Namen, Orte und Biografien suchen


Bereits verlegte Stolpersteine



Karl Schumann in Uniform, mit Sohn Wolfgang und Ehefrau Margarethe
Karl Schumann in Uniform, mit Sohn Wolfgang und Ehefrau Margarethe
© Privat

Karl Schumann * 1902

Prechtsweg 15 (Hamburg-Nord, Barmbek-Nord)


HIER WOHNTE
KARL SCHUMANN
JG. 1902
VERHAFTET
’HOCHVERRAT’
TOT AN HAFTFOLGEN
26.6.1945

Karl Schumann, geb. 21.6.1902, verhaftet wegen Hochverrats im Jahr 1937, am 26.6.1945 in Jugoslawien in Kriegsgefangenschaft gestorben

Prechtsweg 15

Der Sozialdemokrat Karl Schumann wurde als drittes Kind des Ehepaares Carl und Mathilde Schumann 1902 in Hamburg geboren. Er hatte noch zwei ältere Schwestern. Sein Vater war Zimmermann und ab den 1920er Jahren Funktionär der Zimmerergewerkschaft. Seine Mutter war Hausfrau. Karl Schumann besuchte die Volksschule. Aus seinen Zeugnissen ist ersichtlich, dass er ein sehr guter Schüler war, oftmals sogar Klassenbester und dies bei Klassengrößen von über 50 Schülern.

Wie sein Vater erlernte auch Karl Schumann das Zimmererhandwerk. Eigentlich sollte er eine Fortbildung zum Polier machen. Die notwendigen Bücher waren schon gekauft. Doch er erkrankte an Bauchfelltuberkulose, was ihn ein ganzes Jahr kostete. Die Schule setzte er hinterher nicht fort. Nach seiner Genesung war Karl Schumann in den folgenden Jahren mehrfach arbeitslos, ehe er durch seinen Vater Ende 1932 eine Anstellung bei der Hamburgischen Zimmererkrankenkasse in der Hamburger Straße fand. Dort arbeitete er im Büro.

Karl Schumanns Leben war geprägt durch den Arbeitersportverein, die Arbeiterjugend, die Sozialdemokratie, die Genossenschaft Produktion, Gewerkschaften, Volksfürsorge, Volksbühne, AWO und Naturfreunde. So lernte er seine spätere Ehefrau auch bei der Arbeiterjugend kennen. Zudem war er sehr musikalisch und spielte mehrere Instrumente, wie Geige, Laute und Mandoline.

Margarethe Stolten war gerade 14 Jahre alt, als sie sich in den vier Jahre älteren Karl Schumann verliebte. Er soll ihr auf der Laute vorgespielt und so ihr Herz gewonnen haben. Auch sie stammte aus einer Arbeiterfamilie. 1906 wurde sie in Hamburg geboren. Ihre Mutter war Olga Stolten, einen Vater gab es nicht.

1926 heirateten Karl und Margarethe. Sie gab ihre Arbeit auf und auch Karl hatte noch keine feste und sichere Anstellung. Die finanziellen Sorgen hinderten sie aber nicht an kleinen, simplen Vergnügungen. So erinnerte sich Margarethe später: "Nach dem Stempelngehen für die sehr geringe Arbeitslosenunterstützung gingen wir oft mit einem frischen Bückling an die Alster."

Der erste Sohn Wolfgang wurde am 6.9.1936 in Hamburg geboren. Von seinem monatlichen Gehalt, rund 260 RM, finanzierte Karl Schumann eine kleine Zwei-Zimmer-Wohnung im Prechtsweg 15 für seine Familie.

Karl Schumann war Mitglied der SPD Barmbek-Nord, in der sich nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten die Widerstandsgruppe "Hansen und Genossen" formierte. In den Jahren 1934/35 verteilten sie Schriften, sammelten Geld für Häftlinge und steckten Berichte über Folter in den Gefängnissen in die Briefkästen von Richtern und Staatsanwälten. Zudem bestanden Verbindungen zu anderen Widerstandsgruppen, wie zum Beispiel der Barmbeker Schufo 10. Da der Druck durch die Gestapo jedoch immer größer wurde, stellte die Gruppe ihre Tätigkeiten 1935 ein. Ein Jahr später flogen sie trotzdem auf.

