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Friedrich Wield * 1880

Birkenau 24 (Hamburg-Nord, Uhlenhorst)


KÜNSTLERHEIM BIRKENAU 24
HIER ARBEITETE
FRIEDRICH WIELD
JG. 1880
GEDEMÜTIGT / ENTRECHTET
FLUCHT IN DEN TOD
10. JUNI 1940

Friedrich Ernst Martin Wield, geb. am 15.3.1880 in Hamburg, verstorben am 10. Juni 1940 in Hamburg

Birkenau 24, ehemals "Künstlerheim Birkenau" (Hamburg-Uhlenhorst)

Als Bildhauer durch die Nationalsozialisten ausgegrenzt, nahm sich Friedrich Wield am 10. Juni 1940 in seiner Wohnung, Ulmenau 3, 5. Stock, das Leben.

Seine letzte Bildhauerwerkstatt befand sich gegenüber der Hanseatischen Hochschule für bildende Künste (heute Hochschule für bildende Künste Hamburg), im "Künstlerheim Birkenau", Birkenau 24.

Bei der Suche nach den von den Nationalsozialisten verfolgten und von der Schule verwiesenen Schüler*innen und Lehrer*innen der Oberschule im Alstertal, des heutigen Gymnasiums Alstertal, fiel auf, dass in dem Schulgebäude am Erdkampsweg, einem Fritz-Schumacher-Bau von 1927, die Bronzeguss-Figur auf dem Marmorbrunnen im Rondel, 1. Obergeschoss, verschwunden war.
Die Figur soll die Kriegszeit überstanden haben und nicht als patriotische Metallspende für den Krieg eingeschmolzen worden sein. Ein ehemaliger Lehrer erinnerte sich, dass sie bei einem "Streich" von Schüler*innen in den 1960er Jahren abhanden gekommen sein soll. Es stellte sich nun die Frage, ob sie vielleicht noch heute zu finden sei, vielleicht irgendwo in einem Hamburger Garten.

Die Recherche führte zu dem Bildhauer Friedrich Wield, dem erschaffenden Künstler dieser Skulptur. In der Mitte des Trinkbrunnens aus rotem Marmor ragte einst eine hohe Säule gleichsam aus dem Wasser, auf der sich ein nackter Jüngling in Sitzhaltung mit gekreuzten Beinen befand, "der die Klinge seines Rapiers prüfend über dem Kopf biegt". (aus der Ansprache des bekannten Architekten Fritz Schumacher anlässlich der Trauerfeier von Friedrich Wield)

Im Nachlass von Friedrich Wield existiert nur noch ein Foto von dieser Figur, aus Gips modelliert.
Vor kurzer Zeit konnten dann noch überraschenderweise Bilder aus dem Jahre 1929 von den Fotografen Gebr. Dransfeld entdeckt werden, Fotografien von der ursprünglichen Bronzefigur an ihrem Originalstandort.

Friedrich Ernst Martin Wield war der Sohn der aus Hamburg stammenden Johanne Pauline Emilie, geb. Deest, geb. 10.3.1850, und des Tischlermeisters Christian Friedrich Wield, geb. am 20.1.1847 in Hannover. Am 14. Juni 1875 hatten sie in Hamburg geheiratet.

Der erstgeborene Sohn Paul Karl Friedrich Wield wurde am 23.5.1876 geboren. Vier Jahre später kam Friedrich Ernst Martin Wield, geb. am 15.3.1880 in Hamburg, zur Welt.

Friedrich Wield begann nach der Zeit in der Volks- und Gewerbeschule im Alter von 16 Jahren eine Bildhauerlehre bei Walter Zehle in Hamburg und wohnte bei seinen Eltern im Haupthaus in der Neustädter Neustraße 20 (heute Neustädter Straße) im 2. Stock. Anschließend begab er sich zu Studien nach Paris.

In dieser Zeit verstarb sein Vater am 15. Januar 1897, fünf Tage vor seinem fünfzigsten Geburtstag, an den Folgen eines chronischen Nierenleidens in seiner Wohnung.

Am 17. Oktober 1900 wurde Friedrich Wield an der Akademie der Bildenden Künste als Student in der "Bildhauerschule" bei Professor Wilhelm Rümann in München aufgenommen.

Seinen Bruder Paul zog es währenddessen in die Vereinigten Staaten, er war bereits 1899 schon einmal dort gewesen. Über Liverpool erreichte er am 29. Oktober 1904 auf der "Etruria" als Passagier zweiter Klasse den Einwandererhafen Ellis Island, behördlich dort registriert als Arbeiter.

