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Max Ascher * 1873
Caffamacherreihe 4 (Hamburg-Mitte, Neustadt)
HIER WOHNTE
MAX ASCHER
JG. 1873
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
1942 TREBLINKA
ERMORDET
Weitere Stolpersteine in Caffamacherreihe 4:
Margot Ascher
Margot Ascher, geb. am 19.4.1912 in Hamburg, deportiert von Berlin am 29.11.1942 nach Auschwitz
Max Ascher, geb. am 10.1.1873 in Minden, deportiert am 15.7.1942 nach Theresienstadt, ermordet am 21.9.1942 im Vernichtungslager Treblinka
Caffamacherreihe 4, vor der Polizeiwache (Caffamacherreihe 26)
Max Ascher wuchs unter fünf Brüdern und vier Schwestern im nordrhein-westfälischen Minden auf. Sein Vater Moses Ascher (geb. 13.7.1839), war "Handelsmann" und kam aus Salzkotten/Kreis Büren, die Mutter Marianne, geb. Katz (geb. 20.5.1843), stammte aus Holland. Sie heirateten am 2. November 1866 in Minden und wohnten dort, nach der Volkszählung Ende 1880, im Rampenloch 3.
Nach Beendigung seiner Schulzeit erlernte Max Ascher den Beruf des Tapezierers und erwarb ein Meisterdiplom. Am 25. Januar 1901 heiratete er in Hamburg Sophie Dessau (geb. 23.10.1880), die Tochter des Zigarrenfabrikanten Sally Dessau und Rosa, geb. Löwenthal. Max wohnte zum Zeitpunkt der Eheschließung bei seiner verwitweten Mutter in der Breitenstraße 13 in Hannover. Sophie war bei ihrem Vater und dessen zweiter Frau Louise Burchard aufgewachsen. Sie war sieben Jahre alt, als ihre Mutter Rosa im Alter von erst 33 Jahren am 7. Juni 1888 verstarb (für Louise Dessau liegt ein Stolperstein in der Hansastraße 35, s. www.stolpersteine-hamburg.de).
Max und Sophie Aschers älteste Tochter kam am 14. März 1905 in Hamburg zur Welt, sie erhielt den Namen ihrer früh verstorbenen Großmutter Rosa. Sieben Jahre später folgte ihre Schwester Margot. Bei der Geburt der jüngsten Tochter Ruth am 21. Mai 1919 kam es zu Komplikationen, Sophie Ascher verstarb fünf Monate später am 24. November 1919 im Krankenhaus Ebenezer in Barmbek/Uhlenhorst. Max Ascher ließ seine Frau am 26. November auf dem Jüdischen Friedhof Ilandkoppel in Ohlsdorf beerdigen. Er hatte sich am Tag zuvor als Mitglied der Deutsch-Israelitischen Gemeinde in Hamburg registrieren lassen.
Vor dem Ersten Weltkrieg hatte Max Ascher eine Möbelhandlung mit Werkstatt in der Baumeisterstraße 7, Ecke Greifswalderstraße im Stadtteil St. Georg betrieben. Das Geschäft hatte er aufgegeben, nachdem er seine Einberufung zum Infanterieregiment 75 erhalten hatte. Seine Ehefrau Sophie hatte seit 1910 bis zu ihrem Tod einen Kunsthandel am Heidenkampsweg 76 betrieben, wo die Familie auch wohnte. Max Ascher richtete sich in der 2½ Zimmerwohnung eine Werkstatt ein, konnte aber an die gesicherten finanziellen Verhältnisse aus der Vorkriegszeit nicht mehr anknüpfen. Zudem verlor er durch die Inflation erspartes Geld und musste schließlich Wohlfahrtsunterstützung beantragen. Um den Haushalt und die noch unmündigen Kinder kümmerte sich nach dem Tod von Sophie Ascher Susanne Schuzintek, die aus Oppeln in Oberschlesien (heute Polen) stammte. Sie kam 1917 aus Berlin, wo sie als Hausangestellte tätig gewesen war, nach Hamburg und soll sehr liebevoll gewesen sein, "so dass die Kinder sie wie eine Mutter schätzten".
Tochter Margot erhielt neben ihrer Schulzeit eine sechsjährige Tanzausbildung, auch ihre ältere Schwester Rosa war Tänzerin. 1933 lebte Rosa, nun verheiratete Wagner, in Düsseldorf in der Schadowstraße 47. Die Jüngste, Ruth, besuchte zunächst die Volksschule in der Norderstraße 165, der Wechsel auf eine höhere Schule wurde ihr als Jüdin bereits verwehrt. Auch der Wunsch, den Beruf der Dekorateurin zu erlernen, blieb ihr versagt. Daher folgte sie am 30. Juli 1934 ihrer Schwester Rosa, die nach Luxemburg verzogen war.
Max Ascher versuchte noch, eine Werkstatt am Herrengraben zu eröffnen, aber eine selbstständige Tätigkeit wurde ihm im November 1935 "polizeilich" untersagt, wodurch sich seine finanzielle Situation weiter verschlechterte. Bereits vor 1933 klang in einem Fürsorgebericht Antisemitismus durch, ein Sachbearbeiter schrieb: "Ascher ist Israelit und besitzt m. E. unzweifelhaft die seiner Rasse eigentümliche Geschäftsgewandtheit. Er hat vor, auf Auktionen Möbel, hauptsächlich Polstersachen zu kaufen. Diese will er aufarbeiten und weiter verkaufen."
