (geb. 1.10.1875 in Altona) ein.

John Elias, Sohn des ebenfalls jüdischen Ehepaares Levy/Louis Elias und Adelheid, geb. Liepmann (siehe Biografie David und Theresia Elias www.stolpersteine-hamburg.de), wohnte im Herrengraben 86, wo er einen Großhandel für Tabakwaren betrieb, im nahegelegenen Schaarsteinweg 15 befand sich eine Filiale. Das Ehepaar Harriet und John Elias bezog eine gemeinsame Wohnung am Schulterblatt 92, wo der Sohn Alfred am 4. Oktober 1909 zur Welt kam. Nach dem Ersten Weltkrieg erfolgte ein Umzug in die Feldstraße 54.

1924 wurde zu einem schicksalhaften Jahr: Zunächst verstarb am 10. Mai Harriets Vater und am 7. Dezember auch noch ihr Ehemann. Beide fanden auf dem orthodoxen Jüdischen Friedhof in Langenfelde ihre letzte Ruhestätte. Harriet und ihre Mutter Helene führten die Geschäfte ihrer verstorbenen Männer weiter. Harriet hatte schon zu Lebzeiten ihres Mannes die Prokura erhalten. 1929 zog sie mit ihrem Sohn Alfred in den Haushalt ihrer Mutter, die mittlerweile in der nahegelegenen Amelungstraße 19 wohnte. Zwei Jahre später wurde Alfred dort erstmalig als "Schriftleiter" im Hamburger Adressbuch verzeichnet, somit war er zu diesem Zeitpunkt Mitarbeiter eines Verlages. Seine Großmutter Helene Samuel starb am 5. August 1934. Im selben Jahr gab seine Mutter ihre Berufstätigkeit auf, die Firma "John Elias jr:" übernahm Siegfried Bodenheimer.

Alfred Elias ließ ab 1935 für sich den Zusatz "Reklame" im Adressbuch eintragen. Am 14. Januar 1937 heiratete er die Hamburgerin Senta Meyer (geb. 26.4.1905, gest. 18.3.1993). Senta hatte in Hamburg Geschichte, Philosophie, Literatur und Kunstgeschichte studiert. Sie hielt Vorträge, publizierte als Journalistin in verschiedenen Zeitungen und war Sozialarbeiterin. Zudem engagierte sie sich in der 1925 gegründeten Organisation "Deutsch-Jüdische-Jugend" (D.J.J.). Ihre Eltern Max Meyer (geb. 25.9.1871) und Selma, geb. Blogg (geb. 7.8.1876), besaßen zwei Betriebe, die "Webma" ein Atelier für Stickereien, Kleiner Burstah 2 und "Wichmanns Flaggengeschäft" in der Rothenbaumchaussee 3.

Während des Novemberpogroms in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 geriet Alfred Elias, wie viele jüdische Männer, in "Schutzhaft".
Senta Elias berichtete nach dem Krieg in ihrem Wiedergutmachungsantrag, zwei Tage nach der Verhaftung ihres Mannes seien zwei Gestapobeamte bei ihr in der Wohnung in der Rothenbaumchaussee erschienen, die ihren 70-jährigen Vater Max Meyer suchten, der sich bei Freunden versteckt hielt.
Durch die "Schutzhaft" sollte u.a. der Druck zur Emigration erhöht werden, viele kamen nach einiger Zeit wieder frei, wenn sie Emigrationsvorbereitungen nachweisen konnten.
Über ihre verzweifelten Versuche, ein Aufnahmeland zu finden, berichtete Senta rückblickend:
"Für Wochen rannte ich jeden Tag zum (amerikanischen) Konsulat und zur Gestapo [...]. An beiden Stellen traf ich immer dieselben jüdischen Frauen, die in der gleichen Lage waren wie ich: im Kampf um Freiheit und Leben unserer Männer – mit einem Vorladetermin für das Konsulat in der Tasche und mit einem Mann im KZ. [...] Unglaublicherweise erhielten wir wiederholt harte, unerbittliche Bescheide vom Konsul, die völliges Nichtverstehen unserer Lage zeigten: Die Drohung, den Termin noch weiter hinauszuschieben, was dann auch zu unserem größten Entsetzen geschah. [...] Bei der Gestapo wurden wir, wie zu erwarten, nicht gerade sehr sanft behandelt. Einmal warf man uns buchstäblich die Treppe hinunter. Ich trug ein verstauchtes Fußgelenk davon, das mir schreckliche Schmerzen verursachte. Aber mit einem festen Verband lief ich weiter herum. Eine neue Idee kam auf, die weiterentwickelt werden musste: Ein Durchgangsland finden, wohin der Mann, sollte er aus dem KZ für sofortige Ausreise entlassen werden, für eine Zeitlang gehen konnte und dort die Vorladung vor das amerikanische Konsulat abwarten. So wurden die Konsulate der kleinen Länder und Inseln und die Büros der Schifffahrtslinien aufgesucht [...] Endlich: Shanghai. Die Reise war für 800 Mark erhältlich, mit unbegrenzter Aufenthaltserlaubnis und ohne Vorzeigegeld [...] Drei Tage vor dem Entlassungstermin aus dem KZ erfuhr ich von Dr. Albrechts, dem Vorsitzenden der Quäker-Organisation in Hamburg, in deren Kreisen ich viele Vorträge gehalten hatte und die ich nun auch um Hilfe gebeten hatte, dass ein Visum für meinen Mann für England beim Englischen Konsul bereitläge."

Alfred Elias wurde in einem "schlimmen Zustand" aus dem KZ entlassen und emigrierte am 3. Dezember 1938 nach England. Senta und ihr Vater – ihre Mutter war schon am 4. Oktober 1934 verstorben – folgten am 16. März 1939 mit einem Transitvisum, das sie berechtigte, sich für einige Tage in England aufzuhalten. Von dort gelangten sie weiter in die USA.
Harriet Elias blieb allein in Hamburg zurück, sie musste in das "Judenhaus" am Großneumarkt 56 ins ehemalige Hertz-Joseph-Levy-Stift ziehen. Von dort wurde sie am 19. Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert. Harriet Elias wurde am 23. Januar 1943 in Auschwitz ermordet.

Stand: Juni 2024
© Susanne Rosendahl

Quellen: 1; 9; StaH 351-11 AfW 30308 (Gerstein, Senta); StaH 213-13_836; StaH 332-5 Standesämter 2667 u 421/1884; StaH 332-5 Standesämter 2101 u 1695/1885; StaH 332-5 Standesämter 14496 u 271/1905; StaH 332-5 Standesämter 3110 u 705/1908; StaH 332-5 Standesämter 882 u 282/1924; StaH 332-5 Standesämter 884 u 480/1924; StaH 332-5 Standesämter 1024 u 309/1934; StaH 522-1 Jüdische Gemeinden 992 d Band 7; Hamburger Adressbücher; Jutta Dick über Senta Meyer-Gerstein, in: Das Jüdische Hamburg, S. 190; Senta Meyer-Gerstein, in: Ueckert-Hilbert (Hrsg.): Fremd, S. 88-92; Hamburger Börsenfirmen, 1923, S. 259 u. 928.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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