Am 1. Dezember 1936 wurde Karl Schumann von der Gestapo verhaftet. In einer Karteikarte des SD heißt es zu ihm: "Tagesrapport Stapo Hamburg 1.12.36, festgenommen wegen Verbreitung illegaler Schriften bis Mitte 1935. Sozialistische Aktion, Neuer Vorwärts, Rote Bücher, ‚Kunst des Selbstrasierens’". Für diese "illegalen" Tätigkeiten wurde Karl Schumann wegen Vorbereitung zum Hochverrat verhaftet und später angeklagt. Durch die Verhaftung verlor er seine Anstellung.

Der Prozess wegen Hochverrats gegen 15 Mitglieder der Gruppe "Hansen und Genossen" begann im Mai 1937 vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht. 14 von ihnen wurden zu Haftstrafen zwischen einem Jahr Gefängnis und vier Jahren Zuchthaus verurteilt. Karl Schumann erhielt eine Zuchthausstrafe von zwei Jahren und neun Monaten, welche er zuerst im Konzentrationslager Fuhlsbüttel vom 11. Mai 1937 bis 5. Februar 1938 und dann im Emslandlager Aschendorfermoor bis zum 4. September 1939 verbüßte. Im Emsland musste Karl Schumann harte körperliche Arbeit leisten und im Moor Torf stechen. Nach seiner Entlassung kehrte er zu seiner Familie zurück.

Margarethe wurde wegen des Urteils gegen ihren Ehemann die Wohnung von der Baugenossenschaft gekündigt. Ihre Familie musste sie fortan mit Hilfe der Wohlfahrt ernähren. Von ihren Schwiegereltern wurde sie zudem finanziell unterstützt und der Schwiegervater half eine neue Wohnung in der Wohnanlage Alsterdorfer Straße/Bilser Straße zu finden.

Eigentlich wurde jeder, der zu einer Zuchthausstrafe verurteilt worden war, als "wehrunwürdig" eingestuft. Mit Verfügung des Oberkommandos der Wehrmacht vom 2. Oktober 1942 wurde diese Wehrunwürdigkeit für die Dauer des Krieges aufgehoben, da dringend Soldaten benötigt wurden. Ende 1942 erhielt auch Karl Schumann die Einberufung zu dem so genannten "Bewährungsbataillon 999". Dies war eine Strafdivision der Wehrmacht, in der sich Gefangene aus Zuchthäusern und Konzentrationslagern wiederfanden, teils politische Gefangene, aber auch Kriminelle.

Karl Schumanns Ausbildung fand auf dem Truppenübungsplatz Heuberg im Schwarzwald statt. Mit dabei waren ehemalige Genossen, wie Otto Oetinger und Walter Grot. Ab dem 5. Mai 1943 musste Karl Schumann als Soldat bei dem 2. Afrika-Schützen-Regiment 963 dienen. Zu diesem Zeitpunkt war seine Frau Margarethe bereits mit seinem zweiten Sohn Manfred schwanger, welcher am 26. August 1943 in Ludwigslust zur Welt kam. Karl sollte seinen Sohn nicht mehr sehen.

Das Regiment war über Jugoslawien nach Griechenland auf den Peloponnes verlegt worden. Von dort aus sollte es weiter nach Nordafrika gehen. Da der Afrika-Krieg zwischenzeitlich aber verloren war, blieben die Einheiten in Griechenland, auch, um Partisanen zu bekämpfen. So war Karl Schumann unter anderem in Kalamata und Nauplion stationiert.

Der letzte Eintrag in seinem Soldbuch lautete: am 15.1.45 Kompagnie Feld Ersatz Bataillon 141.
Während des Rückzugs geriet Karl Schumann in jugoslawische Gefangenschaft. Am 26. Juni 1945 starb er in Pancevo, Jugoslawien, in der Kriegsgefangenschaft an den Folgen der Ruhr.

Stand Mai 2016

© Carmen Smiatacz

Quellen: StaHH 242-1 II, Gefängnisverwaltung II, Abl. 13, Gefangenenkartei Männer (ältere Kartei); StaHH 242-1 II, Gefängnisverwaltung II, Abl. 16, Untersuchungshaftkartei Männer; StaHH 351-11, AfW, Abl. 2008/1, 21.06.02 Schumann, Karl; Bengelsdorf, Reinhold: Hansen und Genossen: in Barmbek-Nord gegen das NS-Regime. Zeitzeugnisse zu Verfolgung, Widerstand, Wiedergutmachung und Neuaufbau, Hamburg 2005; Private Dokumente aus dem Familienbesitz Schumann; Totenliste Hamburger Widerstandskämpfer und Verfolgter 1933–1945.

druckansicht  / Seitenanfang