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Bereits verlegte Stolpersteine



Familie Peters noch vollzählig, o.J., vor Beginn des Zweiten Weltkrieges. In der oberen Reihe, der Dritte von rechts: Otto Peters
© Privatbesitz

Otto Peters * 1918

Falkenried 99 (Hamburg-Nord, Hoheluft-Ost)

Zuchthaus Brandenburg-Görden
enthauptet 17.04.1944

Otto Peters, geb. 16.4.1918 in Elpersbüttel/Dithmarschen, hingerichtet am 17.4.1944 im Zuchthaus Brandenburg-Görden

Falkenried 99

Peter Otto Hinrich Peters war der Sohn einer dithmarscher Bauernfamilie. Er wurde am 16. April 1918 auf dem Hof der Eltern in Elpersbüttel bei Meldorf, Deichstraße 10, geboren und wuchs dort auch auf. Sein Vater war Peter Nicolaus Emil Peters (19.02.1884–18.11.1964), die Mutter war Anne Mathilde Peters, geborene Bergfleth (26.04.1892–31.08.1964), Tochter eines Kleinbauern aus Eescherdeich, einem Nachbarort.

Die Nazi-Herrschaft brachte unermessliches Leid über die Familie Peters.
Vier Söhne fielen: Ferdinand am 25. Januar1942 auf der Krim, Emil am 9. September 1943 am Ilmensee in Russland, Wilhelm am 15. Januar 1945 und Julius im 5. Februar 1945, beide an der unaufhaltsam der Vernichtung ausgelieferten Ost-Front.

Otto, dessen der Stolperstein im Falkenried gedenkt, wurde am 17. April 1944 in Brandenburg enthauptet, einen Tag nach seinem 26. Geburtstag.

1942, 1943, 1944, 1945 – kein Jahr ohne einen Toten in der Familie Peters, zwei Tote sind es in den letzten Monaten des Krieges.

Ottos Urne ruht, auf Initiative des "Komitees ehemaliger politischer Häftlinge", seit dem 8. September 1946 im "Ehrenhain Hamburger Widerstandskämpfer" im Friedhof Ohlsdorf.

Warum Otto angeklagt und hingerichtet wurde, ist bislang nicht zu belegen. Von einigen Autoren und Organisationen wie der VVN (Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes) wird Otto Peters mit der KPD und der Vorbereitung zum Hochverrat in Verbindung gebracht. Es ist aber auch ein anderer Grund, etwa die Verurteilung wegen Desertion, nicht auszuschließen, und einiges spricht sogar dafür.

Nahezu nichts Persönliches ist aus den Jahren Ottos beim Militär bekannt. Zu lückenhaft ist die Überlieferung offizieller Dokumente, zu verwirrend sind manche Angaben in Ottos Unterlagen. Davon weiter unten mehr.

Und durch ein Missgeschick gingen alle schriftlichen Hinterlassenschaften von Otto Peters, seine Briefe aus dem Krieg beispielsweise, und alle Dokumente, die ihn betrafen und die von den Eltern stets gehütet worden waren, nach deren Tod unwiederbringlich verloren.

Der Peters-Hof, wie das Anwesen der Eltern allgemein genannt wurde, war mit 17 ha Land für die damalige Zeit und die Region ein Betrieb durchschnittlicher Größe. Er war nach überlieferter Tradition bewirtschaftet, in der ganzen Vielfalt also von Getreide- und Futterrübenanbau, von Weißkohl und Rotkohl, mit sechs bis acht Milchkühen, einigen Schweinen und Ochsen, drei oder vier Zugpferden sowie einer kleinen Schar von Gänsen, Enten, Hühnern, dies vor allem, um den Eigenbedarf zu decken. Dazu gehörten ein Obst- und ein Gemüsegarten. Der Maschinenpark war, auch das nichts Außergewöhnliches zu jener Zeit, sehr bescheiden. Er umfasste gerade die Grundausrüstung wie Pflüge, Eggen, die nötigsten Fuhrwerke. Mit seinem Nachbarn, dem Bauern Emil Busch, teilte sich Emil Peters einen Selbstbinder zum Mähen und Binden des Getreides.

