Namen, Orte und Biografien suchen


Bereits verlegte Stolpersteine



Paul Stiefel * 1893

Wandsbeker Stieg 41 (Hamburg-Nord, Hohenfelde)


HIER WOHNTE
PAUL STIEFEL
JG. 1893
DEPORTIERT 1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Weitere Stolpersteine in Wandsbeker Stieg 41:
Adele Mayer

Paul Benjamin Stiefel, geb. am 14.6.1893 in Abterode, am 22.10.1936 in die Niederlande geflohen, von Amsterdam am 26.1.1943 in das KZ Herzogenbusch und von dort am 14.9.1943 in das polizeiliche "Durchgangslager" Westerbork verbracht, am 21.9.1943 in das KZ und Vernichtungslager Auschwitz deportiert, am 24.9.1943 ermordet

Wandsbeker Stieg 41 (früher: Wandsbeker Stieg 43)

Paul Benjamin Stiefel kam am 14. Juni 1893 in der ehemaligen Bergarbeitersiedlung Abterode bei Kassel zur Welt. Seine Eltern waren Hirsch Stiefel und Johanna, geborene Moses, und er hatte noch drei Geschwister: Betty, die Älteste, kam 1885 auf die Welt, Abraham 1889 und Isaak, der sich als Erwachsener Julius nennen ließ, 1895.

Abraham Stiefel verließ später Abterode und zog in die nahe gelegene Kleinstadt Eschwege. Er kam am 28. Dezember 1916 als Soldat des 7. Reserveinfanterieregiments 257 im Ersten Weltkrieg ums Leben. Da war er erst 27 Jahre alt. Nur zwei Jahre später, 1918, starb Paul Stiefels Mutter Johanna und sein Vater heiratete erneut. Die zweite Frau hieß Rosa Seelig. Sie stammte ebenfalls aus Abterode und war dort am 14. März 1880 zur Welt gekommen. 1932 starb Hirsch Stiefel im Alter von 74 Jahren.

Paul Stiefel hatte Kaufmann gelernt und zog nach Hamburg. Dort lebte er zunächst in der Oberaltenallee 9, im September 1935 zog er in den Wandsbeker Stieg 43, wo er im III. Stock bei einem "Frl. Baumann, Kleinrentnerin" zur Untermiete wohnte. Auch wurde er Mitglied der jüdischen Gemeinde. Auf seiner Kultussteurkarte ist zudem vermerkt, dass er geschieden war. Ein Jahr später, Ende Oktober 1936, floh er vor den antisemitischen Verfolgungen und Schikanen der Nationalsozialisten aus Hamburg nach Amsterdam. Hier wohnte er zunächst mitten in der Stadt, in der Wolvenstraat 7.

Die Flucht aus Deutschland rettete ihn aber nicht vor weiterer Verfolgung. Am 10. Mai 1940 besetzte die deutsche Wehrmacht die Niederlande. Viele Jüdinnen und Juden reagierten verängstigt, manche panisch. Das galt vor allem für jene, die seit 1933 aus dem Deutschen Reich vor den Nationalsozialisten in die Niederlande geflohen waren – so wie Paul Stiefel. Zunächst änderte sich zu ihrer Erleichterung zwar kaum etwas und sie kehrten zum Alltag zurück.

Die Ruhe war jedoch trügerisch. Nach dem "Februarstreik" 1941, einem Generalstreik in Amsterdam und einigen anderen Städten gegen die deutschen Besatzer, griffen diese hart durch. Von nun an wurden Jüdinnen und Juden auch in den Niederlanden zunehmend entrechtet, gesellschaftlich isoliert und wirtschaftlich ausgebeutet. Ab Mai 1942 mussten sie den gelben Stern mit dem Wort "Jood" (Jude) in der Öffentlichkeit tragen. Im Juni des Jahres zog Paul Stiefel in Amsterdam in die Nieuwe Kerkstraat 106. Kurz darauf, Anfang Juli, begannen die ersten Deportationen. Zunächst blieb er davon verschont und konnte im Januar 1943 noch innerhalb seiner Straße in das Haus Nummer 119 ziehen. Doch wenige Tage später, am 26. Januar 1943, wurde er verhaftet und in das KZ Herzogenbusch (niederländisch Kamp Vught) im Süden der Niederlande verbracht. Es stand als einziges der Konzentrationslager außerhalb des Deutschen Reiches unter Aufsicht des SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamtes. Wer dort interniert war, musste in mehreren Außenkommandos Schwerstarbeit leisten.

Am 14. September 1943 wurde Paul Stiefel aus dem KZ Herzogenbusch in das "polizeiliche Durchgangslager" Westerbork gebracht und eine Woche später, am 21. September 1943, in das KZ und Vernichtungslager Auschwitz. Dort wurde er drei Tage später ermordet. Er war 50 Jahre alt.

Stand: Mai 2016
© Frauke Steinhäuser

Quellen: 1; 4; 5; 8; Hamburger Adressbücher; E-Mail-Auskunft von José Martin, Kamp Westerbork, vom 28.8.2013; E-Mail-Auskunft von Dr. Heinrich Nuhn, Jüdisches Museum in der ehemaligen Mikwe, Rothenburg/Fulda vom 7.4.2015; "Paul Benjamin Stiefel", auf: Joodsmonument. Digital Monument to the Jewish Community in the Netherlands, www.joodsmonument.nl/person/477790/en (letzter Zugriff 12.2.2015); www.alemannia-judaica.de/abterode_synagoge.htm (letzter Zugriff 1.4.2015); http://denkmalprojekt.org/Verlustlisten/rjf_orte_e-f_wk1.htm (letzter Zugriff 1.4.2015); "Paul Stiefel", stadsarchief Amsterdam, Archiefkaarten van Persoonskaarten, NL-SAA-4057849, PDF-Download von http://stadsarchief.amsterdam.nl/archieven/archiefbank/indexen/archiefkaarten/zoek/index.nl.html (letzter Zugriff 20.3.2015); Katja Happe, Die Judenverfolgung in den Niederlanden 1940-45, www.uni-muenster.de/NiederlandeNet/nl-wissen/geschichte/vertiefung/judenverfolgung/beginn.html (letzter Zugriff 12.2.2015)
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

druckansicht  / Seitenanfang