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Arno Pump * 1934

Im Tale 37 (Hamburg-Nord, Eppendorf)


HIER WOHNTE
ARNO PUMP
JG. 1934
EINGEWIESEN 1939
ALSTERDORFER ANSTALTEN
"VERLEGT" 7.8.1943
HEILANSTALT EICHBERG
ERMORDET 15.10.1943

Arno Pump, geb. 28.6.1934 in Hamburg, aufgenommen in den damaligen Alsterdorfer Anstalten (heute: Evangelische Stiftung Alsterdorf) am 10.8.1939, verlegt am 7.8.1943 in die Landesheilanstalt Eichberg im Rheingau, dort gestorben am 15.10.1943

Im Tale 37 (Eppendorf)

Arno Pump war der Sohn des Bauarbeiters Hermann Henri Pump, geboren am 24. August 1901 in Hamburg, und seiner Ehefrau Helene Gertrud, geborene Schneider, geboren am 8. Dezember 1904 in Hamburg. Das Ehepaar hatte am 26. Juli 1924 geheiratet.

Arno Pumps Geburt verlief mit Komplikationen. Er war das zweitjüngste von neun Kindern. Die beiden Erstgeborenen (Zwillinge) waren mit 15 Monaten an Lungenentzündung gestorben. Die Mutter versorgte laut der Hamburger Sozialbehörde die Kinder gut, der Vater war zeitweise beruflich abwesend.

Arno Pump lernte mit zweieinhalb Jahren zu gehen, mit vier Jahren zu sprechen. 1939, bei seiner Aufnahme in den damaligen Alsterdorfer Anstalten (heute: Evangelische Stiftung Alsterdorf) beschrieb das Personal ihn als klein und schwächlich. Aufgrund einer Beckenanomalie war sein linkes Bein verkürzt, so dass er es beim Gehen nachziehen musste.

Sein Aufenthalt in den Alsterdorfer Anstalten war zunächst nur als vorübergehend geplant, um seiner Mutter einen vierzehntägigen Erholungsaufenthalt zu ermöglichen, wurde dann aber zum Dauerzustand. Bei der Aufnahme machte der fünfjährige Arno Pump, wie in seiner Patientenakte vermerkt ist, einen freundlichen Eindruck, ließ sich willig untersuchen und das Personal konnte sich gut mit ihm verständigen. Seine Sprache beurteilte es jedoch als schwer verständlich. Außerdem diagnostizierte es eine geistige Behinderung.

1941 und 1942 hielten Vermerke über Arno Pump fest, er könne allein essen, habe einen guten Appetit und verrichte kleine Hilfeleistungen. Er sei aufgeweckt und im Allgemeinen lebhaft, zeige für alles Interesse, spiele gern mit seinen Mitpatienten, sei verträglich und anhänglich, allerdings hinsichtlich der Körperpflege unselbständig.

Während der schweren Luftangriffe auf Hamburg im Juli/August 1943 ("Operation Gomorrha") erlitten auch die Alsterdorfer Anstalten Bombenschäden. Der Anstaltsleiter und SA-Mitglied, Pastor Friedrich Lensch, nutzte die Gelegenheit, nach Rücksprache mit der Gesundheitsbehörde einen Teil der Bewohnerinnen und Bewohner, die als "arbeitsschwach, pflegeaufwendig oder als besonders schwierig" galten, in andere Heil- und Pflegeanstalten zu verlegen. Mit drei Transporten zwischen dem 7. und dem 16. August 1943 wurden insgesamt 468 Mädchen und Frauen, Jungen und Männer in die "Heil- und Pflegeanstalt Mainkofen" bei Passau, in die "Wagner von Jauregg-Heil- und Pflegeanstalt der Stadt Wien" in Wien sowie in einem verbundenen Transport in die "Landesheilanstalt Eichberg" in der Nähe von Wiesbaden und die "Heil- und Pflegeanstalt Kalmenhof" in Idstein im Rheingau verlegt.

Dem zunächst verbundenen Transport am 7. August 1943 waren 128 Mädchen und Frauen, Jungen und Männer zugewiesen worden. 76 Jungen, Mädchen, Frauen und Männer waren für die "Landesheilanstalt Eichberg" und 52 Jungen für die "Heil- und Pflegeanstalt Kalmenhof" in Idstein bestimmt. Arno Pump gehörte zu denen, die am 7. August 1943 in die "Landesheilanstalt Eichberg" gebracht wurden. Die letzte Eintragung in seiner Alsterdorfer Krankenakte datiert vom 6. August 1943 und lautet: "Verlegt, da die Alsterdorfer Anstalten zerstört sind."

Die damalige "Landesheilanstalt Eichberg" hatte in der "Aktion-T4" (Tarnbezeichnung für das "Euthanasie"-Programm der Nationalsozialisten, so genannt nach dem Sitz der Berliner Euthanasiezentrale in der Tiergartenstraße 4) als Zwischenanstalt für die Tötungsanstalt Hadamar gedient. Nach dem offiziellen Stopp des "Euthanasie-Programms" im August 1941 wurde in Eichberg (wie in den anderen Zwischenanstalten) weiter gemordet, und zwar durch systematische Unterernährung und überdosierte Medikamente in Verbindung mit pflegerischer Vernachlässigung.

Zwanzig der Kinder aus Alsterdorf wurden sofort in die dort seit 1941 bestehende "Kinderfachabteilung" gebracht. Der Begriff "Kinderfachabteilung" wurde im nationalsozialistischen Deutschen Reich als beschönigende Bezeichnung für besondere Einrichtungen der Psychiatrie in Krankenhäusern sowie in Heil- und Pflegeanstalten verwendet, die der "Kinder-Euthanasie" dienten, also der Forschung an und Tötung von Kindern und Jugendlichen, die körperlich oder geistig als schwer behindert eingestuft worden waren.

Bis Oktober 1943 starben 30 der aus Hamburg nach Eichberg verlegten Jungen und Männer.

Arno Pump lebte nur noch neun Wochen in Eichberg. Er starb dort am 15. Oktober 1943.

Aus den damaligen Alsterdorfer Anstalten sind im Nationalsozialismus insgesamt 630 behinderte Kinder, Frauen und Männer in Zwischenanstalten oder direkt in Tötungsanstalten der "Euthanasie" abtransportiert worden. Von diesen Menschen sind – so der Kenntnisstand von 2016 – 511 getötet worden.

Stand: Juli 2021
© Ingo Wille

Quellen: StaH 332-5 Standesämter 13501 Geburtsregister Nr. 1155/1901 Hermann Henri Pump, 6629 Heiratsregister Nr. 429/1920 Hermann Henri Pump/Helene Gertrud Schneider; Evangelische Stiftung Alsterdorf Archiv Sonderakte Nr. V 24 Arno Pump; Standesamt Erbach Rheingau Nr. 659/1943 Sterberegistereintrag Arno Pump; Michael Wunder/Ingrid Genkel/Harald Jenner, Auf dieser schiefen Ebene gibt es kein Halten mehr. Die Alsterdorfer Anstalten im Nationalsozialismus, Stuttgart 2016, S. 35, 283 ff.

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