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Dr. Eduardo Meldola * 1869

Vierländer Damm 6 (Hamburg-Mitte, Rothenburgsort)


HIER WOHNTE
DR. EDUARDO
MELDOLA
JG. 1869
GEDEMÜTIGT / ENTRECHTET
FLUCHT 1941
BRASILIEN

Weitere Stolpersteine in Vierländer Damm 6:
Elsbeth Fieseler, Lucie Wulff

Dr. Eduardo Meldola, geb. 23.5.1869 Blumenau/ Brasilien, Tod 10.6.1947 Philadelphia/ USA

Vierländer Damm 6

Eduardo Eliesar Meldola kam am 23. Mai 1869 in Blumenau in St. Catarina im südlichen Brasilien zur Welt. (Blumenau in der ehemals portugiesischen Kolonie Brasilien wurde 1850 als sklavenfreie private Kolonie des deutschen Apothekers Hermann Blumenau gegründet und nach ihm benannt. Unterstützt vom "Kolonisationsverein von 1849 in Hamburg", warb er um deutsche Einwanderer, vor allem um Protestanten.) Umso bemerkenswerter erscheint die Übersiedlung von Eduardo Meldolas Vater Abraham, einem Hamburger Sefarden. Die Vorfahren kamen von ihrem Ursprung in Meldola in Italien über Spanien nach Portugal und nach ihrer Vertreibung von dort über Amsterdam nach Hamburg. Als weltläufige Handelsleute wurden die Sefarden aus wirtschaftlichen Gründen im lutherischen Hamburg geduldet.

Eduardo Meldolas Großvater David Eliasib Meldola gehörte zu einer hoch gebildeten Familie von Geistlichen, Kantoren und Übersetzern und war selbst außerdem Hebräischlehrer.
1817 heiratete er Angela, geb. Israel Baruch. Von ihren zwölf oder dreizehn Kindern sind uns die Zwillinge Ester (1820 – 1896) und Rachel (1820 – 1894), die ledige Ribca (1821 – 1898), Eduardos Vater Abraham (1822 – 1897) und Luna Augusta (1828 - 1903) bekannt. Ester heiratete den vereidigten Übersetzer Meyer Wolff-Brasch aus Schwersenz/Provinz Polen (1817 – 1892), Rachel den Fabrikaufseher Eduard Israel gen. Baruch (1797 – 1885) und Luna Augusta den Kaufmann Jacob Hajim Piza (1827 – 1908). (Luna Pizas Biografie siehe www.stolpersteine-hamburg.de) Ihre Biografien und die ihrer Kinder umfassen das Jahrhundert der Emanzipation und Assimilation Hamburger Juden.

Eduardos Vater Abraham Meldola, geboren am 16. Dezember 1822, lebte vom Tabakgeschäft wie sein Schwiegervater Abraham Piza. Nach zehn Jahren Tätigkeit in einer Zigarrenfabrik qualifizierte auch er sich als Tabakmakler. Seine zehn Jahre jüngere Ehefrau Ester, geb. Piza, geb. 14. August 1832, stammte ebenfalls aus einer seit dem 17. Jahrhundert in Hamburg ansässigen weit verzweigten sefardischen Familie und gehörte wie ihr Ehemann der Portugiesisch-Jüdischen Gemeinde in Hamburg an.

Esters Vater Abraham Piza (1802 – 1888), verheiratet mit Rachel, geb. Israel Brandon (1802 – 1889), war ein etablierter Tabakmakler. Sie, die Älteste, hatte vier uns namentlich bekannte Geschwister, Jacob (1834 – 1911), Sara, verheiratete Jonas (1836 – 1884), Luna, verheiratete Wulff (1839 – 1893) und Hana, verheiratete Algava (1844 – 1884).

Ester und Abraham Meldolas erstes Kind war ein Sohn, der nach seinem Großvater David genannt wurde, jedoch früh starb. Das folgende Kind, Abraham, erhielt den Namen des Vaters. Ihm folgte am 6. September 1858 die Tochter Angela, benannt nach der Großmutter väterlicherseits. Ihr zwei Jahre später geborener Bruder erhielt den zweiten Vornamen seines Großvaters, Eliasib. Auch er starb als Säugling.

Um offiziell als Tabakmakler anerkannt zu werden, musste Abraham Meldola die Hamburger Bürgerschaft nachweisen. Sie wurde ihm zusammen mit seiner Ehefrau und den zwei Kindern Abraham und Angela 1861 zugesprochen. Der am 25. Januar 1864 geborene Sohn Jacob, war von Geburt an Hamburger.

Noch im selben Jahr reiste Abraham Meldola ohne seine Familie in die noch im Aufbau befindliche Kolonie Blumenau, um sich dort als Landwirt niederzulassen. Ester Meldola folgte ihrem Ehemann mit den drei Kindern und brachte am 23. Mai 1869 in Blumenau einen weiteren Sohn zur Welt, Eduardo Eliesar. Er besaß von Geburt an nur die brasilianische Staatsangehörigkeit. Eduardo, so die Pläne der Eltern, sollte in Deutschland zur Schule gehen und Medizin studieren, um später nach Blumenau zurückzukehren.

Als Eduardo Meldola schulpflichtig wurde, reiste seine Mutter Ester 1876 mit ihm nach Hamburg bzw. Altona, wo sie offenbar bei Verwandten lebten. Eduardo besuchte eine Privatschule und anschließend das Christianeum in Altona, wo er 1890 das Abitur ablegte. Da man seinerzeit in Hamburg noch nicht Medizin studieren konnte, ging er zum Studium nach Berlin. Vorbereitet durch einen Cholerakurs bei Robert Koch an der Charité, meldete er sich während der Choleraepidemie 1892 in Hamburg als Helfer und übernahm Nachtdienste bei der Sanitätswache am Millerntor, der Grenze zwischen Hamburg und St. Pauli/Altona.

Ester Meldola zog 1893 von Altona nach Hamburg zu ihrem Bruder Jacob Piza, einem inzwischen pensionieren Lehrer. Jacob Piza, geb. am 21. Juni 1834 in Hamburg, war seit dem Tod seines Vaters Abraham im Jahr 1888 das Oberhaupt dieses Familienzweigs. Seine Ehe mit der lutherischen Amalie Mettlerkamp, geb. 1845, war die erste "Mischehe" in der Familie. Amalie Piza starb am 1. November 1887 und hinterließ zwei unmündige Kinder, den Sohn Alberto Jacobo, geb. am 21. April 1868, und die Tochter Anita Theresa, geb. 19. Juni 1869. Sie wurden lutherisch erzogen.