Von einem solchen Hof konnte man damals zwar nicht in Saus und Braus leben, doch ohne finanzielle Sorgen – wenn der Hof gut geführt war und alle anpackten.
Der Bauer Emil Peters war ein solch tatkräftiger Mann: Zwischen 1931 und 1951, mit einer kurzen Unterbrechung nach dem Kriege, war er zusätzlich Bürgermeister der Gemeinde
Elpersbüttel, dann zeitweilig auch noch Vorsteher der Kirchspielgemeinde Meldorf-Marsch – eine beeindruckende Persönlichkeit.

Vergessen wir aber nicht die Bäuerin, Anna Mathilde Peters! Sie war, wie noch heute in Elpersbüttel zu erfahren ist, eine ungemein tüchtige und fleißige Frau. Ihr Tagewerk begann des Morgens um Vier, und oft war sie es, die als Letzte das Licht löschte. So hielt sie es durch die Jahrzehnte.

Mutter Peters schenkte zwölf Kindern das Leben. Zwei von ihnen starben kurz nach der Geburt, aber zehn wuchsen heran und gediehen, ein Mädchen und neun Jungen. Es war pralles Leben auf dem Peters-Hof für viele Jahre!

Otto Hinrich Peters, 1918 geboren, war das siebte in der Reihe der Kinder. Nach ihm kamen noch drei Jungen. Den Abschluss machte 1929 ein Zwillingspaar, Paul und Kurt. Kurt lebt, mit seiner Frau, noch heute (2012) auf dem Peters-Hof, der unterdessen jedoch an seinen Sohn gegangen ist.

Kurt hat Otto in guter und lebhafter Erinnerung. Beeindruckt ist er bis heute von der "unerschütterlichen Gutmütigkeit" des großen Bruders gegenüber den "Lütten" und ihren Streichen im Doppelpack. Unvergesslich ist ihm die körperlichen Kraft Ottos: Nur mittelgroß, aber stämmig und drahtig, schleppte er den 100 Kilogramm schweren Kleiesack die steile Stiege hinauf und merkte es anscheinend nicht einmal, dass sich die Zwillinge flugs und geheim noch oben drauf geschwungen hatten. Anscheinend? Scheinbar! "So gutmütig war mein Bruder Otto!"

Eingeprägt hat sich ihm die Gabe Ottos, mit den Tieren umzugehen. Selbst die störrische Milchkuh, die niemandem sonst parierte – bei Otto wurde sie zum sanften Lamm. Soweit die Erinnerung Kurts an den toten Bruder.

In der Elpersbütteler Volksschule tat sich Otto weniger hervor. Die neun Jahre hindurch von Ostern 1925 bis Ostern 1934 wurde er in den verschiedenen Fächern stets als "durchschnittlich: drei" eingestuft, Fleiß und Aufmerksamkeit galten als "im Ganzen gut", das Betragen war immer makellos, nur im Zeugnis der achten Klasse rümpfte der Lehrer die Nase und erachtete Ottos Betragen als lediglich "gut".

Für Otto war es klar, dass er Bauer werden wollte. So ging er gleich 1934 "auf Stellung" in einen anderen Hof, zu Bauer Thießen in Elpersbüttelerdonn.

Das war nur wenige Kilometer von Zuhause entfernt, aber Otto litt unter Heimweh. So oft es nur ging, machte er sich nach des Tages Arbeit noch auf den Weg zum Elternhaus, um Daheim zu sein wenigstens zum Schlafen. Vor Morgengrauen eilte er zurück zu Bauer Thierses Hof. Auf Otto war Verlass.

Für die Zeit bis Kriegsbeginn wissen wir darüber hinaus nur wenig über Otto.
Auf einem Portraitfoto unbekannten Datums ist er mit Braunhemd und Schultergurt der SA zu sehen. Der Kragenspiegel zeigt an: Otto gehört zur Standarte 85 "Dithmarschen" und ist im Rang eines Sturmmannes, dem Rang nach der Eingangsstufe, dem einfachen SA-Mann. Wann und aus welchen Gründen Otto dieser Organisation beitrat – vielleicht, weil das in Dithmarschen gang und gäbe war oder der Vater, NSDAP-Mann und Bürgermeister, es so wünschte – und was ihm die Mitgliedschaft bedeutete, wir wissen es nicht.

