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Else Stern * 1919

Lutterothstraße 85 (Eimsbüttel, Eimsbüttel)


HIER WOHNTE
ELSE STERN
JG. 1919
EINGEWIESEN 1925
ALSTERDORFER ANSTALTEN
"VERLEGT" 27.11.1941
HEILANSTALT TIEGENHOF
ERMORDET 15.3.1942

Else Anni Stern, geb. 21.12.1919 in Hamburg, aufgenommen in den damaligen Alsterdorfer Anstalten (heute: Evangelische Stiftung Alsterdorf) am 7.9.1925, über die Heil- und Pflegeanstalt Hamburg-Langenhorn am 27.11.1941 weiter verlegt in die Gau-Heilanstalt Tiegenhof (polnisch: Dziekanka) in Gnesen (polnisch: Gniezno), dort gestorben am 15.3.1942

Lutterothstraße 85 (Eimsbüttel)

Else Anni Stern war eines von drei Kindern des Schneiders Robert Gustav Carl Christian Stern und seiner Ehefrau Anna Wilhelmine, geb. Horns. Der aus Sülze in Mecklenburg stammende Gustav Stern und Anna Horns aus Ottensen hatten 1910 in Hamburg geheiratet.

Else war am 21. Dezember 1919 in Hamburg geboren worden. Sie hatte zwei Geschwister, über die uns Weiteres nichts bekannt ist. Auch über Else Sterns Leben ist nur wenig überliefert. Ihre Patientenakte ist nicht erhalten. Lediglich eine Karteikarte, die für das ab 1934 aufgebaute Hamburger Gesundheitspassarchiv zum Zwecke der "erbbiologischen Bestandaufnahme" der Bevölkerung angelegt worden ist, enthält dürftige Angaben: Danach muss Else Stern mit körperlichen Behinderungen, u.a. einer doppelseitigen Hüftgelenksverrenkung, zur Welt gekommen sein.

Sie wurde im September 1925 in den damaligen Alsterdorfer Anstalten (heute: Evangelische Stiftung Alsterdorf) aufgenommen. Bei der Körperpflege habe sie Hilfe benötigt. Ihre Sprache, so die Notiz auf der Karteikarte, sei "sehr mangelhaft". Sie wurde als ruhig und verträglich beschrieben, aber auch als "oft bockig".

Am 28. Juli 1941 wurden mindestens 50 Männer aus den Alsterdorf Anstalten zunächst in die "Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn" überführt. Drei Tage später, am 31. Juli 1941, folgte eine weitere Gruppe mit mindestens 20 Frauen. Zu ihnen gehörte auch Else Stern.

Diese Gruppen, die überwiegend aus besonders schwachen und nicht arbeitsfähigen Menschen bestanden, waren auf der Grundlage von Meldebögen an die Euthanasie-Zentrale in der Tiergartenstraße 4 in Berlin zusammengestellt worden. Langenhorn entwickelte sich zu dieser Zeit zur Zwischenanstalt für den gesamten Raum Hamburg und zur Drehscheibe der "Euthanasie" im Norden des Reiches. Dieses zur Tarnung aufgebaute komplizierte "Verschubungssystem" (Michael Wunder) sollten die Angehörigen nicht durchschauen.

Else Stern wurde am 27. November 1941 mit weiteren Frauen und Männern aus Langenhorn in die Gau-Heilanstalt Tiegenhof (Dziekanka) bei Gnesen (Gniezno) verlegt. (Das Hamburger Gedenkbuch Euthanasie enthält die Namen von 66 ehemaligen Alsterdorfer Patientinnen und Patienten, die mit diesem Transport nach dem Tiegenhof gebracht wurden, vier der ehemals siebzig Alsterdorfer waren vorher in Langenhorn gestorben. Insgesamt wurden aus der Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn zwischen dem 14. und dem 27. November 1941 in mehreren Transporten 366 Menschen in die Gauheilanstalt Tiegenhof abtransportiert. In dem Hamburger Gedenkbuch Euthanasie sind 206 Personen benannt.)

Die psychiatrische Anstalt Dziekanka in der Nähe von Gnesen, die nach dem deutschen Überfall auf Polen die Bezeichnung "Gau-Heilanstalt Tiegenhof" erhielt, wurde im Oktober 1939 von der Deutschen Wehrmacht besetzt. Bis zum Sommer/Herbst 1941 wurden polnische Patientinnen und Patienten in mehreren Aktionen ermordet. Als die Patienten aus Hamburg in Tiegenhof eintrafen, wurden auch deutsche Insassen getötet, und zwar durch systematisches Verhungernlassen, durch Überdosierung von Medikamenten sowie durch Verwahrlosung.

Zu diesem Zweck befanden sich in den Unterkünften der Patientinnen und Patienten separate Tötungszimmer, in denen den wehrlosen und entkräfteten Opfern tödliche Mittel als Injektionen gesetzt, mittels Klistier eingeführt oder aufgelöst in Suppe verabreicht wurden.

Else Anni Stern starb vierzehn Wochen nach ihrer Ankunft in Tiegenhof am 15. März 1942.

Stand: Juli 2021
© Ingo Wille

Quellen: StaH 332-5_8670 Heiratsregister Nr. 219/1910 Robert Gustav Carl Christian Stern, Anna Wilhelmine Horns; 332-5_9890 Sterberegister Nr. 998/1937 Robert Gustav Carl Christian Stern; Landesarchiv Greifswald, FHL Filmnummer 69585; Evang. Stiftung Alsterdorf, Archiv, Erbgesundheitskarteikarte Else Stern; Michael Wunder, Ingrid Genkel, Harald Jenner: Auf dieser schiefen Ebene gibt es kein Halten mehr – Die Alsterdorfer Anstalten im Nationalsozialismus, 3. Auflage, Stuttgart 2016, S. 269 ff.; Enno Schwanke, Die Landesheil- und Pflegeanstalt Tiegenhof. Die nationalsozialistische Euthanasie in Polen während des Zweiten Weltkrieges, Frankfurt/M. 2015.

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