Jacob Piza wohnte seit dem 1l. November 1893 im Grindelhof 34 in Hamburg-Harvestehude. Nicht weit von ihnen entfernt, am Schlump, wohnte seine Schwester Luna Wulff mit ihrer Tochter Lucie. Der Ehemann und Vater Anton Wulff hatte die Familie verlassen. Durch Luna Wulffs Tod am 19. November 1893 wurde die dreizehnjährige Tochter Lucie zur Waise. Vermutlich nahm sich ihr Onkel Jacob ihrer an und sorgte auch dafür, dass sie zum christlichen Glauben wechselte.

Zur Fortsetzung und Beendigung seines Studiums ging Eduardo Meldola 1893 an die Universität Erlangen. Dort wurde er am 10. Juli 1894 mit einer statistischen Arbeit über Leistenbruchoperationen promoviert. Die Approbation erhielt er am 20. Januar 1896 an der Universität München. Statt, wie vorgesehen, nach Blumenau zurückzukehren, verlobte er sich mit Henriette Beermann, genannt Jette, die aus einer wohlhabenden jüdischen Berliner Kaufmannsfamilie stammte, und reiste zurück nach Hamburg.

Als junger Arzt mit brasilianischer Staatsangehörigkeit wurde er am 22. Februar 1896 in die Matrikel, das Verzeichnis Hamburger Ärzte, aufgenommen. Seine erste Praxis richtete er in seiner Wohnung in St. Georg/Klostertor in der Amsinckstraße 12 ptr. ein. Seine Mutter zog zu ihm. Sie lebten bis zu ihrem Tod im Jahr 1916 zusammen.

Geboren am 4. November 1876 in Potsdam, war Jette Beermann bei ihrer Eheschließung noch nicht volljährig. Ihre Eltern, Hirsch Beermann und Ernestine/Esther, geb. Philippsborn, gaben ihr eine großbürgerliche Aussteuer mit.

Nach ihrer Heirat am 1. Mai 1896 in Berlin bezogen Eduardo und Jette Meldola eine Wohnung in der Anckelmannstraße 75 in Hamburg-Borgfelde. Sie schlossen sich der Hamburger Portugiesisch-Jüdischen Gemeinde an. Die Synagoge stand in der Hamburger Neustadt in der 2. Marktstraße 6. Nach der Umbenennung der drei Marktstraßen in Marcusstraße erhielt sie die Hausnummer 36/38.

Jette Meldola brachte ihr erstes Kind, Elisabeth, gemäß der Geburtsurkunde am 22. März 1897 in der Amsinckstraße 12 zur Welt. (Diese Angaben lassen sich nicht in Übereinstimmung mit den obigen bringen.)

Nachdem sich Eduardo Meldola gegen eine Rückkehr nach Blumenau entschieden hatte, beantragte er die Einbürgerung in Hamburg. Sie wurde am 30. Oktober 1897 mit der Begründung abgelehnt, dass er noch keinen Militärdienst geleistet habe.
Im selben Jahr starb sein Vater, Abraham Meldola, im Alter von 75 Jahren in Brasilien, ohne noch einmal nach Hamburg zurückgekehrt zu sein.

Eduardo Meldola zog nach Rothenburgsort, einem aufstrebenden, aber zugleich armen Arbeiterstadtteil. Sozial eingestellte Ärzte stellten sich bewusst der Aufgabe, die hier herrschende hohe Mütter- und Kindersterblichkeit zu senken. Mit der gleichen Zielsetzung wurde 1898 am Billhorner Röhrendamm 240 eine Poliklinik begründet, aus der später das Kinderkrankenhaus in der Marckmannstraße hervorging.

Eduardo Meldola eröffnete seine Praxis mit angeschlossenem Geburtshaus am Billhorner Röhrendamm 198a, dem zentralen Teil der Rothenburgsorter Hauptverkehrsachse. Dort kam am 15. September 1899 die Tochter Margarethe zur Welt, der auch die Namen der Mutter Henriette und Großmutter Angela beigegeben wurden.
Wie seine Kollegen, hielt Eduardo Meldola vormittags Sprechstunden von 8 -10 und nachmittags von 5 – 6 Uhr ab.

Eduardo Meldola erwarb in Sichtweite des Wasserturms zwei "Zinshäuser", Mietshäuser. Bis zur Choleraepidemie 1892 wurde durch den Turm unfiltriertes Elbwasser gepumpt, das dann durch Röhren in die Innenstadt floss. Sie gaben dem Billhorner Röhrendamm seinen Namen. Mit der Fertigstellung der Filtrieranlage für das Elbwasser auf Kaltehofe im Jahr 1893 erhielt Hamburg filtriertes Wasser und erlebte danach keine Choleraepidemie mehr.

Die beiden Häuser, Billhorner Röhrendamm 213-213c und Vierländerstraße 6a, lagen am Eck des heutigen Rothenburgsorter Marktplatzes und schlossen eine Apotheke ein. Im Haus in der Vierländerstraße wurden oben eineinhalb Etagen für die Familie umgebaut, das Parterre diente der Praxis und Geschäften, ein Brotgeschäft, ein Blumenladen und eine große Gardinen- und Teppichfiliale der Firma Böhm. Es gab nur wenige Inhaberwechsel. Vom 19. November 1899 bis 3. September 1941 blieb es auch Eduardo Meldolas Adresse. Hier wuchsen seine sechs Töchter auf.

Eduardo Meldolas Onkel Jacob Piza zog am 2. Oktober 1900 in eine Wohnung in einem der Mietshäuser am Billhorner Röhrendamm 213. Damit begann der Zuzug weiterer Verwandter nach Rothenburgsort.
Neun Jahre nach dem Tod seiner Frau Amalie heiratete Jacob wieder eine Christin, Angela Ottersbach, geb. am 3. Oktober 1862 in Görlitz. Ihr einziges Kind, der Sohn Richard Georg Diego, wurde am 8. September 1898 geboren. Angela Piza wurde nur 40 Jahre alt und starb am 1. November 1902. Offenbar kümmerte sich Anita Piza um ihren Halbbruder Richard und um ihren Vater.

Zur selben Zeit war Lucie Wulff bei ihrem Cousin Eduardo Meldola in der Vierländerstraße 6a gemeldet. Inzwischen war sie volljährig und wie ihre Cousinen Zimha und Rahel Algava Erzieherin geworden. Sie erhielt 1902 einen Reisepass für England, wo ihr Cousin Alberto Piza nun lebte. Ob das ein Anlass für die Reise war, ist reine Spekulation.

