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Bereits verlegte Stolpersteine



Passfoto Fritz Weinstein
Passfoto Fritz Weinstein
© Stadtarchiv Eschwege

Fritz Weinstein * 1869

Innocentiastraße 37 (Eimsbüttel, Harvestehude)

1942 Theresienstadt
1942 weiterdeportiert nach Treblinka

Weitere Stolpersteine in Innocentiastraße 37:
Prof. Friedrich Adler, Zerline Adler, Kaethe (Käte) Pincus, Martin Pincus, Abraham Sarfaty, Franziska Sarfaty, Joseph Sarfaty, Rosa Sarfaty, Israel Abraham Sarfaty, Annette Sarfaty, Ruth Klara Sarfaty, Benjamin Sarfaty, Henriette M. Schmid, Gertrud Weinstein

Fritz Weinstein, geb. 28.1.1869 in Wommen, deportiert 19.7.1942 nach Theresienstadt, weiterdeportiert am 21.9.1942 nach Treblinka

Innocentiastraße 37 (Harvestehude)

Fritz (Peres) Weinstein, Sohn von Victor Weinstein (1833–1900) und Gertrud (Geldchen) Weinstein, geb. Rothschild (1839–1901), war 1869 im nordhessischen Wommen bei Eschwege geboren worden. Die Eltern waren nur wenig später in den Nachbarort Nesselröden gezogen, wo sie ein Gasthaus erwarben und es bis zum Verkauf 1882/83 auch selbst betrieben, danach kauften sie ein Fachwerkhaus im Ort, das sie bewohnten. Fritz Weinsteins Eltern wurden 1900 und 1901 auf dem Jüdischen Friedhof in Herleshausen beigesetzt.

Fritz Weinstein verzog zur Lehre nach Waltershausen, heiratete Sarah, geb. Cramer und konnte später das Konfektionsgeschäft für Damen und Herren (Waltershausen, Bremerstraße 4), in dem er gelernt hatte, als Firmeninhaber übernehmen. Seine Ehefrau verstarb 1932, seine Tochter Gertrud 1933. Nach massiven vom NS-Regime gesteuerten Boykotten musste Fritz Weinstein für sein Konfektionsgeschäft 1934/35 Konkurs anmelden. Seinen beiden Enkeltöchtern konnte er noch die Emigration nach Palästina
ermöglichen.

Der wirtschaftlichen Existenz beraubt, zog Fritz Weinstein 1936 nach Gotha, wo er in der Friedrichstraße 19 wohnte; Hauseigentümer war der jüdische Porzellanfabrikant Julius Simon. Im Spätsommer 1937 wechselte Fritz Weinstein von Gotha nach Hamburg.

Auf seiner von 1937 bis 1940 geführten Kultussteuerkarteikarte bei der Jüdischen Gemeinde Hamburg wurden als Wohnadressen ab 19.9.1937 die Schäferkampsallee 49 bei Witwe Gertrud Hirschfeldt, und ab 6.8.1941 die Innocentiastraße 37 vermerkt. Bei der letzten Adresse handelte es sich um eine ehemalige Villa, die zu einer Synagoge der Portugiesisch-Jüdischen Gemeinde Hamburg umgebaut und am 14. März 1935 eingeweiht worden war. Das Gebäude wurde vom NS-Regime zu einem "Judenhaus" erklärt und als Sammelquartier zur Vorbereitung der Deportationen genutzt.

Fritz Weinstein und Gertrud Hirschfeldt, geb. Samuel (geb. 7.10.1884 in Trebbin/ Brandenburg) heirateten im September 1937 in Hamburg. Die Eheleute gehörten in Hamburg dem orthodoxen Synagogenverband an, dem größten der drei Hamburger Kultusverbände. Das Textilgeschäft Franz Hirschfeldt, das 1910 von Gertruds erstem Ehemann gegründet worden war, wurde letztmalig im Hamburger Adressbuch von 1938 aufgeführtund höchstwahrscheinlich im Zuge der nationalsozialistischen Existenzvernichtungspolitik jüdischer Gewerbetreibender geschlossen. Die Durchführungsverordnung der "Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben" vom 23. November 1938 legte fest: "Einzelhandelsverkaufsstellen, Versandgeschäfte oder Bestellkontore von Juden sind grundsätzlich aufzulösen und abzuwickeln." Damit wurde Ehepaar Weinstein die Grundlage für regelmäßige Einnahmen entzogen.

In der Folgezeit mussten Fritz und Gertrud Weinstein von ihrem Ersparten leben und vermutlich Teile ihres Hausrates verkaufen, um Miete und Lebensunterhalt bestreiten zu können. Ab September 1939 waren sie verpflichtet, in gesonderten Geschäften für Juden einzukaufen.

Fritz‘ Schwester Jeanette "Nettchen" Weinstein (geb. 4.7.1871 in Nesselröden) zog im März 1939 zu ihm nach Hamburg und bereitsim Mai 1939 weiter nach Kassel in die Hedwigstraße 9. Von Kassel wurde sie am 7. September 1942 in das Getto Theresienstadt deportiert, wo sie am 25. Februar 1943 starb.

Fritz und Gertrud Weinstein wurden am 19. Juli 1942 ins Getto Theresienstadt und am 21. September 1942 weiter ins Vernichtungslager Treblinka deportiert, wo sie zeitnah ermordet wurden, ihr konkreter Todeszeitpunkt ist nicht bekannt.

Für Fritz Weinstein wurde 2014 in Waltershausen ein Stolperstein verlegt. Seit 2003 erinnert ein Stolperstein in Hamburg an ihn und seine zweite Ehefrau Gertrud.


Stand: Juli 2018
© Björn Eggert

Quellen: 1; 4; 5; Staatsarchiv Hamburg (StaH) 522-1 (Jüdische Gemeinden), 992b (Kultussteuerkartei der Deutsch-Israelitischen Gemeinde Hamburg), Fritz Weinstein; Stadtarchiv Eschwege (Ausweis von Fritz Weinstein mit Passbild, ausgestellt 10.1.1939 in Hamburg); Stadtarchiv Gera (Adressbuch 1937, Angaben zum Vermieter); Arbeitskreis "Stolpersteine" im Werratalverein (Angaben Jüd. Friedhof Herleshausen, Gräber Weinstein 2.6 und 3.1); Der Südringgau, Wochenzeitung der Gemeinde Herleshausen, Stolpersteine in Nesselröden Teil 7 Familie Weinstein, 4.2.2016; Friedrich Detlev Hardegen (Hrsg.), Hingesehen – Weggeschaut, Die Novemberpogrome 1938 in Augenzeugenberichten, Stettin 2013, S. 156, 159 (Gesetze);www.tracingthepast.org (Volkszählung Mai 1939), Fritz Weinstein, Gertrud Weinstein, Jeanette Weinstein(eingesehen 4.4.2017).
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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