1905 zog es Friedrich Wield wieder nach Paris. Dort arbeitete er in seinem eigenen Atelier in der Rue Vercingétorix; mit dem berühmten Bildhauer Rodin stand er in Kontakt. Seine Werke konnte er 1909 in der Société Nationale des Beaux-Arts ausstellen. Sicher hatte er auch eine Verbindung zu Georg Oppenheimer (später Oppens). Dieser stammte ebenfalls aus Hamburg und verkehrte unter seinem Künstlernamen "Arvatal" in den Künstlerkreisen von München, Paris und Italien. Auch Friedrich Wield unternahm in dieser Zeit eine Reise nach Italien.

Zurück in Paris wurde er als Mitglied in den Salon d’ Automne aufgenommen, seine "Krugträgerin" erhielt von dem angesehenen Bildhauer Aristide Maillols große Anerkennung und bekam dort einen Ehrenplatz. Bei Beginn des Ersten Weltkrieges musste Friedrich Wield Frankreich verlassen, er reiste in die Schweiz nach Winterthur. In den Jahren 1915 bis 1918 war er Front- und Sanitätssoldat in Russland, fertigte dabei auch Grabkreuze an.

Sein Bruder Paul, in der Zwischenzeit nach Deutschland zurückgekehrt, hatte sich bereits vor dem Ersten Weltkrieg wieder auf die Reise nach New York begeben, mit der "Patricia" am 30. August 1913 den Hamburger Hafen verlassen und New York dann am 12. September 1913 erreicht. Später erhielt er die amerikanische Staatsbürgerschaft.

Nach Kriegsende wurde Friedrich Wield 1919 Gründungsmitglied der Künstlervereinigung "Hamburgische Sezession". Die erste Ausstellung fand am 14. Dezember 1919 in der Hamburger Kunsthalle statt. Er schuf in diesem Jahr die eindrucksvollen Bronzebüsten des Malers Willy Davidson und der Schauspielerin Anni Mewes, die heute im neuen Skulpturensaal des Hamburger Museums für Kunst und Gewerbe zu betrachten sind. 1922 trat er der Hamburger Künstlerschaft und dem Deutschen Kulturbund bei.

Seine Mutter Johanne Pauline Emilie, geb. Deest, verstarb im Alter von 76 Jahren am 20. September 1923 an Altersschwäche (Marasmus senilis) im Versorgungsheim Farmsen, August-Krogmann-Straße 100 (heute eine der Gedenkstätten in Hamburg: Die Anlage mit Wohn-, Verwaltungs-, Wirtschafts- und Fabrikgebäuden war 1903 als Zweigstelle des "Werk- und Armenhauses" Barmbek errichtet worden. In der Zeit des Nationalsozialismus (1933-1945) wurden viele der dort eingewiesenen sogenannten asozialen Personen zwangssterilisiert, entmündigt oder deportiert.)

Eine tiefe Freundschaft entwickelte Friedrich Wield zu der Malerin Dorothea Maetzel-Johannsen, ebenfalls ein Sezessionsmitglied, (geb. am 6.2.1886 in Lensahn - verst. 8.2.1930 in Hamburg). Er bekam ein Atelier in der Hamburger Kunsthalle zur Verfügung gestellt. Sein Freund, der Textilfabrikant Richard Bühler aus Winterthur, unterstützte ihn als Mäzen. 1925 zog Friedrich Wield erneut nach Paris.

Etliche seiner Skulpturen aus dieser und der kommenden Zeit haben heute noch ihren Platz in der Hamburger Öffentlichkeit.

1923 – Mahnmal mit Relief "Die Kauernde", Friedhof Bergedorf, für die Opfer des Ersten Weltkriegs.
1924/1925 – Büste des Bürgermeisters von Melle, vom Zeitungsverleger Alfred Broschek der Universität Hamburg geschenkt. Heute im Eingangsfoyer des Hauptgebäudes aufgestellt.
1926 – "Die Startende", Muschelkalk, Berufliche Schule W 2, Uferstraße 9–10, Hamburg (Barmbek-Süd).
1927 – 1928 Zwei Außenskulpturen für die Hamburger Bugenhagenkirche.
vor 1928 – "Mutter mit zwei Kindern", aus Muschelkalk, im Innenhof des ehemaligen Hauptgebäudes der Frauenklinik Finkenau, heute Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW), Finkenau 35, (Uhlenhorst).
1929 – "Senatsplakette zum Gedenken an Aby Warburg", im Eingangsbereich des Planetariums.
1930 – Monumentalfigur Mutter Erde. (Zerstört.)
"der Läufer" Bronzeplakette
1939 – Affenfelsen