Am 17. September 1902 erneuerte Eduardo Meldola seinen Antrag auf Einbürgerung. Nachdem das Ende der Wehrpflicht auf 31 Jahre herabgesetzt war, stellte der nicht abgeleistete Militärdienst kein Hindernis mehr dar und die Familie wurde eingebürgert.

1903 kam der einzige Sohn Jette und Eduardo Meldolas zur Welt, Alfons. Er starb mit nur vier Monaten und wurde auf dem Portugiesisch-Jüdischen Friedhof an der Ilandkoppel in Ohlsdorf beerdigt. Danach wurden noch drei Mädchen geboren, Wera-Luise, am 7. Januar 1905, Rosemarie Ingeborg, am 3. Januar 1909, und Erika, am 22. März 1910. Da gingen Elisabeth, Margarethe und Hildegard schon zur Schule.

Jacob Piza zog mit seinen Kindern Anita und Richard am 2. Mai 1905 in die Vierländerstraße 129, einen Gebäudekomplex mit den Hausnummern 124 – 130 mit den zugehörigen Hinterhäusern. Dort wohnte er bis an sein Lebensende. Er starb am 18. Januar 1911 im Vereinshospital, dem späteren Rot-Kreuz-Krankenhaus am Schlump. Seine Tochter Anita meldete seinen Tod beim Standesamt. Er wurde wie zuvor der kleine Alfons Meldola auf dem Portugiesisch-Jüdischen Friedhof in Ohlsdorf beigesetzt.

Anita Piza begann nach dem Tod ihres Vaters als Lehrerin an der staatlichen Gewerbeschule zu unterrichten. Richard, der sich auf ein Pharmaziestudium vorbereitete, wohnte bei ihr. Alberto, ihr Bruder, hatte die britische Staatsangehörigkeit erworben und trat ins britische Heer ein. Er starb am 9. April 1917 im Ersten Weltkrieg. Sein Halbbruder Richard leistete 1918 auf deutscher Seite zweieinhalb Monate Kriegsdienst.

Nach dem Tod Jacob Pizas rückte sein Neffe Eduardo Meldola als Oberhaupt der Familien Piza, Meldola und Algava nach. Das hieß auch, dass er von da an mit wenigen Ausnahmen die Bezeugungen von Heirat und Tod von Familienmitgliedern beim Standesamt vornahm.

Eduardo Meldolas strebte eine Anstellung als Physikus (Amtsarzt, Medizinalrat) bei der Gesundheitsbehörde, damals Medizinalkollegium genannt, in der öffentlichen Gesundheitspflege an. Die Voraussetzung dafür war die Physikatsprüfung. 1908 begann er mit vorbereitenden Kursen, am 12. Juli 1911 bestand er sie mit der Note "gut". Daraufhin bewarb er sich bei der Gesundheitsbehörde als ärztlicher Hilfsarbeiter beim stadtärztlichen Dienst und erhielt 1912 die Stelle. Seine Tätigkeit war keine ärztliche, sondern bestand in der Protokollführung auf Sitzungen der Hamburger Ärzteschaft, einer Entsprechung der heutigen Ärztekammer. Sie brachte ihm ein zusätzliches Einkommen. Unter acht Bewerbern wurde er 1913 als Schularzt gewählt und durch Handschlag zunächst auf sechs Jahre verpflichtet, mit der Option einer Wiederwahl.

Noch vor Beginn des ersten Kriegsjahrs, am 22. Januar 1914, starb Aharon Algava, Eduardo Meldolas Onkel. Dessen Töchter Zimha, geb. 27.8.1867, und Rahel, geb. 13.8.1869, waren in verschiedenen Berufen erwerbstätig, Zimha als Verkäuferin, Erzieherin und Stütze (Haushilfe), Rahel als Stütze, Erzieherin und Kindergärtnerin.

Tochter Zimha Algava heiratete am 8. Oktober 1910 den lutherischen Tischler Traugott Reinhold Robert Gaudes, geb. 15.4.1870 in Rauda/Sachsen-Anhalt. Aus einer ersten Ehe brachte er die Tochter Rosa Frieda Gaudes, geb. am 29.11.1897 in Eisenberg, mit in die Ehe ein. Nach dem Tod Aharon Algavas zogen Zimha und Traugott Gaudes mit Rosa Frieda als Stütze 1915 in die Vierländerstraße 64. Am 12. Mai desselben Jahres wurde Rosa Frieda, 17 Jahre alt, tot aus der Alster geborgen. Die Todesanzeige der Polizeibehörde nannte keine Todesursache.

Zimha Gaudes’ Schwester Rahel ging am 5./6. November 1917 die Ehe mit dem zehn Jahre älteren Arbeiter Ferdinand Gerhard, geb. am 15. Oktober 1859 in Hamburg, ein. Sie zogen in die Vierländerstraße 132 in die Nähe ihrer Cousine Anita Piza. Beide Ehen blieben kinderlos.

Während des Ersten Weltkriegs wurde Eduard Meldola bei der Polizeibehörde zur Durchführung von Sektionen angestellt und vertrat im Medizinalamt die Stelle des Protokollführers. Zeitweilig war er auch im Hebammenwesen und in der Beaufsichtigung der "Kurpfuscherei" eingesetzt.

Mitten im Ersten Weltkrieg, am 15. Dezember 1916, starb Eduardo Meldolas Mutter Ester im Alter von 84 Jahren. Eineinhalb Jahre später, am 13. Juni 1918, starb mit 75 Jahren auch ihre Schwägerin Emma Algava. Sie wurden wie ihre Verwandten auf dem Jüdischen-Portugiesischen Friedhof an der Ilandkoppel in Ohlsdorf beigesetzt.

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs begannen die beiden ältesten Töchter Eduardo Medolas‘ ihre akademischen Ausbildungen. Margarethe besuchte von 1906 bis 1914 die Klosterschule St. Johannis am Holzdamm und legte vier Jahre später auf einem Privatgymnasium das Abitur ab. Danach ging sie zum Studium der Chemie nach Giessen. Elisabeth begann ihr Studium als eine der ersten Medizinstudentinnen nach der Gründung der Hamburger Universität 1919 im Wintersemester 1919/1920 mit der Matrikelnummer 353.

Nicht geklärt ist der Grund für den Zuzug von Lucie Wulff, Eduardos Cousine, die Tochter Luna Pizas, im Jahr 1920 in die Vierländerstraße 130a, wo sie bis 1941 gemeldet blieb. Sie war damals dreißig Jahre alt, das Adressbuch macht keine Berufsangabe, aber laut späterer Hausmeldekartei war sie Schriftstellerin. Spuren ihrer Tätigkeit ließen sich nicht finden.

