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Bereits verlegte Stolpersteine



Marianne Landau * 1909

Isestraße 3 (Eimsbüttel, Harvestehude)

1942 Auschwitz
ermordet

Weitere Stolpersteine in Isestraße 3:
Alfred Landau, Henriette Landau

Alfred Landau, geb. 16.12.1878 in Hamburg, am 26.10.1942 von den Niederlanden nach Auschwitz deportiert
Henriette Landau, geb. Nehemias, geb. 6.8.1875 in Frankfurt am Main, am 26.10.42 von den Niederlanden nach Auschwitz deportiert
Marianne Landau, geb. 1909, am 30.9.1942 von den Niederlanden nach Auschwitz deportiert

Isestraße 3

Alfred Landaus Eltern, Leopold Landau, geb. 21.6.1841 in Varranó/ Slowakei und Josephine, geb. Schlesinger, geb. 20.2.1849 in Zittow (1935 tschechoslowakisch), hatten sich 1877 in Hamburg niedergelassen, als Leopold Landau ein Engagement am Stadttheater (heute Staatsoper), als Opernsänger annahm. Sie wohnten nicht weit entfernt am Anscharplatz 1, wo im Jahr darauf, am 16. Dezember 1878, ihr viertes Kind, Alfred, zur Welt kam. Seine älteste Schwester, Helena, war am 22.7.1869 in Prag geboren worden, wo Leopold Landau als Kantor einer Synagoge tätig gewesen war. Seine Ausbildung zum Operntenor und erste Engagements hatten ihn in verschiedene Städte geführt, weshalb das zweite Kind, Felix, 1871 in Hamburg zur Welt kam und das dritte, Katharina, am 23. Juli 1874 in Mainz.

Alfred war dreizehn Jahre alt, die Familie wohnte inzwischen in der Parkallee 11 in Harvestehude, als sein Vater während einer Opernprobe am 9. Mai 1894 tot zusammenbrach.

Sohn Felix Landau erhielt eine musikalische Ausbildung, Alfred eine kaufmännische. Einzelheiten seiner Schul- und Berufsausbildung sind nicht bekannt.

1902 heiratete Katharina Landau den zum Luthertum konvertierten Kaufmann Max Gottschalck, 1908 ging Alfred Landau die Ehe mit Henriette, geb. Nehemias, geb. 6.8.1875 in Frankfurt/Main, ein. Ihre Eltern waren bereits verstorben, an Stelle des Vaters fungierte ihr ältester Bruder Alfred Nehemias als Trauzeuge. Von ihren Geschwistern lebte außerdem Mathilde (1862), verheiratete Daniel oder Daniels (1866), in Hamburg. Der Nachname Nehemias verweist auf eine portugiesische Herkunft. Alle Töchter dieser Familie erhielten eine gute Ausbildung, wozu die französische Sprache, koscheres Kochen und Klavierunterricht zählten.

Alfred und Henriette Landau lebten in der Neustadt in der Fuhlentwiete, Alfred arbeitete bei Bachrach & Loeb am Cremon 11/12, einem Handel mit Häuten. Am 25.5.1909 (nicht 1908, wie auf der Kultussteuerkarte vermerkt) wurde ihre Tochter Marianne geboren.

1913 trat Alfred Landau in die Deutsch-Israelitische Gemeinde ein, im selben Jahr starb sein Bruder Felix Landau, der inzwischen als Kapellmeister zu Ansehen gekommen war, auf der Rückreise von Antwerpen nach Hamburg. Er wurde wie sein Vater auf dem Jüdischen Friedhof in Hamburg-Ohlsdorf beerdigt.

Alfred Landau nahm am Ersten Weltkrieg teil. Die finanzielle Situation der Familie war schwierig, so dass die Steuerrückstände bei der Jüdischen Gemeinde wuchsen, gestundet und schließlich erlassen wurden. Als Alfred 1920 wieder Arbeit fand, unterstützte er seine Mutter Josephine, auch Josepha genannt, finanziell, trotz der Inflation. Marianne absolvierte eine kaufmännische Ausbildung.

Für Henriette Landau begann das neue Jahrzehnt mit einigen Veränderungen. Ihre Schwester Mathilde starb am 13. Mai 1930. Nach einigen Umzügen und berufliche Wechsel zog Familie Landau in die Isestraße 3. Alfred Landau erzielte als Kaufmann kein nennenswertes Einkommen, bis er 1931 auf Provisionsbasis als Generalvertreter für die Londoner Firma Ralli Brothers Ltd. tätig wurde. Das Unternehmen unterhielt vor allem Geschäftsverbindungen nach Indien und handelte mit Jute, Baumwolle, Häuten, Fellen und Schellack, wobei sich Alfred Landau auf den Handel mit Fellen und Häuten spezialisiert hatte. Da seine Einkünfte nur unregelmäßig flossen, bezog er mit seiner Frau eine günstigere Wohnung in der Schäferkampsallee 61. 1932 zog Marianne Landau in eine eigene Wohnung (siehe www.stolpersteine-hamburg.de).

