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Bereits verlegte Stolpersteine



Gundula Johns * 1942

Marckmannstraße 135 (ehemalige Kinderklinik) (Hamburg-Mitte, Rothenburgsort)


GUNDULA JOHNS
GEB. 2.8.1942
ERMORDET 18.11.1942

Weitere Stolpersteine in Marckmannstraße 135 (ehemalige Kinderklinik):
Andreas Ahlemann, Rita Ahrens, Ursula Bade, Hermann Beekhuis, Ute Conrad, Helga Deede, Jürgen Dobbert, Anneliese Drost, Siegfried Findelkind, Rolf Förster, Volker Grimm, Antje Hinrichs, Lisa Huesmann, Peter Löding, Angela Lucassen, Elfriede Maaker, Renate Müller, Werner Nohr, Harald Noll, Agnes Petersen, Renate Pöhls, Gebhard Pribbernow, Hannelore Scholz, Doris Schreiber, Ilse Angelika Schultz, Dagmar Schulz, Magdalene Schütte, Gretel Schwieger, Brunhild Stobbe, Hans Tammling, Peter Timm, Heinz Weidenhausen, Renate Wilken, Horst Willhöft

Kinderkrankenhaus Rothenburgsort

Im früheren Kinderkrankenhaus Rothenburgsort setzten die Nationalsozialisten ihr "Euthanasie-Programm" seit Anfang der 1940er Jahre um.
33 Namen hat Hildegard Thevs recherchieren können.

Eine Tafel am Gebäude erinnert seit 1999 an die mehr als 50 ermordeten Babys und Kinder:

In diesem Gebäude
wurden zwischen 1941 und 1945
mehr als 50 behinderte Kinder getötet.
Ein Gutachterausschuss stufte sie
als "unwertes Leben" ein und wies sie
zur Tötung in Kinderfachabteilungen ein.
Die Hamburger Gesundheitsverwaltung
war daran beteiligt.
Hamburger Amtsärzte überwachten
die Einweisung und Tötung der Kinder.
Ärzte des Kinderkrankenhauses
führten sie durch.
Keiner der Beteiligten
wurde dafür gerichtlich belangt.



Weitere Informationen im Internet unter:

35 Stolpersteine für Rothenburgsort – Hamburger Abendblatt 10.10.2009

Stolpersteine für ermordete Kinder – ND 10.10.2009

Stolpersteine gegen das Vergessen – Pressestelle des Senats 09.10.2009

Die toten Kinder von Rothenburgsort – Nordelbien.de 09.10.2009

35 Stolpersteine verlegt – Hamburg 1 mit Video 09.10.2009


Wikipedia - Institut für Hygiene und Umwelt

Gedenken an mehr als 50 ermordete Kinder - Die Welt 10.11.1999

Euthanasie-Opfer der Nazis - Beitrag NDR Fernsehen 29.05.2010

Hitler und das "lebensunwerte Leben" - Andreas Schlebach NDR 24.08.2009
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Gundula Johns, geb. 2.8.1942 in Hamburg, ermordet am 18.11.1942

Gundula Johns kam als sechstes Kind einer baptistischen Familie zur Welt. Die Geburt fand im Elisabeth-Krankenhaus am Schlump statt, dem früheren Freimaurerkrankenhaus. Gundula schien nicht lebensfähig zu sein. Sie wies Anlagen zu Wolfsrachen, Klumpfuß und Wasserkopf auf und litt an einem Herzfehler. Die Ärzte und Schwestern des Elisabeth-Krankenhauses, zum größten Teil Mitglieder der Baptistengemeinde, stimmten dem Ehepaar Johns in der Einschätzung zu, dass mit einer Besserung von Gundulas Zustand nicht zu rechnen sei. Vermutlich aber wurde Gundulas Behinderung gleich nach ihrer Geburt gemeldet. Bereits nach wenigen Tagen kam sie auf Wunsch ihrer Mutter in das Kinderkrankenhaus Rothenburgsort, mit dessen Oberin die Eltern Johns befreundet waren. Der Vater kannte zudem Wilhelm Bayer von einem Krankenhausaufenthalt eines seiner Söhne im Jahre 1939.

Als Gundula in Rothenburgsort aufgenommen wurde, praktizierten die Ärzte und Ärztinnen dort bereits seit über zwei Jahren "Sterbehilfe". Eingeweiht waren nur sie, die Oberin Martha Horstmann und die Stationsschwestern, unter den anderen Schwestern wurde jedoch darüber gemunkelt. Die für Gundula zuständige Stationsschwester, Waltraud Arnold, erinnerte sich später nicht an sie, wohl aber daran, dass damals die Verpflichtung zur Verschwiegenheit erneuert wurde, insbesondere den Schwesternschülerinnen gegenüber.

Gundulas Mutter besuchte ihre Tochter öfters und sprach bei der Gelegenheit mit der Oberin über sie. Einmal führte sie, wie sie erinnerte, auch ein Gespräch mit einer der Assistenzärztinnen. Gundulas Vater erbat von Bayer eine Einschätzung von Gundulas Zustand, erhielt von ihm aber keine klare Auskunft, sondern die vertröstende Bemerkung, "solange der Mensch atme, sei Hoffnung". Es gab kein weiteres Gespräch mit ihm oder einer Ärztin. Von einer irgendwie gearteten "Behandlung" oder von Sterbehilfe war nie die Rede.

Gundulas Zustand verschlechterte sich laufend. Deshalb gingen Gundulas Eltern auch von einem natürlichen Tod aus, als sie die Todesnachricht erhielten. Oberin Horstmann bestärkte sie in dieser Annahme. Aber Gundula hatte von der zuständigen Assistenzärztin Ursula Petersen eine Luminal-Spritze erhalten. Winzig und schwach wie Gundula war, brauchte sie offenbar keine Schwester dabei festzuhalten. Sie wurde drei Monate alt und ist damit das jüngste uns bekannte Kind, dessen Tötung der "Reichsausschuss" genehmigt hatte.

Im Jahr darauf kam Gundulas Bruder Ulrich im Elisabeth-Krankenhaus mit ähnlichen Behinderungen zur Welt und wurde ebenfalls in Bayers Obhut gegeben. Er kam auf die Säuglingsstation des Olga-Heims, eine Ausweichstätte des Kinderkrankenhauses Rothenburgsort, die nach der Zerstörung des Stammhauses im Juli 1943 in Wohldorf eingerichtet worden war. Dort starb er einen Monat später, noch bevor der "Reichsausschuss" entschieden hatte.

© Hildegard Thevs

Quellen: StaH 213-12 Staatsanwaltschaft Landgericht NSG, 0017-001, 002; 332-5 Standesämter 1159+728/1942; 4324+44/1943.

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