Am 25. Januar 1921 schrieb der "Hamburger Correspondent": "Am 26. Januar vollenden sich 25 Jahre, seitdem sich Dr. Meldola in Hamburg als Arzt niedergelassen hat. Der Jubilar ist durch seine Tätigkeit beim Gesundheitsamt, als Schularzt und durch seine ausgedehnte Praxis in weiten Kreisen der Hamburger Bevölkerung bekannt." Im Stadtteil Rothenburgsort galt Eduardo Meldola mit seinen sechs Töchtern als Original.

Die 1920er Jahre verliefen trotz der Inflation und Weltwirtschaftskrise für die Familie bis 1929 ohne außerordentliche Ereignisse. Die sozialdemokratische Politik Hamburgs wie die finanzielle Lage der Eltern und ihre Auffassung von Assimilation und Frauenrechten boten den Meldola-Töchtern alle Möglichkeiten von Berufstätigkeit, Familien- und Gesellschaftsleben. Ein Gegengewicht zum engen Rothenburgsort bildete inzwischen ein Sommersitz in Timmendorfer Strand. Hinweise auf ausgiebige Reisen, wie sie beim gehobenen Bürgertum üblich waren, fehlen.

Außer Margarethe Meldola, die bereits in Gießen lebte, besaßen in den 1920er Jahren alle Familienmitglieder in Hamburg ausgestellte Reisepässe. Sie geben Aufschluss über das Aussehen ihrer Inhaberinnen und des Inhabers. Aus Elisabeth Meldolas Pass vom 10. August 1918, gültig für den Gebrauch im Inland, geht hervor, dass sie von mittlerer Statur war, ein ovales Gesicht, blaue Augen und dunkles Haar hatte. Ihre jüngste Schwester, Erika, hatte ebenfalls blaue Augen, war schlank und hatte dunkelblondes Haar. Eduardo Meldola war von großer Statur und hatte braune Augen. Sein braunes Haar war bereits graumeliert. Seine Ehefrau Jette Meldola war mittelgroß, hatte graue Augen und dunkelbraunes Haar. Leider existiert von niemandem ein Foto.
Hildegard Meldola war am 15. August 1921, noch nicht volljährig, als sie ihren Pass erhielt. Ihr Vater bestätigte den Empfang. Auch sie wurde als mittelgroß mit braunen Augen und dunkelbraunem Haar beschrieben, wie ihre Schwestern Wera-Luise und Rosemarie. Ihre Pässe galten für das Inland, Holland und Belgien.

Mit der Einführung der staatlichen Arbeitslosigkeitsversicherung 1927 meldete sich auch Eduardo Meldola als Angestellter der Gesundheitsbehörde bei der Arbeitslosenversicherung an. Er selbst war Arbeitgeber für hauswirtschaftliches und Praxis-Personal. Im selben Jahr ließ Eduardo Meldola ein professionelles Foto des Hauses Vierländerstraße 6a anfertigen. Es zeigt die Front mit fünf Stockwerken hinter schütter belaubten Bäumen. Auf den obersten Balkonen mit geöffneten Türen sind rechts vier Frauen zu erkennen, aber nicht deutlich genug, um sie zu identifizieren. [Die Geschäfte sind deutlich beschildert, vor dem von Gustav Böhm steht ein großes Auto.]

Inzwischen war sein jüngster Cousin, Richard Piza, Verwalter der Billwärder-Apotheke am Bahnhof Rothenburgsort geworden und hatte geheiratet. Er schloss sein Pharmaziestudium in Hamburg mit der Prüfung am 16. Juli 1924 erfolgreich ab und wurde am 1. August 1926 als Apotheker approbiert. Am 24. Juni 1927 heiratete er Alma Voß, geb. 27.9.1905 in Hamburg, die Tochter des Schlachtermeisters Adolf Voß aus der Vierländer Straße 54. Der fungierte neben Eduardo Meldola als Trauzeuge.

Im selben Jahr heiratete Eduardo Meldolas älteste Tochter Elisabeth den Kaufmann Friedrich Fischl, geb. 4.8.1890 in Prag, wodurch sie die tschechische Staatsangehörigkeit erhielt. Er war in einer Chemikalienfabrik tätig und wohnte in Blankenese. Sie gehörten der jüdischen Gemeinde in Altona an. Am 1. Mai 1922 wurde ihr erster Sohn, Walter Rudolf Edgar, geboren.
1925, mit 28 Jahren, erhielt Elisabeth Fischl die Approbation und ließ sich als praktische Ärztin an ihrem Wohnsitz nieder. Am 28. Juni 1926 kam ihr Sohn Claus Erich zur Welt.

1922 legte Margarethe Meldola das Verbandsexamen als Chemikerin ab und nahm eine Stelle im Labor bei der der OSSAG (Ölwerke Stern und Sonneborf) in Hamburg an. 1924 heiratete sie den Arzt Fritz Bauer, geb. 24.9.1897 in Gießen. Er hatte sich in Weilburg an der Lahn niedergelassen. Dort wurden die Kinder Marion (geb. 28.7.1925) und Herbert (geb. 17.2.1928) geboren.

Das Jahrzehnt hatte quasi mit Tod von Jette Meldolas Vater Hirsch Beermann am 9. Oktober 1921 in Berlin begonnen und endete mit dem Tod ihrer Mutter Ernestine Beermann am 1. Januar 1929 in Berlin. Damit wurde ein Teil des Beermann-Erbes für sie verfügbar. Doch das neue Jahrzehnt begann für sie zugleich bedrohlich. Sie erkrankte am Hodgkin-Syndrom, das damals noch nicht heilbar war. Am 21. Oktober 1931 starb sie bei ihrer Tochter Elisabeth in Blankenese, die auch ihren Tod beim Standesamt anzeigte, und wurde auf dem Jüdisch-Portugiesischen Friedhof an der Ilandkoppel in Ohlsdorf bestattet.

Im Sommersemester 1929 begann Hildegard Meldola (Matrikelnummer 18118) ihr Medizinstudium in Hamburg, im Wintersemester folgte Erika (Matrikelnummer 19177) und schließlich Rosemarie im folgenden Wintersemester 1930/31 (Matrikelnummer 21734).