Im Februar 1936 reiste Max Ascher für zwei Monate zu seinen Töchtern nach Luxemburg, vermutlich um sich von ihnen zu verabschieden. Rosa, in zweiter Ehe verheiratete Gurewitsch, war die erste, die Luxemburg verließ, Ruth folgte ihr 1937 über Antwerpen mit dem französischen Schiff "Croix" nach Buenos Aires. Sobald sie dort Fuß gefasst hatten, sollte Max Ascher folgen. Doch der Plan wurde aus unbekannten Gründen nicht realisiert.
Auf der Kultussteuerkarte von Max Aschers mittlerer Tochter Margot vermerkte die Jüdische Gemeinde in Hamburg 1933 "unbekannt verzogen". Margot lebte mit zwei Kindern als "Artistin" in Berlin-Charlottenburg. Die Tochter Karin Jenny wurde am 5. Mai 1935 geboren, ihr Bruder Horst am 19. Mai 1937. Margot Ascher und ihre Kinder wurden am 29. November 1942 von Berlin nach Auschwitz deportiert, sie aus der Eisenacherstraße 89, die Geschwister aus dem Auerbach’schen Waisenhaus in der Schönhausener Allee 162. An Karin Ascher erinnert seit 2012 ein Stolperstein in der Pestalozzistraße 14 in Berlin.
Max Ascher lebte nach der Auswanderung seiner Töchter als Untermieter an verschiedenen Adressen: Ende 1935 im Valentinskamp 71, dann an der Drehbahn 25, am Großneumarkt 56 und in der Caffamacherreihe 26. Danach zog er ins Grindelviertel.
Am Grindel wohnte auch sein jüngerer Bruder, der Witwer Adolf Ascher (geb. 17.12.1875). Adolf Ascher war etwa Ende 1906/Anfang 1907 nach Hamburg gekommen und hatte im Jahre 1908 Olga Isaac (geb. 29.1.1875) in Altona geheiratet. Adolf Ascher arbeitete als Reisender auf Provisionsbasis, konnte aber aufgrund einer schweren Kopfverletzung, die er als Soldat im Ersten Weltkrieg erlitten hatte, einen nur geringen Verdienst erzielen. Das Ehepaar Ascher lebte möbliert zur Untermiete in der Klosterallee 100 und erhielt Wohlfahrtsunterstützung. Olga Ascher war zuckerkrank, sie starb am 22. Mai 1936. Obwohl Adolf Ascher bereits einen Schlaganfall erlitten hatte, wurde er zur "Pflichtarbeit" in Waltershof herangezogen. Seine mehr oder weniger letzte freiwillig gewählte Unterkunft war im Sommer 1939 in der Rutschbahn 15 bei Familie Zimmack/Zimak (s. Stolpersteine in Hamburg-Eimsbüttel).
Die Brüder Adolf und Max Ascher erhielten beide ihre Deportationsbefehle im ehemaligen Samuel-Lewisohn-Stift Kleiner Schäferkamp 32; einem sogenannten Judenhaus. Adolf wurde am 11. Juli 1942 nach Auschwitz deportiert, Max kam am 15. Juli 1942 mit dem ersten großen Transport aus Hamburg ins "Altersgetto" Theresienstadt. Bereits am 21. September 1942 wurde er ins Vernichtungslager Treblinka weiterdeportiert.
Der zweitjüngste Bruder David Ascher (geb. 20.6.1877) wohnte in Amberg in der Oberpfalz und wurde Anfang April 1942 von München in das Getto Piaski deportiert. Julius Ascher (geb. 15.1.1880) lebte mit seiner Familie in Kassel in der Moltkestraße 5. Am 10. November 1938 wurde er in das KZ Buchenwald verbracht, wo er nur einen Monat später am 10. Dezember 1938 ums Leben kam. Seine Ehefrau Klara Ascher, geb. Goldschmidt (geb. 15.2.1887 in Waldkappel), flüchtete im März 1939 nach Utrecht, sie wurde am 11. Februar 1944 in Auschwitz ermordet. Die verheirateten Schwestern Dora Levy, geb. Ascher (geb. 10.2.1884) und Lina Karoline Stadler, geb. Ascher (geb. 28.10.1871) wurden am 15. Dezember 1941 von Hannover nach Riga deportiert. Auch sie haben nicht überlebt.
Stand: Juli 2018
© Susanne Rosendahl
Quellen: 1; 3; 4; 8; StaH 351-11 AfW 42935 (Ascher, Ruth); StaH 351-11 AfW 29693 (Gürewitsch, Rosa); StaH 351-11 AfW 2105 (Ascher, Max); StaH 332-5 Standesämter 2963 u 86/1901; StaH: 351-14 Arbeits- und Sozialfürsorge 905 (Ascher, Max); StaH: 351-14 Arbeits- und Sozialfürsorge 904 (Ascher, Adolf); StaH 522-1 Jüdische Gemeinde Nr. 992 e 2 Band 1; StaH 522-1 Jüdische Gemeinde Nr. 992 e 2 Band 4; Auskünfte von Claudia Schoppmann, Berlin, E-Mail vom 14.5.2014; http://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_ber_ot23.html (Zugriff 25.1.2015); https://kobra.bibliothek.uni-kassel.de/bitstream/urn:nbn:de:hebis:34-2013121644679/1/SchicksaleDerJudenKassels.pdf; http://mindener-juden.kommunalarchiv-minden.de (Zugriff 25.1.2015); http://mindener-einwohner.kommunalarchiv-minden.de/getperson.php?personID=I21958&tree=census-1880 (Zugriff 14.6.2016).
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".