Von November 1938 bis April 1939 war er für das obligatorische halbe Jahr beim Reichsarbeitsdienst (RAD) und zur Landgewinnung an der Westküste Schleswig-Holsteins eingesetzt.

Von Ottos Laufbahn beim Militär sind einige offizielle Grunddaten erhalten: Am 26. August 1939, also kurz vor Kriegsbeginn und 21 Jahre alt, wurde er einberufen und zunächst in Itzehoe beim Infanterie-Ersatz-Bataillon 76 stationiert. Die Truppenteile und die Einsatzorte von Otto Peters änderten sich in den folgenden Jahren fortwährend. Allein bis Ende 1942 sind zehn verschiedene Einheiten, stets der Ersatz-Infanterie, und acht Standorte registriert. Dieser häufige Wechsel ist Ausdruck der zunehmenden Notwendigkeit zu ständiger Umorganisation der Wehrmacht in dem sich ausweitenden und immer komplizierteren Krieg.

Von Itzehoe kam Otto nach Wandsbek, dann nach Harburg, dann an die Schelde-Mündung im erst teilweise besetzten Belgien, es folgte der Einsatz beim Heimatpferdepark X, einer Veterinäreinheit, in Lüneburg, es folgte Lübeck. Am 5. Februar 1942 ging es mit dem Infanterie-Regiment 552 nach Arys in Ostpreußen/Masuren. Arys, ein bedeutender Truppenübungsplatz, bestand seit 1891 und war schon von Kaiser Wilhelm II als Aufmarschgebiet für Aktionen in Polen und Russland bestimmt worden.

Bereits Ende Februar war Otto mit der Schlächterei-Kompanie 552, einer Untergliederung des Nachschubs, bei Dno in Russland stationiert. Diese Kleinstadt, etwa 3oo km südlich von Leningrad/Sankt-Petersburg und 100 km westlich des Ilmensees, lag an einem strategisch wichtigen Verkehrsknotenpunkt mehrerer Eisenbahnlinien und war heftig umkämpft.
In gewisser Weise hatte Otto Peters hier Glück im Unglück. In der entsetzlichen Kälte erfror er sich den linken Fuß, kam am 15. März ins Lazarett und blieb dort bis zum 8. Juli 1942. Zwischendurch zur weiteren Behandlung in die Heimat verlegt, kam er im August, nun im Dienstgrad eines Oberschützen, zunächst nach Düsseldorf, im Dezember 1942 dann zum Füsilier-Ersatz-Bataillon 39 nach Goch am Niederrhein. Das waren Ottos letzte Einheit und letzter Einsatzort.

Der letzte Eintrag in seiner Militär-Akte lautet: "Am 17.04.1944 in Brandenburg-Görden hingerichtet laut Meldung des Zentralgerichts des Heeres, Berlin-Charlottenburg, vom 19.4.1944."
Das Datum und der Grund der Verurteilung werden nicht genannt.

Dokumentarisch belegt ist, dass der "ehemalige Füselier" Otto Peters vom Gericht der Wehrmachtkommandantur Berlin, Lehrter Straße, um den 12. April 1944 zum Tode durch Enthaupten verurteilt wurde. Gesichert ist auch: Otto wurde am frühen Morgen des 17. April, einem Montag, aus dem Wehrmachtsuntersuchungsgefängnis Berlin-Tegel nach Brandenburg-Görden verbracht. Um 11 Uhr wurde ihm die Vollstreckung der Todesstrafe bekannt gegeben. Um 13.06 Uhr wurde er mit dem Fallbeil hingerichtet. Der Scharfrichter war Wilhelm Röttger, einer der fleißigsten und geübtesten Henker des "Dritten Reiches". Die Vollstreckung leitete Kriegsgerichtsrat Then, der Heeres-Justizinspektor Fislake assistierte ihm bei seiner Verwaltungstätigkeit.