Wera-Luise wurde Kontoristin und galt bei ihrer Heirat am 6. Januar 1932 in Berlin als "ohne Beruf". Ihr Ehemann, der Assistenzarzt Friedrich Straus (geb. 29.7.1904), stammte aus Würzburg und wohnte in Berlin-Lichtenberg. Ihre Väter fungierten als Trauzeugen. Das junge Ehepaar zog nach Danzig, wo am 29. Dezember 1934 die Tochter Renate geboren wurde.

Als am 2. Mai 1932 die Altersgrenze für den Eintritt in die Rente von 65 auf 63 Jahre herabgesetzt wurde, erhielt Eduardo Meldola die Kündigung seines Dienstverhältnisses bei der Gesundheitsbehörde zum 30. Juni 1932. Im Rahmen der Verwaltungsreform wurde es jedoch um ein Jahr bis Juni 1933 verlängert. Da waren die Nationalsozialisten schon fünf Monate an der Macht; eine weitere Verlängerung erfolgte nicht mehr.

Eines der ersten Gesetze, das die Nationalsozialisten erließen, war das "Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7.4.1933", kurz: Berufsbeamtengesetz. Dieses Gesetz wurde sehr weit ausgelegt und hatte weitreichende Folgen für Eduardo Meldola und seine Verwandten. Dank seiner brasilianischen Staatsangehörigkeit konnte Eduardo Meldola als Kassenarzt und privat bis zum 29. Juli 1939 praktizieren. Seine Bestallung als Impfarzt erlosch jedoch bereits am 30. September 1938.

Elisabeth Fischl und ihrem Schwager Hans Bauer in Weilburg hingegen wurden die Kassenzulassungen entzogen. Als sich Elisabeth Fischls Privatpraxis nicht mehr trug, zog Familie Fischl 1935 nach Hamburg-Harvestehude in die Isestraße 117, blieb dort aber auch nur kurze Zeit.

Dank ihrer tschechischen Staatsangehörigkeit bestand die Möglichkeit, nach Prag zu emigrieren. Letztlich entschieden sich Friedrich und Elisabeth Fischl 1936 zur Flucht nach Westen. Sie planten, von Belgien über Frankreich mit einem Truppenschiff nach England zu entkommen. In Antwerpen erkrankte Elisabeth Fischl jedoch schwer, so dass sie nach Hamburg zurückkehrte, wo sie am 13. Februar 1937 im Krankenhaus Bethanien in Eppendorf im Alter von nur 39 Jahren starb. Ihre letzte Ruhe fand sie wie schon ihre Verwandten [Großmutter Ester Meldola, ihr Bruder Alfons Abraham und ihre Mutter Jette] auf dem Portugiesisch-Jüdischen Friedhof an der Ilandkoppel in Ohlsdorf. Friedrich Fischl gelangte mit seinen Söhnen nach London, wo er jedoch bereits 1943 im Alter von 53 Jahren starb.

Als Hans Bauer aufgrund des Beamtengesetzes die Zulassung als Arzt entzogen wurde, zog die Familie 1934 nach Hamburg, zunächst in die Vierländerstraße 24 in Rothenburgsort und von dort in die Hamburgerstraße 6 an der Mundsburg in Barmbek-Süd. Dort versuchte Hans Bauer, eine neue Existenz als homöopathischer Arzt aufzubauen. Der Sohn Herbert wurde in Winterhude eingeschult.

Am 31. März 1934 starb Traugott Robert Gaudes im Alter von 63 Jahren. Fast 20 Jahre hatte er als Tischler mit seiner Ehefrau Zimha in der Vierländerstraße 64 gewohnt. Bald nach seinem Tod zog Rahel Gerhard zu ihrer Schwester Zimha. Rahels Ehemann Ferdinand Gerhard war mit unbekannter Adresse verzogen und blieb verschollen.

Eduardo Meldola wollte sich allmählich zurückziehen und seiner Tochter Rosemarie die Praxis überlassen. Sie legte am 18. April 1934 ihre ärztliche Prüfung ab, konnte aber nicht mehr ihr praktisches Jahr antreten. Während sie auf ihre Approbation wartete, richtete sie im Juli und August 1934 im Timmendorfer Sommerhaus der Familie ein Erholungsheim für Kinder aus wohlhabenden Familien ein, was ihr ein gutes, jedoch nur einmaliges Einkommen verschaffte. Sie erhielt die Approbation pünktlich am 18. April 1935, konnte aber wegen des fehlenden praktischen Jahrs nicht als Ärztin tätig werden.

Aufgrund der Nürnberger Rassegesetze vom 15. September 1935 durften Juden keine Frauen unter 45 Jahren anstellen bzw. mussten bereits angestellte entlassen. Das betraf auch Eduardo Meldolas Haushalt und Praxis. Deswegen halfen die Töchter Erika und insbesondere Rosemarie aus. Erika, 22 Jahre alt, war noch am 17. Januar 1933 an der Universität in Hamburg mit einer Dissertation über "Geburtshilfliche Statistik Hamburgs" promoviert worden. Die Behörden duldeten Rosemarie und Erika Meldolas ärztliche Tätigkeiten in Vertretung ihres Vaters. Sie waren sogar als Ärztinnen im Hamburger Adressbuch eingetragen.

Hans Bauers Eltern, Markus Bauer und Sophie, geb. Baer, folgten ihrem Sohn 1935 nach Hamburg und kamen zunächst bei seinem Schwiegervater Eduard Meldola unter. Sie hatten in Gießen ein Konfektionsgeschäft geführt und versuchten mit nur geringem Erfolg, 1937 als Vertreter und Kaufmann, in der Oberaltenallee 53 a noch einmal eine neue Existenz aufzubauen.

Die Zahl der Sepharden sank, die reparaturanfällige Synagoge in der Marcusstraße wurde aufgegeben, und am 14. März des Jahres 1935 wurde die Synagoge in der gemieteten Jugendstilvilla in der Innocentiastraße 37 in Hamburg-Harvestehude eingeweiht. Viereinhalb Jahre später, im Oktober 1939, hob die Gestapo diese Nutzung als Synagoge auf, und die verbliebenen Gemeindemitglieder wurden dem Jüdischen Religionsverband – so musste sich die Jüdische Gemeinde Hamburgs inzwischen nennen - zwangsweise eingegliedert.

Rosemarie Meldola heiratete 1936 Walter Haarburger, geb. 19.1.1905 in Hamburg. Sie ging mit ihm nach Berlin, wo er für den Handschuhfabrikanten Tobes & Henning als Verkaufsleiter tätig war und sie als Verkäuferin in der Firma Busch, dem Konzessionsgeschäft. Zwischendurch fuhr sie zu ihrem Vater und half in Praxis und Haushalt.