Zurück in Hamburg bezog Friedrich Wield nach dem Tod von Dorothea Maetzel-Johannsen im Jahre 1930 ihr Atelier in der Ulmenstraße 3 im 5. Stock. Er verfasste 1931 die Schriften: "Die Porträtbüste als Trägerin plastischer Probleme", in: Schleswig-Holsteiner Jahrbuch 1931" und "Das Bildnis – Gedanken zur Plastik in der Hamburger Illustrierte", 1935.

Die Künstlervereinigung "Hamburgische Sezession", deren Gründungsmitglied er war, sollte 1933 mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten verboten werden. Die Mitglieder, dabei auch Willy Davidson, ihr Kassenwart, kamen dem jedoch zuvor. Sie lösten den Verein auf und vertranken das verbliebene Vereinsvermögen. Das letzte Künstlerfest unter dem Motto "Himmel auf Zeit" konnte Willy Davidson nicht mehr erleben, er war wenige Wochen zuvor am 4. Februar 1933 verstorben.

In diesem Jahr sabotierte die NS-Kulturbehörde die Vollendung des von Friedrich Wields 1931 begonnenen Denkmals "Ätherwelle" für den jüdischen Physiker Heinrich Hertz (geb. 1857 in Hamburg).

Gustav Pauli, Kunsthistoriker und Museumsdirektor in Bremen und Hamburg (geb. 2.2.1866 in Bremen, verst. 8.7.1938 in München), verschaffte ihm noch ein Stipendium in Paris.1935 reiste Friedrich Wield dann für einige Zeit nach Sizilien. Zurückgekehrt nach Hamburg, übernahm er eine Lehrtätigkeit an der Volkshochschule und boykottierte Aufträge der Heeresverwaltung sowie Alternativ-Entwürfe für das geplante Ersatzrelief von Ernst Barlach.

In der Folgezeit erhielt er keine staatlichen Aufträge mehr. Für sein Atelier im Keller der Kunsthalle konnte er die willkürlich übertriebenen Mieterhöhungen kaum bezahlen. Er wurde gesellschaftlich kalt gestellt, zumal er auch weiter für jüdische Auftraggeber gearbeitet hatte. Im Jahre 1936 wurde ihm das Atelier in der Hamburger Kunsthalle gekündigt.

Er bezog daraufhin das "Künstlerheim Birkenau" gegenüber der Hanseatischen Hochschule für bildende Künste (heute Hochschule für bildende Künste Hamburg), ganz in der Nähe seiner Wohnung Uferstraße. (Auf Wunsch des Architekten Eduard Hallier (1836-1889) war auf dem vom Hohen Senat unentgeltlich gestellten Platz an der Birkenau ein Haus errichtet worden, dessen Ateliers ab August 1903 gegen ein geringes Entgelt in erster Linie Hamburger Künstlern zur Verfügung gestellt wurden. Nach der Satzungsänderung am 3. Februar 1933 § 2 Abs. 2 durften die Ateliers dann nur noch an "deutsche Volksgenossen arischer Abstammung" vermietet werden und zugleich wurde dem Künstlerverein die bisherige Mitverwaltung entzogen. Alleiniger Verwalter blieb Dr. jur. Eduard Hallier, Sohn des Stifters (1866-1959). Später, bei den Bombenangriffen Ende Juli 1943, wurde das Künstlerheim zerstört und nicht wieder aufgebaut.)

Ein guter Freund in seiner letzten Zeit war der Journalist und Schriftsteller Hugo Sieker, leitender Redakteur des Feuilletons beim Hamburger Anzeiger und der Hamburger Freien Presse sowie Kurator des Ernst-Barlach-Hauses.
In einem an ihn gerichteten Abschiedsbrief vom 31. Mai 1940 lässt Friedrich Wield Einblick gewähren in seine Gedankenwelt, seinen Seelenzustand:

"Hamburg, am 31. Mai 1940
Lieber Herr Sieker! Seit einigen Tagen beschäftige ich mich damit, abschließende Unterhaltungen mit meinen wenigen Freunden zu führen. Da diese nun teils in anderen Städten, Ländern oder Kontinenten wohnen, muß ich dies schriftlich und einseitig machen und einmal so schön im Zug erhalten auch Sie, obwohl in Hamburg, ein paar aufklärende Worte über ein Vorgehen, das vielen als Schwäche oder höchste Unvernunft erscheinen wird.
Ich beabsichtige in diesen Tagen Dauerurlaub vom Leben zu nehmen und mißverkenne nicht daß es manchem als Unvernunft erscheinen mag, daß einer das, was er in mehr als vierzig Jahren aufgebaut hat unter Verzicht auf das Behagen des Lebens, in unablässiger teilweise harter Arbeit – die aber immer mit einer freudigen Fröhlichkeit getan wurde – durch den Druck auf den Abzugshahn in einem Moment vernichtet.
Und dennoch glaube ich, liegt in dieser scheinbaren Unvernunft Vernunft, wenn man sich einmal darüber klar werden wollte, wie außerordentlich töricht es wäre, nicht rechtzeitig vom Tisch des Lebens aufzustehen und sich immer mehr einem langsamen Abbröckeln, einem immer kläglicher werdenden Vegetieren, einem langsamen Zermürbenlassen aussetzen wollte.
Da ich es als aussichtslos erkannt habe, in dem Sinn arbeiten zu können, in dem ich mich erzogen, ziehe ich es vor, in voller körperlicher und geistiger Spannkraft vom Tisch des Lebens aufzustehen und wegzugehen. Ich habe mein Leben in meine strengen Hände genommen und bringe es zum Opfer, um es nicht zu demütigen.
Wäre ich wirtschaftlich unabhängig, dann würde ich ohne Zweifel mit derselben Freudigkeit und Unbekümmertheit wie in den letzten neun Monaten bis an meinen infolge meiner strahlenden Gesundheit wohl erst in zwanzig Jahren eintretenden natürlichen Tod an der Erweiterung meiner plastischen Erkenntnisse gearbeitet haben.
Denn sehen Sie, meine Begabung liegt ja gar nicht auf dem Felde des mehr oder minder gewerblichen Ausnutzens eines einmal erlernten Handwerks. Sie liegt vielmehr auf dem eines angeborenen, fast Instinkt gebliebenen plastischen Wollens. Ich erinnere mich noch von der Akademie in München her, wie mein guter Prof. W. v. Ruemann einmal staunte, daß eine Arbeit, die ich als sein Meisterschüler machte, soviel Stil habe. Damals war mir der Begriff Stil durchaus unklar, er lag mir aber im Blute. Und dieses plastische Wollen läßt mich manchmal Dinge schaffen, die außerhalb der allgemein angenommenen Anschauung liegen. Diese Begabung ist aber der stärkere und verlockendere Teil in mir, der Teil, der mich von der Routine, dem Wiederholen bewahrt hat und mir offen gesagt die schönsten Stunden meines Lebens beschert hat. Sie läßt sich gar nicht unterdrücken und ist letztendig ja auch unendlich viel wesentlicher für den kulturellen Stand eines Landes als das angewandte Ableiern einer wenn auch noch so hoch entwickelten Geschicklichkeit und Anpassungsfähigkeit.
Meine Begabung aufgeben hieße den Sinn meines Lebens widerrufen, denn der Sinn meines Lebens war meine Art zu arbeiten, aufzufassen, darzustellen. Ich habe die Arbeit immer um des Schaffens wegen geliebt, und sie war das einzige, das mich jenes Aufwallen einer inneren, den ganzen Menschen erfüllenden und überstrahlenden Heiterkeit empfinden ließ, das man wohl als Glücksgefühl bezeichnen kann.
Nun aber bin ich am Ende meiner Mittel. Um Leben zu können, müßte ich nicht nur meine Art zu arbeiten ändern, sondern vor allem auch meinen inneren Menschen, der seit vierzig Jahren in nie mißbrauchter Freiheit gewohnt ist, an seiner Veredelung zu arbeiten, ganz umstellen. Dazu aber müßte man stärkere Bindungen als ich an die allmählich langweilig gewordene ewige Wiederholung des täglichen Lebens haben."

In dem Gedenkbuch dieses seines Freundes Hugo Sieker ist ein letztes Foto von Friedrich Wield enthalten, aufgenommen am Abend vor seinem Tode.

Am 10. Juni 1940 nahm sich Friedrich Wield sein Leben, er erschoss sich in seiner Wohnung, Ulmenau 3, 5. Stock.