1938 entschied sich Alfreds Landaus Arbeitgeber, ihn nach London zu schicken und seine Stelle in Deutschland mit einem "Arier" zu besetzen. Die Firma gewährte einen Kredit, damit Alfred seine Schulden begleichen und den Umzug finanzieren konnte. Die Abwicklung dieses Vorhabens beschäftigte die Devisenstelle des Oberfinanzpräsidenten und die Reichsstelle für Devisenbewirtschaftung intensiv und zog sich fast drei Monate lang hin: Einerseits würde der Kredit der Londoner Firma Devisen ins Reich bringen, eine Steuerschuld würde beglichen werden und einem "Nichtarier" würde die Auswanderung ermöglicht, andererseits sollten 50 Prozent des Kredits aus dem Ausländerkonto der Firma in Deutschland entnommen werden. Die Firma Ralli wurde außerdem verdächtigt, Provisionszahlungen für Alfred Landau im Ausland "zu horten" und sie damit dem Zugriff des Deutschen Reiches zu entziehen. Dieser Verdacht wurde durch eine Devisenprüfung im März 1938 allerdings entkräftet.

Die Eheleute Landau lösten ihre Wohnung in Hamburg auf und lagerten ihren Hausrat bei der Speditionsfirma Gaertner ein. Bis zu ihrer Abreise nach England am 19. April 1938 zogen sie ins "Streits"-Hotel am Jungfernstieg. Zwei Tage später wurden ihre Pässe gesperrt, was ihnen eine Rückkehr unmöglich machte. Alfred nahm seine Büroeinrichtung, Pulte, eine Schreibmaschine und einen kleinen Geldschrank mit nach London. Er beglich seine Schulden und unterstützte seine in Hamburg zurückgebliebene ledige Schwester Helena mit einer monatlichen finanziellen Zuwendung. Sie hatte Am Schlump ein Putzgeschäft betrieben und war seit dessen Schließung mittellos.

Marianne wollte ebenfalls nach London emigrieren, ging jedoch aus unbekannten Gründen im Februar 1939 in die Niederlande und blieb zunächst in Rotterdam. Im Oktober 1938 siedelten ihre Eltern von London nach Rotterdam über, wo sie sich auf Dauer niederlassen wollten. Sie ließen ihren kompletten Haushalt aus Hamburg kommen. Von Rotterdam aus beauftragten sie auch die Friedhofsgärtnerei mit der Instandhaltung der Gräber der verstorbenen Eltern Nehemias auf dem jüdischen Friedhof an der Ihlandkoppel.

Im Herbst 1940 starben in ihrer Abwesenheit Alfred Landaus Schwester Katharina Gottschalck und Henriette Landaus Schwager Martin Daniel(s), am 5. Mai 1941 folgte Helena Landau. Ihr Schwager Max Gottschalck, der einzige aus der Familie in Hamburg Verbliebene, meldete ihren Tod beim Standesamt. Auch sie fanden ihre letzte Ruhe auf dem Jüdischen Friedhof an der Ihlandkoppel. (Max Gottschalck wurde zusammen mit seinem Bruder Siegmund am 15. Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert und am 21.9.1942 weiter in das Vernichtungslager Treblinka.)

Nachdem die deutsche Wehrmacht 1940 die Niederlande besetzt hatte, war die Familie Landau erneuter Verfolgung ausgesetzt. Als die jüdische Bevölkerung im Zentrum des Landes konzentriert wurde, verließen Alfred, Henriette und Marianne Landau Rotterdam und zogen nach Gouda, wo sie ab Mai 1940 gemeinsam in der Crabethstraat 36 wohnten.

1942 wurde Marianne Landau vor ihren Eltern im Durchgangslager Westerbork interniert und von dort nach Auschwitz deportiert. Als ihr Todestag gilt nach der Beischrift auf ihrer Geburtsurkunde "Register des Sonderstandesamts Bad Arolsen, Abt. I, Nr. 2745/1997" der 7. September 1942 bzw. der 30. September 1942.

Ihre Eltern gelangten ebenfalls über das Sammellager Westerbork nach Auschwitz. Sie gelten als am 26. Oktober 1942 ermordet. Nach niederländischem Recht gilt der dritte Tag nach dem Abtransport als Todestag.

Stand: August 2020
© Hildegard Thevs/Maike Grünwaldt

Quellen: Quellen: 1; 2; 4; 8; Hamburger Adressbücher; StaHH 332-5 Personenstandsregister; 314-15 Oberfinanzpräsident, F 1383; 522-1, 992 e 2 Deportationslisten; JFHH; Joodsmonument; freundliche Mitteilungen von Viola Roggenkamp 2009 und 2020; https://www.musiklexikon.ac.at/ml/musik_L/Landau_Familie.xml.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Recherche und Quellen.

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