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Willi Bröckler * 1897

Humboldtstraße 122 (Hamburg-Nord, Barmbek-Süd)


HIER WOHNTE
WILLI BRÖCKLER
JG. 1897
VERHAFTET 1937
KZ FUHLSBÜTTEL
GROSS-ROSEN
ERMORDET 22.10.1941

Willi Ferdinand Bröckler, geb. 6.3.1897, inhaftiert 1937,1938–1940, gestorben am 22.10.1941 im KZ Groß Rosen

Humboldtstraße 122

Willi Bröckler kam 1897 als eines von fünf Kindern des Lademeisters Heinrich Bröckler und der Maria, geb. Greve, in Hamburg-Hammerbrook zur Welt. Nach dem Besuch der Volks­schule machte er eine Ausbildung zum Verkäufer in einem Eisenwarengeschäft und war dort bis zu seiner Einberufung zum Militär 1916 tätig. Nach dem Ersten Weltkrieg eröffnete er Ende 1920 einen Tabakwarenhandel in der Harburger Chaussee 119, den Ende 1924 seine Ehe­­frau Christine, geb. Lüsing, übernahm. Mit dieser schloss er 1923 die Ehe und hatte mit ihr einen Sohn. 1925 wurde Bröckler vom Amtsgericht Hamburg wegen Unterschlagung zu einer zweimonatigen Gefängnisstrafe verurteilt. 1927 ging seine Ehe aufgrund seiner homosexuellen Neigungen und wegen wirtschaftlicher Zerrüttung in die Brüche, auch das gemeinsame Geschäft musste aufgegeben werden. Nach 1927 fand Bröckler zunächst als Arbeiter bei der Behörde für Strom- und Hafenbau, später im Büro der Behörde eine Beschäftigung, die er in der Wirtschaftskrise 1931 jedoch wieder verlor. Nach 1933 übte er eine geringfügige Beschäftigung in einer Lesehalle für das WHW (Winterhilfswerk des Deutschen Volkes) aus, die er 1937 nach seiner ersten Verurteilung nach §175 einbüßte.

Über seinen ersten Prozess hat sich leider keine Akte erhalten. Bekannt ist nur, dass Willi Bröck­ler vom 9. Januar bis 19. Februar 1937 im KZ Fuhlsbüttel inhaftiert wurde und am 20. Fe­bruar 1937 durch das Amtsgericht Hamburg wegen widernatürlicher Unzucht in zwei Fällen, da­von ein Fall in fortgesetzter Handlung, zu sieben Monaten Gefängnis verurteilt wurde. Diese Strafe hatte er am 7. August 1937 verbüßt, in welchem Gefängnis ist nicht überliefert.

Sein zweiter Prozess wurde im Oktober 1938 durch die Aussage eines ehemaligen Sexual­part­ners vor der Wilhelmshavener Polizei ausgelöst, den Willi Bröckler 1935 im Lesesaal des WHW kennengelernt hatte. Bröckler bezeichnete sich während seiner Vernehmungen durch das 24. Kriminalkommissariat im Hamburger Stadthaus als bisexuell, der seine Partner zu­meist zufällig in St. Pauli auf der Straße oder in Lokalen wie dem "Grenzfass" [vgl. Stolper­steine in Hamburg-St. Pauli, S. 214] oder dem "Anker" kennengelernt hatte. Darunter war auch der Strichjunge Karl Baumgart, Jahrgang 1916, von dem er im Zuge der Ermittlungen Ende November 1938 anhand einer Lichtbildkartei erkannt und verraten wurde.

Seit dem 29. November 1938 befand sich Bröckler in der Untersuchungshaftanstalt Ham­burg-Stadt. Am 1. Februar 1939 wurde ihm vor dem Amtsgericht Hamburg der Prozess ge­macht, der ihm zwei Jahre Gefängnis wegen verschiedener nachgewiesener Vergehen nach §175 einbrachte. Der damalige Amtsgerichtsrat Günther Riebow verstieg sich in seinem Urteil zu einer heute skurril anmutenden Definition der Homosexualität des Angeklagten: "Zwei­­felhaft bleibt es, ob der Angeklagte ein Reinhomosexueller ist oder nicht. Urhomo­sexu­el­ler ist er zweifellos nicht, denn er war verheiratet und hat ein Kind gezeugt. Es scheint aber fast so, als ob er im Laufe der Zeit zu einem Reinhomosexuellen geworden ist."

Am 24. Februar 1939 wurde Willi Bröckler aus der Untersuchungshaft zur Verbüßung seiner Strafe ins Strafgefängnis Wolfenbüttel überstellt, wo er bis zur Entlassung am 27. November 1940 verblieb. Das ihm ausgestellte Zeugnis des Regierungsrates Linder vom Wolfenbüttler Gefängnis bescheinigte ihm zwar gute Führung und Fleiß, stellte ihm jedoch mit den Worten "Ob Bröckler jedoch in der Freiheit seine homosexuelle Veranlagung unterdrücken wird, erscheint zweifelhaft, zumal er den ihm erteilten Rat, sich entmannen zu lassen, nicht befolgt hat" quasi sein Todesurteil aus. Am 30. November 1940 wurde er ins Polizeigefängnis Hütten überstellt. Von dort kam er wahrscheinlich, ohne wieder in Freiheit gelangt zu sein, am 22. Februar 1941 ins KZ Sachsenhausen, wo er die Häftlingsnummer 36268 führte. Von dort gelangte er am 25. April 1941 in das zunächst "Ar­beits­la­ger Groß-Rosen" ge­nannte Ge­fäng­nis, das am 1. Mai 1941 den Rang ei­nes selbstständigen Kon­­­zen­tra­tions­lagers er­hielt. Willi Bröck­­ler befand sich auf der Liste der ersten 722 Häftlinge. Am 22. Oktober 1941 starb er dort laut Sterbe­urkunde des Standesamtes Groß-Rosen an einem Herzkollaps und an Kreis­laufschwäche.

© Bernhard Rosenkranz (†)/Ulf Bollmann

Quellen: StaHH, 376-2 Gewerbepolizei, Gewerbeanmeldungen 1915–1930; StaHH, 213-11 Staatsanwaltschaft Landgericht – Strafsachen, 1561/39; StaHH, 213-8 Staatsanwaltschaft Oberlandesgericht – Verwaltung, Abl. 2, 451 a E 1, 1 a; StaHH, 242-1 II Gefängnisverwaltung II, Ablieferung 16; Staatsarchiv Wolfenbüttel 43 A Neu 4 Jg. 1938 Nr. 744; B. Rosenkranz/U. Bollmann/G. Lorenz: Homosexuellen-Verfolgung in Hamburg 1919–1969, S. 202–203. Auskünfte Janusz Barszcz, Muzeum Gross-Rosen, Monika Liebscher, Archiv der Gedenkstätte Sachsenhausen, Rainer Hoffschildt, Hannover und Christian-Alexander Wäldner, Ronnenberg-Weetzen, alle aus 2009 und 2010.

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