Zusammen mit Otto Peters hatte das Militärgericht Lehrter Straße zwei weitere Soldaten nach Brandenburg überwiesen: den "ehemaligen Reiter" Robert Zapf und den "ehemaligen Schützen" Johann Obertanner.

Andere Berliner Militärgerichte und eines in Frankfurt/Oder schickten am selben Tag insgesamt weitere 14 "ehemalige Soldaten".
Der Oberreichsanwalt beim Volksgerichtshof Berlin aber übertraf an diesem Tag jeden seiner Kollegen Kriegsrichter. Er alleine lieferte dreizehn Todeskandidaten.

In der Verwaltung des Zuchthauses Brandenburg-Görden zählte man die Namen auf der Liste aus Berlin durch und schrieb darunter mit Bleistift und in klarer großer Schrift eine runde Zahl: 30.

Wie aus den Brandenburger Hinrichtungsprotokollen für den 17.April 1944 hervorgeht, bedeutete das für Röttger und seine drei Gehilfen Arbeit im Zweiminuten-Takt. Es ist belegt, dass sich an manchen Tagen die Verurteilten in Schlange aufzustellen hatten, damit alles möglichst flott ging. Röttger, auch das ist überliefert, hatte es immer eilig, wieder nach Hause zu seiner Familie in Berlin-Moabit zu kommen, und wollte noch den Zug erwischen.
(In Plötzensee, wo er hauptsächlich tätig war, hatte Röttger zu seinem Jahresfixum von 3000 Reichsmark eine Extraprämie von 30 Mark pro Kopf.)

Was aber war Otto Peters "Verbrechen"?
Die Akten der Personen, die von der Militärjustiz zum Tode verurteilt und die dann hingerichtet wurden, sind fast alle verloren, so auch die Akten von Otto Peters: Das damalige Heeresarchiv Potsdam/Gerichtsaktensammelstelle in der Hans-von-Seeckt-Straße 8, das diese Dokumente aufbewahrte, wurde am 14. April 1945 von Bomben getroffen und brannte nahezu vollständig aus.

Einiges deutet jedoch darauf hin, dass sich Otto Peters eines militärischen Deliktes schuldig gemacht haben könnte: Er wurde von einem Militärgericht verurteilt, und er saß im Untersuchungsgefängnis der Wehrmacht (WUG) Tegel ein. Bedauerlicherweise sind für Otto Peters auch in Tegel keinerlei Dokumente erhalten, etwa die Häftlingskartei. Es gibt auch keine Begleitpapiere für den Transport von Tegel nach Brandenburg.

Zur Unsicherheit trägt bei, dass im April 1944, in den Tagen des Verfahrens gegen Otto Peters, die NS-Militärjustiz umorganisiert wurde. Seit dem 20. April 1942 war das Militärgericht der Wehrmachtkommandantur Berlin zuständig gewesen für alle politischen Straftaten beim Ersatzheer, bei dem Otto Peters ja war. Darüber hinaus war es zuständig für Deserteure, deren Verfahren nach dreimonatiger ergebnisloser Fahndung automatisch von den Kriegsgerichten anderer Wehrkreise nach Berlin übergingen sowie für alle Deserteure, die im Wehrkreis III Berlin festgenommen worden waren. (Ottos Bruder Kurt ist sich sicher, seinerzeit den Brief eines Pastors an seine Eltern in der Hand gehabt zu haben, in dem von der Verhaftung Ottos in der Nähe von Berlin die Rede war.)

Am 11. April 1944 aber wurde das Zentralgericht des Heeres, Berlin-Charlottenburg, gegründet, am 12. April nahm es die Arbeit auf. Das Zentralgericht hatte von nun an die alleinige Zuständigkeit in politischen Straftaten von Wehrmachtsangehörigen, zum Beispiel also auch bei "Vorbereitung zum Hochverrat". Die Ahndung von Desertion blieb beim Gericht der Wehrmachtkommandantur.

