Namen, Orte und Biografien suchen


Bereits verlegte Stolpersteine



Hedwig Weiss, geb. Seckel (r) mit ihrer Schwester Jane
© Tony Graham

Hedwig Weiss (geborene Seckel) * 1877

Eppendorfer Baum 10 (Eimsbüttel, Harvestehude)


HIER WOHNTE
HEDWIG WEISS
GEB. SECKEL
JG. 1877
DEPORTIERT 1941
ERMORDET IN
RIGA

Weitere Stolpersteine in Eppendorfer Baum 10:
Hans Beer, Heinz Beer, Margot Beer, Fanny Berlin, Thekla Bornstein, Paula Gans, Richard Gans, Olga Wolf, Dan Wolf

Hedwig Weiss, geb. Seckel, geb. 15.2.1877 in Braunschweig, am 6.12.1941 deportiert nach Riga

Hedwig Weiss war die zweite Frau des Witwers Alois Weiss. Sein Sohn Rudolf, den er mit in die Ehe brachte, starb als junger Mann noch vor seinem Vater. Hedwig Weiss schenkte zwei Töchtern das Leben: Marie, geboren 1907, und Edith geboren 1912.

Die Ehe der Tochter Marie, sie hieß jetzt Marie Burghardt, wurde geschieden. Marie lebte in den 1930er Jahren mit ihren Kindern Susanne und Hans bei ihren Eltern in der Isestraße 61, später in der Oderfelder Straße.

Susanne erinnert sich noch gut an ihre Großmutter Hedwig, bei der sie acht Jahre lang wohnte. Alois Weiss besaß mit seiner Frau als Gesellschafterin eine erfolgreiche Firma, die chinesische und japanische Kunstgegenstände, zum Beispiel Vasen und Ornamente aus Metall importierte und verkaufte.

Alois Weiss starb am 22. Februar 1937 in seiner Wohnung in der Oderfelder Straße. Die Familie wohnte zu diesem Zeitpunkt also schon nicht mehr in der Isestraße. Bereits zwei Wochen später ist auf der Karte der Kultussteuerkartei die Adresse Eppendorfer Baum 10 angegeben.

Nach dem Tod ihres Mannes führte Hedwig Weiss das Geschäft, das sie über 25 Jahre lang gemeinsam geleitet hatten, in verringertem Umfang als selbstständige Kauffrau mit einigen Angestellten in voller Verantwortung weiter. Am 20. Januar 1939 musste sie die Firma "Alois Weiss Nfl." verkaufen. Der Käufer Christian Jacobs behielt den alten Firmennamen bei. Schon vor dieser "Arisierung" war das Vermögen von Hedwig Weiss unter "Sicherheitsanordnung" gestellt worden.

Anfang 1939 reisten die Enkel mit einem Kindertransport nach England. Susanne war fast elf Jahre alt. Die Mutter Marie folgte den Kindern einen Monat später. Sie hatte ihre Ausbildung zur Hebamme schon vor 1939 in England absolviert und fand als englisch geschulte Fachkraft eine Anstellung in der neuen Heimat. Sie konnte mit einigen Kriegs bedingten Unterbrechungen in Lincolnshire erfolgreich in ihrem Beruf arbeiten und auch ihren Sohn bei sich haben. 1953 ging sie nach Israel, wo sie im Krankenhaus von Naharya wieder als Hebamme beschäftigt war. Dort starb sie im Alter von 67 Jahren. Ihre Tochter Susanne und deren Bruder leben heute noch in England.

Im März 1939, als die Enkel fort waren, zog Hedwig Weiss ein letztes Mal um, diesmal in eine Unterkunft zur Untermiete bei Löwenthal in die Rothenbaumchaussee 153. Wahrscheinlich geschah dieser Umzug schon nicht mehr freiwillig, sondern wurde vom Jüdischen Religionsverband (auf Anordnung der Gestapo) angeordnet.

Am 2. Dezember 1941 beantragte sie 300 Reichsmark mit der Begründung: "Ich benötige das Geld für Anschaffungen, weil ich evakuiert werde." Den "Evakuierungsbefehl" legte sie als Anlage bei. Die Enkelin schreibt, dass ihre Großmutter assimiliert (very assimilated) war und sich einen endgültigen Transport (final "end-transport") einfach nicht vorstellen konnte.

Vier Tage, nach dem sie ihren Antrag gestellt hatte, fuhr Hedwig Weiss zusammen mit ihrer Schwester, Jane Seckel, in den Tod nach Jungfernhof, dem Ausweichquartier des Gettos Riga.

© Christa Fladhammer

Quellen: 1; 2; 8; StAH 314- 15 R1939/375; StAH 352-5 Sterbeurkunden des Standesamts Eimsbüttel 1937, Bd.1, Nr.103; Information per e-mail von Susanne Graham geb. Burghardt vom 18.04., 07.05., 18.05 und 25.05. 2011.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

druckansicht  / Seitenanfang