Erika Meldola heiratete ebenfalls 1936. Ihr Ehemann Siegfried Fallek, geb. 19.2.1907 in Hamburg, hatte als Prokurist ein gutes Einkommen, wie aus seinen Beiträgen an die Jüdische Gemeinde in Hamburg hervorgeht. Sie wohnten im Woldsenweg 9 in Hamburg-Eppendorf. 1937 emigrierten sie über Belgien, Frankreich, Spanien, Portugal und schließlich im März 1941 in die USA.

Laut Reichsanzeiger und Preußischem Staatsanzeiger vom 28.1.1939 "ist die Ärztin Dr. med. Erika Fallek, geb. Meldola, der deutschen Staatsangehörigkeit für verlustig erklärt worden. Ihre Bestallung als Ärztin ist daher erloschen. … Sie hatte nie eine Bestallung erhalten, doch war ihr im Januar 1939 das Dr.-Diplom ausgehändigt worden, nachdem sie den Nachweis geführt hatte, dass sie in Italien eine bezahlte Stellung in Aussicht hätte und auch mit der Einbürgerung in Italien rechnen konnte." (Staatsverwaltung Hamburg an Abteilung Hochschulwesen, 15.5.1939) In New York bestand sie die Prüfung nicht, die dem deutschen Staatsexamen entsprach.

Am 17. Juni 1938 kamen auch Wera-Luise Straus mit ihrem Ehemann Friedrich Straus und der Tochter Renate in den USA an.
Hildegard Meldola heiratete den Juristen Julius Katz, einen ehemaligen Berliner Staatsanwalt. Gelegentlich half Hildegard ihrem Vater, der wiederum die Familie, zu der auch der Sohn Herbert gehörte, regelmäßig finanziell unterstützte, da Julius Katz ebenfalls aufgrund des Berufsbeamtengesetzes entlassen worden war.

Walter Haarburger ging im Mai 1938 seiner Ehefrau in die Emigration in die Niederlande voraus. Bis sie ihrem Ehemann im August 1938 folgte, kehrte Rosemarie Haarburger zu ihrem Vater zurück. In Amsterdam warteten die Eheleute auf ihre Visa für die USA. Bevor sie sie erhielten, besetzte 1940 die deutsche Wehrmacht die Niederlande. Als die Juden 1941 zur Zwangsarbeit verpflichtet wurden, tauchten Haarburgers getrennt unter, um ihr zu entgehen.

1938 verlangte der Oberfinanzpräsident Hamburgs von Eduardo Meldola eine Aufstellung seiner Vermögenswerte per 1. Januar 1935, um daraufhin Maßnahmen zu seiner "Sicherung" zu veranlassen. Es belief sich auf RM 212 000. Den Grundstock bildeten Grundstücke in Berlin aus dem Erbe seiner verstorbenen Ehefrau, die zum Teil gegen Grundbesitz in Blumenau getauscht werden sollten. Seine Einkünfte aus der Praxis betrugen 1936 RM 11 050, 1937 RM 15 000 und 1938 RM 13 000 – trotz des Boykotts jüdischer Ärzte und trotz seiner eigenen gesundheitlichen Probleme. Die Erträge aus Wertpapieren und Grundstücken betrugen bis zu monatlich RM 1000. Demgegenüber waren die eigenen Mieteinnahmen gering.

Am 19. Dezember 1938 wurde die "Sicherungsanordnung" für Eduardo Meldolas Vermögen erlassen. Über Wertpapiere und Grundstücke konnte er nur noch nach Genehmigung durch den Oberfinanzpräsidenten verfügen, bis auf einen festgelegten monatlichen Freibetrag wurde das Vermögen auf Sperrkonten für den NS-Staat "gesichert". Über einen frei verfügbaren Betrag von monatlich 1000 RM hinaus, konnte er die zweckgebundene Freigabe von Mitteln beantragen. Soweit die Anträge keine Devisen betrafen, wurden sie meist umgehend genehmigt.

Eduard Meldola unterstützte Verwandte mit regelmäßigen Beträgen seine Tochter Hildegard Katz und die Cousine Amalie Auerbach, geb. Jonas, in Berlin, die Cousinen Zimha Gaudes und Rahel Gerhard und seine Cousine Lucie Wulff, die alle in der Vierländerstraße in Rothenburgsort wohnten. Die Cousine Anita Piza und der Cousin Richard Diego Piza waren finanziell unabhängig.

Hans Bauer musste 1938 seine homöopathische Praxis aufgeben. Aufgrund der verstärkten Auswanderung kamen kaum noch jüdische Patientinnen und Patienten, und dann traf ihn das Berufsverbot für jüdische Ärzte. Im November 1938 zog Margarethe Bauer mit ihrer Familie wieder in ihr Elternhaus. Nach dem "Von-Rath-Mord", wie Hans Bauer den Novemberpogrom 1938 nannte, wurde er im KZ Sachsenhausen sechs Wochen lang inhaftiert und am 22. Dezember 1939 mit der Auflage entlassen, das Deutsche Reich zu verlassen. Danach sah Eduardo Meldola, inzwischen 69 Jahre alt, keine Zukunft mehr für sich in Deutschland.

Margarethe und Hans Bauer planten umgehend ihre Auswanderung. Ohne Einkommen und ohne Vermögen waren sie auf die Unterstützung durch Angehörige angewiesen. Mit der Hilfe ausländischer Verwandter konnte Hans Bauer am 25. Januar 1939 zunächst allein nach Kuba auswandern. Die Kinder gelangten am 10. Mai 1939 mit einem Kindertransport nach Belgien.

Anfang Januar 1939 beantragte Eduardo Meldola die Freigabe von RM 4956 für die Auswanderung seiner Tochter Hildegard Katz mit ihrer Familie nach Santos/Brasilien, RM 2541 für die Auswanderung seiner Tochter Margarethe Bauer mit ihrer Familie in die USA und für sich selbst RM 2500 für eine viermonatige Erkundungsreise nach Südamerika. Nachdem der Oberfinanzpräsident die für Meldola festgelegte Summe der Reichsfluchtsteuer "gesichert" hatte, wurde die Freigabe der Mittel bewilligt.

Am 21. März 1939 beantragte Eduardo Meldola die Genehmigung für den Verkauf des Grundstücks Vierländerstraße 6 an Karl Rensing aus Altona. Nach dem Verkauf konnte Eduardo Meldola als Mieter dort wohnen bleiben.