Exakt in diesen Tagen jedoch, um den 12. April, urteilte das Gericht der Wehrmachtkommandantur über Otto Peters. Ging es dabei um ein politisches Verfahren, das lediglich noch nicht an das Zentralgericht des Heeres abgegeben worden war, oder um ein Verfahren entsprechend der neuen, engeren Zuständigkeit der Kommandantur, also um das als todeswürdiges Verbrechen verfolgte unerlaubte Entfernen von der Truppe, genannt Fahnenflucht bzw. Desertion?
Wir wissen es nicht.

Keine der einschlägigen Abteilungen innerhalb des Bundesarchives (z.B. das Militärarchiv in Freiburg) verfügt über Dokumente zur Klärung dieser Frage. In den Beständen des früheren Archivs beim Institut für Marxismus-Leninismus in Berlin, das nach Ende der DDR vom Bundesarchiv übernommen wurde, das voll erschlossen ist und auf das man Hoffnung setzen könnte, findet sich ebenfalls nichts. Dasselbe ist es mit dem Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR (SAPMO). Fehlanzeige in dieser Hinsicht melden auch die "Deutsche Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen der ehemaligen deutschen Wehrmacht (WAST)" in Berlin, das Brandenburgische Landeshauptarchiv und das Landesarchiv Berlin.

In dem monumentalen und umfassenden Werk des Instituts für Zeitgeschichte München "Widerstand als Hochverrat 1933–1945", in dem Tausende von Hochverratsverfahren dokumentiert sind, erscheint Otto Peters nicht.

Im "Ehrenbuch für die im Zuchthaus Brandenburg-Görden ermordeten Antifaschisten" heißt es zu Otto Peters: "Anklage Vorbereitung zum Hochverrat/KPD Hamburg; wegen antifaschistischer Tätigkeit zum Tode verurteilt." Als Belege werden Alois Eisenhändlers "Antifaschistische Gedenk- und Terminkalender" von 1979 und 1984 (Berlin, DDR) genannt. Eisenhändler aber verzichtet gleich ganz auf Quellenangaben. Der Herausgeber dieser Kalender bzw. die Nachfolgeorganisation, die VVN-BdA in Berlin, verfügt über keine weiteren Kenntnisse.

Anlass zum Grübeln gibt auch der letzte Eintrag in Ottos Militär-Akte, die Truppe sei vom Zentralgericht des Heeres, Berlin-Charlottenburg, über die Hinrichtung informiert worden.
Warum benachrichtigte denn nicht das Gericht der Militärkommandantur, das ihn verurteilt und die Exekution im Zuchthaus Brandenburg angeordnet hatte?

Zu Unklarheiten in Ottos Leben und Sterben tragen auch rätselhafte Falschinformationen in einigen Dokumenten bei.

So hat Otto seit seiner Einberufung zum Militär im September 1939 als Heimatadresse nie den Peters-Hof in Elpersbüttel angegeben, sondern stets Horst-Wessel-Straße 52 in Meldorf (heute: Marner Straße/Jungfernstieg). Laut Melderegister von Meldorf war Otto unter dieser Anschrift nicht registriert, sondern wohnte weiterhin bei seinen Eltern. Auch für Ottos Bruder Kurt ist die Angabe unverständlich.

Besonders fehlerhaft und irritierend ist sonderbarerweise ausgerechnet Ottos Sterbeurkunde vom 19.4.1944. Als sein Geburtsort wird Hamburg genannt, und Hamburg sei auch der gegenwärtige Wohnort der Eltern. Beides ist absolut unzutreffend.

Nur in der Sterbeurkunde taucht als Anschrift die Otto-Blöcker-Straße in Hamburg auf, das heutige Falkenried. Diese Angabe konnte trotz ausgedehnter Recherchen weder bestätigt noch als falsch bewiesen werden. Es gibt ein, zwei Jahre, in denen Otto in Hamburg gewesen sein könnte, nach seiner Zeit bei Bauer Thießen nämlich und vor seiner Zeit beim RAD, also vielleicht 1937/1938.

