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Porträt Dr. Otto Bauer
Dr. Otto Bauer
© StaH

Dr. Otto Herbert Bauer * 1896

Körnerstraße 3 (Hamburg-Nord, Winterhude)

1942 Mauthausen
ermordet 18.09.1942

Dr. Otto Herbert Bauer, geb. 10.9.1896, am 27.8.1942 nach Mauthausen deportiert, Todesdatum dort 18.9.1942

Otto Herbert Bauer wurde als Sohn des Hamburger Rechtsanwalts Dr. Hermann Bauer (1859–1919) und seiner Ehefrau Selma, geb. Boas (1868–1937), in Hamburg-Rotherbaum geboren. Auf seiner Geburtsurkunde ist die jüdische Religionszugehörigkeit der Eltern vermerkt. Der Vater führte eine Rechtsanwaltskanzlei in der Kaiser-Wilhelm-Straße. Er gehörte von 1902 bis 1904 und von 1906 bis 1919 der Hamburger Bürgerschaft an. Die Familie wohnte 1904 in der Gellertstraße 9 und verzog von dort in die Maria-Louisen-Straße 6. Der Sohn Otto besuchte von Ostern 1902 bis Ostern 1905 die private Knabenschule von Adolph Thomsen und anschließend bis Sommer 1912 die Gelehrtenschule des Johanneums. Er verließ die Schule als Obersekundaner, um in das Bank- und Speditionsgeschäft der 1901 gegründeten Firma Richard Boas & Co. am Alsterdamm einzutreten, dessen (Mit-)Inhaber vermutlich sein Onkel war. Dort war er als Lehrling und später als Handlungsgehilfe tätig.

Am 14. August 1914 meldete Otto Bauer sich als Kriegsfreiwilliger und wurde im Januar 1915 durch einen Schuss in den linken Oberarm verwundet. Nachdem Lähmungserscheinungen der linken Hand aufgetreten waren, wurde er im Dezember 1915 als "vorläufig untauglich" aus dem Heeresdienst entlassen. Sein Bruder Gerhard, ebenfalls Kriegsfreiwilliger, starb im Mai 1916 auf "Höhe 304" vor Verdun.

Nach seiner Entlassung holte Otto Bauer sein Abitur nach, das er im Januar 1917 an der Höheren Staatsschule Cuxhaven bestand. Anschließend studierte er Rechtswissenschaften an den Universitäten München, Heidelberg und Leipzig. In Leipzig promovierte er 1922 zum Dr. juris. Im Juli 1928 erhielt er seine Zulassung als Rechtsanwalt und betrieb in repräsentativen Kontorhäusern der Hamburger Innenstadt seine Rechtsanwaltskanzlei: 1928/1929 Mönckebergstraße 8–12 (Barkhof Haus 3), 1930 bis 1932 Spitalerstraße 10 (Semperhaus A), 1933 bis 1936 Dammtorstraße14–15, 1937 Neuer Wall 26–28, 1938 Schauenburgerstraße 14. Als Privatadresse wurde in den Amtlichen Fernsprechbüchern die "de Chapeaurougestraße 51" in Wohldorf-Ohlstedt (1939 umbenannt in Waldgraben, heute Alte Dorfstraße) angegeben. Hier wohnte auch seine Mutter. 1931 erschien er im Adressbuch mit der Wohnadresse Krohnskamp 78.

Am 25. Juni 1932 informierten Otto Bauer und seine aus Berlin stammende Ehefrau Gertrud, geb. Jacoby, per Anzeige im Hamburger Fremdenblatt über ihre Eheschließung. Die Tochter Ruth-Ingrid erblickte am 27. Mai 1933 in Hamburg das Licht der Welt. Von mindestens 1936 bis 1940 wohnte die Familie Bauer im Erdgeschoss des 1908 erbauten dreigeschossigen Eckhauses Körnerstraße 3/Mühlenkamp, dessen Garten rückseitig zum "Langen Zug" der Alster führt. 1934 war es zu einem Mehrfamilienhaus umgebaut worden.

"Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft in Hamburg wird nicht zurückgenommen" hieß es am 31. Mai 1933 in einem vorgedruckten Schreiben an Otto Bauer, da er als Frontkämpfer des Ersten Weltkrieges noch gewisse Privilegien besaß. Ab 30. November 1938 durfte er dann doch nicht mehr als Rechtsanwalt tätig sein. Um dennoch wenigstens für jüdische Mandanten weiterarbeiten zu können, hatte er schon am 1. November 1938 seine Zulassung als "jüdischer Konsulent" beantragt.

Diese wurde ihm verweigert, obwohl er in erneuten Anträgen auf seine Kriegsauszeichnungen (Eisernes Kreuz 2. Klasse, Hanseatenkreuz, Verwundetenabzeichen, Frontkämpfer Ehrenzeichen), seine konservative politische Einstellung (1919–1923 Mitglied der Deutschen Volkspartei) und die mittlerweile erworbene Zugehörigkeit zur christlichen Religionsgemeinschaft hinwies. Im August 1939 holte der Präsident des Hanseatischen Oberlandesgerichts bei der Geheimen Staatspolizei Hamburg Auskünfte über Otto Bauer ein. Obwohl deren Antwortschreiben positiv ausfiel: "Über Bauer ist in politischer Hinsicht Nachteiliges nicht bekannt geworden. (…) Gegen die Zulassung des Bauer als jüdischen Rechtskonsulenten werden Bedenken nicht erhoben", lehnte das Gericht seine Zulassung ab. Diese Haltung wurde am 1. November 1940 durch einen erneuten negativen Bescheid an Otto Bauer bestätigt. Im Dezember 1938 musste er eines der geerbten Häuser in Hamburg-Eppendorf verkaufen. 1939 tauchten im Fernsprechbuch unter seinem Namen der Zusatz "Rechtsanwalt" sowie die Anschrift der Kanzlei nicht mehr auf. Im Jahr 1941 findet sich kein Eintrag mehr, der Besitz eines Telefons war Juden jetzt untersagt.

1942 wurde Otto Bauer unter unbekanntem Vorwand verhaftet und ins KZ Fuhlsbüttel eingeliefert. Am 27. August 1942 erfolgte von dort die Deportation ins österreichische KZ Mauthausen, wo der Transport zwischen dem 1. und 5. September 1942 eintraf. Als Ursache für den nur wenige Tage später vermerkten Tod von Otto Bauer wurde vom SS-Standortarzt "Freitod durch Einwirkung von Starkstrom" angegeben – wieweit diese offiziell angegebene Ursache mit der tatsächlichen Todesursache übereinstimmte, lässt sich nur mutmaßen.

© Björn Eggert

Quellen: 1; 4; StaHH, 241-2, Justizverwaltung Personalakten, A 1853; Heiko Morisse, Jüdische Rechtsanwälte in Hamburg. Ausgrenzung und Verfolgung im NS-Staat, Hamburg 2003, S. 117; KZ-Gedenkstätte Mauthausen, Archiv (Totenbuch des Standortarztes), Auskunft vom 23.4.2007; AB 1904, 1926, 1931, 1937, 1938; Amtliche Fernsprechbücher von Hamburg, 1903–1909, 1928–1940; Brunhilde Haack, Die Anwaltschaft in Hamburg während der Weimarer Republik, Hamburg 1990, S. 196, S. 200 ; Wegewart Herr L.: "Die ‚de Chapeaurougestraße’ heißt heute ‚Alte Dorfstraße’".

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