In der Annahme, dass er als Ausländer nicht unter die antijüdischen Maßnahmen falle, gab Eduardo Meldola bewusst seine deutsche Staatsangehörigkeit auf. Die "Besserstellung" traf jedoch nur auf einige Bereiche zu, z.B. die Kennzeichnungspflicht als Jude, aber nicht die, die sich aus der Residenz im Deutschen Reich ergaben. Ab 24. April 1939 war er zwar nur noch brasilianischer Staatsbürger und seine Konten wurden als Ausländerkonten geführt, alle Verfügungen musste er weiter genehmigen lassen.

Mit dem Stichtag 17. Mai 1939 erfolgte eine Volkszählung, bei der alle nicht-deutschblütigen Bürger einen Extrabogen ausfüllen mussten. Eduardo Meldola wurde korrekt aufgeführt, aber aus dem Namen seiner Tochter "Bauer, Marg." wurde "Beuer, Mary", seine Cousinen wurden korrekt aufgeführt, allerdings fehlte Lucie Wulff. Hingegen wurde die "Arierin" Alice Weisse im Haushalt Meldola erfasst, vermutlich eine Hausangestellte, Näheres über sie ist nicht bekannt.

Am 21. Juli 1939 brach Eduardo Meldola mit einem Schiff der Reederei Hamburg-Süd zu seiner Orientierungsreise nach Brasilien auf, wofür ihm sein Neffe Max Meldola aus Brasilien die Devisen zur Verfügung stellte.

Für die Zeit seiner Abwesenheit hatte Eduardo Meldola Vorkehrungen getroffen, damit seine bedürftigen Angestellten weiterhin Unterstützung erhielten. Er überließ das Haus seiner Tochter Margarethe Bauer, die dort weitere Personen unterbrachte. Zu ihnen gehörte auch Elsbeth Fieseler, eine langjährige jüdische Freundin (siehe www.stolpersteine-hamburg.de).

Als letzte seiner Töchter verließ Margarethe Bauer am 29. September 1939 Hamburg mit dem Ziel Camden in New Jersey. Sie reiste zunächst zu ihren Kindern in die Niederlande und fuhr dann zusammen mit ihnen auf einem Schiff der Holland-Amerika-Linie am 17. November 1939 von Rotterdam nach New York. Hans Bauer, ihr Ehemann und Vater, hatte bereits am 22. Oktober 1939 die Weiterreise von Kuba über Miami/Florida nach Camden angetreten.

Eduardo Meldola kehrte am 20. November 1939 von seiner Erkundungsreise zurück. In der Vierländerstraße 6a lebte mittlerweile keiner von seinen Verwandten mehr. Er selbst war krank und fuhr deshalb direkt nach Berlin zu Hildegard Katz, seiner Tochter.

Nach einer Woche kehrte er bereits nach Rothenburgsort zurück, wo es viel zu erledigen gab. Die Häuser brauchten Luftschutzvorkehrungen, Handwerkerrechnungen, Ausgaben für Kohle, Auto, Bücher, waren zu begleichen, Elektrizitäts- und Wassergeld, Grund- und Einkommensteuern waren zu entrichten.

Zwangsweise musste Eduardo Meldola die Portugiesisch-Jüdische Gemeinde verlassen und sich dem Jüdischen Religionsverband e.V., anschließen, nachdem im Juli 1939 auch die Portugiesisch-Jüdische Synagoge in der Innocentiastraße 37 geschlossen worden war. Mit dem Datum 21. Mai 1940 entrichtete Eduardo Meldola eine einmalige Zahlung von RM 400 zur Abgleichung sämtlicher Beitragsansprüche des Jüdischen Religionsverbands an die Gemeinde.

Anfang des Jahres 1940 starben beide Cousinen Eduardo Meldolas innerhalb von drei Tagen, Rahel Gerhard, 70 Jahre alt, am 27. Februar 1940 und Zimha Gaudes im Alter von 72 Jahren am 1. März 1940. Zimha starb im Israelitischen Krankenhaus in der Johnsallee 54, Rahel zuhause. Eduardo Meldola meldete den Tod der beiden beim Standesamt an. Zimha wurde auf dem Portugiesisch-Jüdischen Friedhof in Ohlsdorf beerdigt.

Am 17. April 1940, neun Jahre nach dem Tod seiner Ehefrau Jette, erhielt Eduard Meldola in Gütergemeinschaft mit seinen sechs Töchtern das Verfügungsrecht über ihren Erbteil aus dem Beermann’schen Erbe. Es belief sich nach Verkauf der Grundstücke auf RM 135 000. Nachdem die Erbauseinandersetzungen endgültig geklärt waren, beantragte er die Freigabe von RM 300 für eine Heilkur in Bad Brückenau in Unterfranken, die genehmigt wurde und die er im Juni 1940 wahrnahm.

Einmalig überwies er am 20. November 1940 seiner Tochter Rosemarie in den Niederlanden RM 100 und dann noch einmal RM 1000 am 6. Juli 1941, als sie bereits im Untergrund lebte. Darüber hinaus unterstützte er wie schon vorher mehrere Personen.

Fortan betrieb Eduardo Meldola seine Auswanderung nach Brasilien für August 1941. Er gab an, nicht wieder als Arzt arbeiten zu wollen, sondern die Liegenschaften des Kaufmanns August Kiel in Blumenau zu übernehmen, der nach Deutschland zurückkehren wolle. Sie hatten einen Grundstückstausch eingeleitet, der vom Hamburger Oberfinanzpräsidenten am 9. Oktober 1940 genehmigt worden war. Die finanzielle Abwicklung erfolgte über die Golddiskontbank in Berlin. Am 24. Februar 1941 erklärte Eduardo Meldola gegenüber dem Hamburger Oberfinanzpräsidenten seine völlige Schuldenfreiheit. Als der Berliner Oberfinanzpräsident grundsätzliche Bedenken gegenüber dem Grundstückstausch äußerte, zog Eduardo Meldola am 12. März 1941 den Antrag zurück.

Er ließ auch Gold- und Silbergegenstände durch den Goldschmiedemeister Henry Allerding schätzen und zur Mitnahme in einem Paket versiegeln. Es handelte sich um seine Taschenuhr, den Ehering seiner Frau, ein 12teiliges Tafelbesteck und ein fünfteiliges Silbertablett aus altem Familienbesitz.

Ärztliche Geräte, Hauswäsche und Haushaltsgut ließ er in einem Liftvan verpacken. Drei Kisten, einen Koffer und einen Schlosskorb lagerte er bei der Firma Eckelmann & Söhne, Billwärder Neuedeich 240 – 246 ein und bestellte einen Verfügungsberechtigten.

