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Dr. Max Mendel mit seinem Enkel Werner (geb. 1928), Anfang der 1930er Jahre
© Familie Mendel

Dr. Max Mendel * 1864

Annenstraße 9 (Hamburg-Mitte, St. Pauli)

1942 Theresienstadt
ermordet am 25.12.1942

Weitere Stolpersteine in Annenstraße 9:
Therese Mendel

Max Mendel, geb. am 4.7.1864 in Stargard, 1939 KZ Fuhlsbüttel und Strafanstalt Oslebshausen, deportiert am 15.7.1942 nach Theresienstadt, dort gestorben am 25.12.1942
Therese Mendel, geb. Isenthal, geb. am 5.6.1871 in Hamburg, deportiert am 15.7.1942 nach Theresienstadt, dort gestorben am 16.11.1942

Annenstraße 9

Max Mendel wurde im pommerschen Stargard geboren. Die Stadt hatte damals etwa 16000 Einwohnerinnen und Einwohner. Seine Eltern, der Privatgelehrte Dr. phil. Isidor Mendel und Florentine, geb. Schlesinger, lebten Ende des 19. Jahrhunderts in Berlin.

Max Mendel studierte Medizin und wurde praktischer Arzt. 1887 erhielt er seine Approbation und ließ sich 1888 in Hamburg nieder. 1896 heiratete er die Hamburgerin Therese Isenthal, deren Eltern der Lotteriecollecteur Theodor Isenthal und Regine, geb. Steiner, waren. Die Isenthals wohnten damals im Harvestehuder Weg 46, Max Mendel in St. Pauli in der Langereihe 93. Langereihe hieß der westliche Teil der heutigen Reeperbahn, auf das Nobistor zulaufend, und bebaut zwischen 1662 und 1729. In der Langen Reihe wurden 1897 die Tochter Lotte Marie und 1899 der Sohn Herbert Isidor geboren. Ein Trauzeuge bei der Heirat war der Kaufmann Benno Mendel, damals 33 Jahre alt und in Berlin lebend, vermutlich ein Bruder Max Mendels.

Später befanden sich Praxis und Wohnung in der Annenstraße 9 in St. Pauli. Das Haus gehörte den Mendels, die Familie lebte dort wahrscheinlich bis 1938. Das Haus verfügte über zwölf Zimmer, und es gab Hausangestellte. Die Familie hatte bis zur nationalsozialistischen Verfolgung in gutbürgerlichen Verhältnissen gelebt. Die Mutter hatte sich immer sozial engagiert. Während des Ersten Weltkrieges leitete sie Kriegsküchen in Hamburg, die als billige Restaurants für Bedürftige nach Kriegsende unter ihrer Aufsicht weitergeführt wurden. Die Kinder genossen eine gute Schulbildung. Der Sohn besuchte das Johanneum und studierte Jura, die Tochter bestand das Abitur im Wendtschen Gymnasium und studierte Zahnheilkunde, zu dieser Zeit für Frauen noch außergewöhnlich. Aber auch musische Interessen kamen in der Familie nicht zu kurz. Die Kinder erhielten Violinunterricht und begleiteten die Eltern in Oper und Konzerte. 1933 waren die Kinder bereits erwachsen. Die Tochter Lotte war Zahnärztin und betrieb ihre Praxis im Lattenkamp 8. Laut Adressbuch wohnte sie bis 1933 noch bei den Eltern in der Annenstraße. Lotte Mendel verließ Hamburg im August 1939. Im Juni desselben Jahres hatte sie geheiratet und lebte später in England.

Der Sohn Herbert wurde Rechtsanwalt. Er war seit 1926 mit der Hamburgerin Edith Erna Fraenkel verheiratet und lebte später in Los Angeles.

Als in Deutschland die Verfolgung der Jüdinnen und Juden begann, war Max Mendel schon über 65 Jahre alt, praktizierte aber wohl noch. Am 1. Januar 1938 wurde ihm die Kassenzulassung und am 30. September 1938 die Bestallung als Arzt entzogen. Vorausgegangen war eine Verurteilung wegen angeblicher illegaler Abtreibungen. Er wurde im KZ Fuhlsbüttel inhaftiert und von dort im Juli 1939 ins Zuchthaus Oslebshausen überstellt. Bevor das Ehepaar in das "Judenhaus" in der Bogenstraße ziehen musste, wohnten Max und Therese Mendel noch für kurze Zeit in der Haynstraße 7.

Wie alle vermögenden Juden wurde auch Familie Mendel schamlos ausgeplündert. Sie muss­te ihr Haus verkaufen, ihren Schmuck sowie Silber im April 1939 bei der öffentlichen Ankaufsstelle Bäckerbreitergang abliefern. Aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters, Max Mendel war bereits 78 Jahre alt, erhielten die Eheleute den Deportationsbefehl nach Theresienstadt. Dort starb Therese am 16.11., Max am 25.12.1942.

Möbel und Hausrat wurden im September 1942 vom Auktionator Wilhelm Wehling versteigert.

© Susanne Lohmeyer

Quellen: 1; 2 (FVg 7038); 4; 7; 8; StaH 213-8 Staatsanwaltschaft Oberlandesgericht – Verwaltung Abl.2, 451 a E1,1c; StaH 214-1 Gerichtsvollzieherwesen 499; StaH 241-1 II, Abl 13, K33-45; StaH 332-5 Standesämter, 13172 + 1914/1899; StaH 332-5, 8807 + 259/1926; StaH 332-5, 8577 + 246/1896; StaH 351-11 AfW 040764 und 110807 Dr. Max Mendel; HAB II 1910; 1943; Anna von Villiez, Mit aller Kraft verdrängt, S. 354.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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