Friedrich Wield hatte seine Freundin und Kunsthändlerin Lore Kegel (geb. 9.10.1901 in Düsseldorf, verst. am 15.11.1980 in Hamburg) zu seiner Alleinerbin und Nachlassverwalterin bestimmt. Diese Aufgabe übernahm nach ihrem Tod ihr Sohn Boris Kegel-Konietzko (geb. 8.2.1925 Hamburg, verst. am 3.10.2020 in Hamburg).

Sie veranlasste die Bestattung von Friedrich Wield im elterlichen Grab und ließ sein Werk von 1938/39, das Relief die "Kreuzigung" aus Obernkirchener Sandstein, dort aufstellen, Grablage G 19, Nr. 378/379. Bei seiner Trauerfeier in Kapelle 3 hielt der ihm sehr verbundene Architekt Fritz Schumacher eine Ansprache, in der er auch auf einzelne Werke Wields einging. So sagte er unter anderem:
..."Hamburg aber konnte ihm in jenen Leidensjahren nur ab und an in Verbindung mit seinen öffentlichen Bauten zu derartigen Arbeiten Gelegenheit geben. Sie sind wenig bekannt geworden, aber ich glaube, wer ihnen zufällig begegnet, der wird, auch ohne ihren Schöpfer zu kennen, aufmerksam. Er wird aufmerken, wenn er etwa die Mutter mit den beiden Kindern am Arzthaus des Instituts für Geburtshilfe (ehemalige Frauenklinik Finkenau) sieht oder wenn er der überlebensgroßen Mädchengestalt begegnet, die, am Boden kauernd, im Begriff ist, sich zu erheben (vor der Gewerbeschule an der Uferstraße), oder dem bronzenen Jüngling auf dem Brunnen einer höheren Schule (Gymnasium Alstertal), der die Klinge seines Rapiers prüfend über dem Kopfe biegt.”

1943 wurde die Ulmenstraße 3 von Bomben getroffen. Lore Kegel hatte noch Wields Werke aus ihrem brennenden Haus retten können und versuchte sie auch weiterhin zu erhalten.
Manche Auseinandersetzung über den Verbleib seiner Werke hatte sie danach zu bestehen.

Für das Bassin in Planten und Blomen war 1935 der Auftrag für vier Tierskulpturen von der Hamburger-Zoogesellschaft, Rechtsvorgängerin des Parks, an vier namhafte Künstler vergeben worden. Es entstanden große Figuren aus Kalk-Tuffstein: ein Walross von Friedrich Wield, ein Seelöwe von Karl Opfermann und je ein Eisbär von Hans Martin Ruwoldt und Ludwig Kunstmann (1877-1961). Alle Künstler waren Mitglieder der Hamburgischen Sezession, Ludwig Kunstmann nur für ein Jahr.

Bei der Umgestaltung für die Gartenbau-Ausstellung in Planten und Blomen im Jahre 1953 wurde den verbliebenen Künstlern mitgeteilt, dass die Tierplastiken dort entfernt werden sollten. Es wurde eine übereinstimmende Entscheidung über einen neuen Platz getroffen, es sollte ein Kinderspielplatz sein. Doch dort kamen sie nie an und waren zunächst unauffindbar.
Nur über das Schicksal von Friedrich Wields Walross-Skulptur bestand bald Gewissheit: Es wurde mit Pressluftbohrern zerstört und die zerkleinerten Steine für einen Gartenweg verwendet. Später wurden die drei anderen Tierfiguren auf dem Hinterhof eines Fuhrunternehmens in der Pappelallee gefunden. Sie waren dem Fuhrunternehmer als Lohn für den Abtransport überlassen worden. Durch Verhandlung konnte erreicht werde, dass sie dann doch noch im Stadtpark aufgestellt wurden.

Über die Zerstörung des Walrosses behauptete die Verwaltung Planten und Blomen, die Figur hätte Bombenschäden erlitten und sei zu beschädigt gewesen, um einen Transport zu überstehen. Das war unglaubwürdig, denn in diesem Falle hätte ja eine Reparatur erfolgen können. Die Zerstörung des Werkes hätte nur mit Zustimmung der Nachlassverwalterin erfolgen dürfen. Lore Konietzko-Kegel sah es als einen Bruch des Urheberrechts an. Sie sah das Andenken Wields mit seiner großen künstlerischen Bedeutung beschädigt und darin eine Herabminderung des Wertes seiner 30 verbliebenen Plastiken, die sich in ihrem Besitz befanden.
Sie erinnerte sich: "Der Wut der Flammen und der Ablehnung und Unkenntnis behördlicher und fachlicher Instanzen gegenüber versagten meine Kräfte und Fähigkeiten.”