Die Überfahrt von Lissabon nach Blumenau kostete 700 $ in Devisen. Der Betrag wurde nach Genehmigung durch den Oberfinanzpräsidenten direkt an die Agentur der HAPAG überwiesen.

Am 3. September 1941 verließ Eduardo Meldola Deutschland, am 11. September 1941 wurde die "Sicherungsanordnung" aufgehoben. Er fuhr mit der Bahn nach Lissabon und reiste von dort weiter nach Brasilien. Was aus dem Grundstückstausch mit dem Kaufmann Walter Kiel wurde und warum er nicht in Brasilien blieb, ist nicht bekannt.
Drei Monate nach seiner Abreise wurde seine Cousine Lucie Wulff (siehe www.stolpersteine-hamburg.de) am 6. Dezember 1941 nach Riga deportiert. Mit demselben Transport wurden Fanni Frimeta Deutschländer (siehe www.stolpersteine-hamburg.de), Enkelin von Ester Wolff-Brasch, und Markus und Sophie Bauer, die Schwiegereltern Elisabeth Bauer, nach Riga verschleppt, wo sie ermordet wurden.

Anita Piza war nach der Volkszählung 1938 zurück zu ihrem Cousin Eduardo Meldola in den Billhorner Röhrendamm 213 gezogen. Als sie einen Schlaganfall erlitt, wurde sie im Hilfskrankenhaus Rellingerstraße 13 in Stellingen behandelt. Dort starb sie am 9. August 1942 an einer dem Schlaganfall folgenden Bronchopneumonie. Mit ihr endete die Geschichte der Sefarden in Rothenburgsort.

Die Cousine Amalie Auerbach, geb. Jonas, und ihr Ehemann Georg Michael wurden von Berlin aus am 17. August 1942 nach Theresienstadt deportiert. Georg Michael Auerbach starb dort am 12. September 1942, Amalie wurde eine Woche später mit einem Transport in das Vernichtungslager Treblinka geschickt, wo sie unmittelbar nach der Ankunft ermordet wurde.

In der Nacht vom 27./28. Juli 1943 zerstörte der Feuersturm Rothenburgsort fast vollständig, auch Eduardo Meldolas ehemaligen Besitz, einschließlich der bei der Firma Eckelmann & Söhne eingelagerten Gepäckstücke.

Eduardo Meldola siedelte von Brasilien in die USA über, wo ein Teil seiner Kinder bereits lebte. Familie Katz wanderte von Brasilien ebenfalls in die USA aus. Rosemarie Haarburger war 1944 in den Niederlanden gefasst und umgehend nach Auschwitz deportiert worden. Als Ärztin entging sie der Vergasung und wurde im November nach Bergen-Belsen überstellt. Anfang Januar 1945 kam sie in das KZ Buchenwald und wurde im Außenkommando Aschersleben bei den Junkerswerken eingesetzt. Als bei Kriegsende das Lager aufgelöst wurde, wurde sie Mitte April 1945 auf dem Marsch Torgau – Mühlbeck von amerikanischen Truppen befreit.
Nach einem längeren Krankenhausaufenthalt in Bitterfeld kehrte sie nach Amsterdam zurück, immer noch arbeitsunfähig. Im Mai 1947 reiste sie in die USA aus. Rosemarie Haarburger erhielt nachträglich 1949 ihre Approbation und arbeitete als Ärztin in den USA. Es ist nicht bekannt, ob sie ihren Vater noch einmal sah.

Eduardo Meldola starb am 10. Juni 1947 mittellos in Philadelphia in Pennsylvania in der Obhut der Familie seiner Tochter Hildegard Katz.

Von Eduardo Meldolas Familie lebte nach dem Ende der NS-Herrschaft in Hamburg als einziger Richard Piza mit seiner Familie. Er starb am 26. Juli 1981 82jährig in Ahrensburg bei Hamburg.

Stand: Juni 2024
© Hildegard Thevs

Quellen: 1; 2; StaH, Oberfinanzpräsident, F 92; F 488; FVg 8657; R 1938/3448; 4; 5 digital; 6; 7; 9; Hamburger Adressbücher; StaHH, 213-13 Wiedergutmachung 1020; 232-5,1150 Vormundschaftswesen; 332-7 Staatsangehörigkeitsaufsicht, B I a 1861, Nr. 627; B III 54544, 69712; 332-8, Melderegister Alt-Hamburg 1892-1926; 332-8, A 24 Reisepässe; 351-11 Wiedergutmachung, 1482, 1275, 20131, 34150, 36017, 48813; 352-6 Gesundheitsbehörde, 2142, 2536; 352-10 Personalakten, 138; Hamburgische Biographie, Bd. II, 279f., Bd. 286f., Bd. VI, 215f., Hamburger Correspondent, 40. Abendausgabe 25.1.1921; Michael Studemund-Halévy, Biographisches Lexikon der Hamburger Sefarden. Hamburg 2000, S. 642f.; Ders.: Portugiesisch-Jüdische Gemeinden / Sefarden, in: Das jüdische Hamburg, Göttingen 2006, S. 188, 206, 209-212; Michael Koglin, Spaziergänge durch das jüdische Hamburg, Hamburg 1998; Percy Schramm, Dreihundert Jahre deutscher "Kulturgeschichte" im Lichte des Schicksals einer Hamburger Bürgerfamilie neun Generationen (1648-1948), Band 2, S. 182ff., Göttingen, 1964; Anna von Villiez, Mit aller Kraft verdängt, München/Hamburg, 2009; https://www.google.de/search?hl=de&source=hp&biw=&bih=&q=blumenau+brasilien&iflsig=ANes7DEAAAAAZeM50COaZLE1-f54UE35LcLTowaCGx4y&gbv=2&oq=Blumenau&gs_l=heirloom-hp.1.2.0i512i433j0i512l9.1926.3660.0.8290.8.8.0.0.0.0.118.820.3j5.8.0....0...1.1.34.heirloom-hp..0.8.820.pePQtNFeMyk; https://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Blumenau; https://de.wikipedia.org/wiki/Colonisations-Verein_von_1849_in_Hamburg; https://www.gussmann-vm.de/versicherungsmakler/bdvm-mitglied/; https://edoc.ub.uni-muenchen.de/15806/1/Krull_Stephan.pdf; https://portal.dnb.de/opac/simpleSearch?query=Fallek [Geburtshilfliche Statistik Hamburgs: Jahrgang 1931, erschienen 1935]; https://www.archiv.uni-hamburg.de/ueber-uns/aktuelle-meldungen/2019-05-10-matrikelportal.html; https://www.jüdischer-friedhof-altona.de/datenbank.html.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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