Das gussfertige Gipsmodell der "Ätherwelle" von Friedrich Wield wurde erst über 50 Jahre später im Keller der Hamburger Kunsthalle wiederentdeckt und im Auftrag der Kulturbehörde daraus ein Bronzeguss geschaffen, der zunächst 1994 im Eichpark seinen Platz fand.
2015 wurde auf die Initiative von Henrik Hertz, einem Nachkommen von Heinrich Hertz, und Boris Kegel-Konietzko beschlossen, die "Ätherwelle" an den ursprünglich angedachten Standort zu versetzen. Die Firma Arnold Hertz & Co machte es möglich, seit 2016 steht die Skulptur vor dem NDR-Funkhaus an der Rothenbaumchaussee.

Im Gedenken an den herausragenden Bildhauer und Menschen Friedrich Wield sollte sich auch die Suche nach dem Verbleib der verschwundenen Bronzestatue des Jünglings weiter anschließen. Die dazugehörige Säule befindet sich im Schulkeller. Wie oben erwähnt, ist überliefert, dass sich die Brunnenfigur noch bis in die 1960er Jahre hinein auf dem Brunnen befunden haben soll und nach einem "Schülerscherz" dort verschwunden sein soll.
Vielleicht gelingt es ja über ehemalige Schüler*innen der Abschlussklassen aus dieser Zeit sie ausfindig zu machen.

Stand: Januar 2024
© Margot Löhr

Quellen: StaH 131-1 II_2008, StaH 231-9_B 178, Künstlerheim-Hallier-Stiftung; StaH 332-3 Zivilstandsaufsicht, Heiratsregister, B 70 Nr. 1404/1875; StaH Standesämter, Geburtsregister, 1882 u. 2463/1876 Paul Wield, 1976 u. 1378/1880 Friedrich Wield; StaH 332-5 Standesämter, Sterberegister, 7906 u. 85/1897 Christian Friedrich Wield, 7032 u. 941/1923 Johanne Pauline Emilie Wield, 7239 u.762/1940 Friedrich Wield; StaH 351-8_B 129 Künstlerheim Hallier-Stiftung; StaH 352-5 Todesbescheinigungen, Sta 3 Nr. 85/1897 Christian Friedrich Wield; Sta 21a Nr. 941/1923 Johanne Pauline Emilie Wield, Sta 6 Nr. 762/1940 Friedrich Wield; StaH 363-2 Senatskommission für die Kunstpflege, Eb 365 Wield, F. (Bildhauer); StaH 621-2 Bauarchive/ 27 Fritz Schumacher, Oberbaudirektor; StaH 720-1/388 Firmen und Familienarchive — 23 Bauarchiv Schumacher, Fritz, 1910-1933 (Bestand); StaH Fotoarchiv 720-1/343-1_01404_24; StaH 731-8 Zeitungsausschnittsammlung, A 773 Wield, Friedrich Ernst; Hamburger Adressbücher 1880-1943; Hugo Sieker: Bildhauer Wield 1880–1940. Ein Gedenkbuch. Hans Christians, Hamburg 1975. Mit einem Geleitwort von Erich Lüth. Roland Jaeger und Cornelius Steckner: Zinnober Kunstszene Hamburg von 1919 bis 1933. Szene, Hamburg 1983; Maike Bruhns: Kunst in der Krise. Band 2: Künstlerlexikon Hamburg 1933–1945, Hamburg 2001; https://gedenkstaetten-in-hamburg.de/gedenkstaetten/zeige/blaue-tafel-zum-pflegeheim-farmsen; https://www.ndr.de/der_ndr/unternehmen/chronik/Die-Aetherwelle-Erinnerung-an-den-Physiker-Heinrich-Hertz,aetherwelle100.html, eingesehen am 1.7.2020; http://www.hamburgerpersoenlichkeiten.de/hamburgerpersoenlichkeiten/member_file_uploads/helper.asp?id=3370; https://www.kultur-online.net/inhalt/der-sammler-richard-bühler; http://daten.digitale-sammlungen.de/~db/bsb00004662/images/index.html?
id=00004662&fip=217.237.113.238&no=&seite=220; https://sh-kunst.de/kuenstler/wield-friedrich/; https://blog.sub.uni-hamburg.de/?p=18732, Photos Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky are licensed under a Creative Commons Attribution ShareAlike 4.0 International License; StaH https://www.bildindex.de/document/obj32037207?medium=mi11227a13, eingesehen am 17.1.2022.

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