In der Sterbeurkunde ist als Beruf "Fleischer" eingetragen. Diese Angabe ist fragwürdig, denn Otto hatte sich ja bei Thießen in Elpersbüttelerdonn zum Bauern ausbilden lassen. Von einer Fleischer-Lehre hat Kurt nie etwas gehört. Eine Erklärung für diesen Eintrag mag sein, dass Otto, im Umgang mit Tieren völlig sicher, verschiedentlich in Truppeneinheiten eingesetzt war, die speziell mit Tieren und mit Versorgung zu tun hatten, beispielsweise die Schlächterei-Kompanie 552,und dass dies zur Berufsangabe "Fleischer" führte.

Es bleibt die Frage: Auf wen gehen diese Informationen zurück? Sind die Fehler unbeabsichtigte Irrtümer in irgendwelchen Büros? Hat Otto Peters vielleicht selbst absichtlich falsche Angaben verbreitet? Warum aber? Eine Erklärung könnte dann sein, dass er mit verbotenen politischen Aktivitäten zu tun hatte oder gefährliche Kontakte unterhielt und daher
versuchte, die Verbindung zu seiner Familie soweit wie möglich zu verdecken. Die "Sippenhaft", die Verfolgung und Drangsalierung unbeteiligter Angehöriger, war ein gefürchtetes Machtinstrument der NS-Diktatur. Dass das jeder wusste, dafür sorgten SS und Gestapo mit Nachdruck Tag für Tag und Nacht für Nacht.

Vorbereitung zum Hochverrat? 1944 konnte jeder kritische Satz als todeswürdiger Angriff auf den Staat ausgelegt werden.

Desertion? Auch sie galt als ein Verbrechen und wurde mit dem Tode bestraft. Es erforderte allergrößten Mut, Heldenmut, Nein zu sagen und nicht mehr mitzumachen bei dem verbrecherischen Wahnsinn.

Es ist traurig und bitter, aber der Deserteur aus der NS-Armee ist für viele Menschen noch heute ein "Verräter am Vaterland", zumindest ist er ihnen eine zwielichtige Figur.

Weswegen Otto Peters auch immer verurteilt und ermordet worden sein mag, als Hochverräter, als Deserteur, als Wehrkraftzersetzer, als Gehorsamsverweigerer: Ihm gebührt, auch stellvertretend für viele andere, ein Grab im "Ehrenhain".

In Ehren gedacht sei hier auch seiner Mutter, Anna Mathilde Peters.
Ihr wurden fünf Söhne geraubt.
Sie nahm sich am 31. August 1964 das Leben.
Emil Peters, Ottos Vater, starb wenige Monate nach ihr, am 18. November.

© Johannes Grossmann

Quellen: Auskünfte von Peter Busch, Archiv Elpersbüttel, März bis September 2012; Auskünfte von Kurt Peters, Elpersbüttel, 31.03.2012; Peter Busch, Der Petershof in Elpersbüttel, unveröffentlichtes Manuskript, 2011; Geburtsurkunde von Peter Otto Hinrich Peters, Standesamt Süder-Meldorf, Nr. 4/1918; Sterbeurkunde Otto Peters, Standesamt Brandenburg (Havel), 1944 /908; Meldekartei Otto Peters, Amt Mittel-Dithmarschen, Meldorf, o.J.; Archiv Grundschule/Volksschule Elpersbüttel, Jahrgänge 1926-1934; Adressbücher Hamburg 1935 -1944; Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Potsdam, Rep. 29 Zuchthaus Brandenburg, Gen. Nr. 101; Deutsche Dienststelle (WAST), Berlin, 19.03.2012, Tages-Truppenmeldungen zu Otto Peters; Bundesarchiv-Militärarchiv, Freiburg, Mitteilung vom 9.02.2012; Bundesarchiv Berlin, VVN-Hinrichtungsverzeichnis, DY 56/V 287/978; Bundesarchiv Berlin, Mitteilung vom 25.05.2012; Bundsarchiv-Koblenz, Mitteilung vom 16.05.2012; Landesarchiv Berlin, Mitteilung vom 6.06.2012; Staatsarchiv Hamburg, Mitteilung vom 20.12.2011;Yvonne Dörschel, Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten/Dokumentationsstelle Brandenburg, e-Mail-Korrespondenz, 11.11.2011 bis 7.10.2012; Detlef Garbe, KZ-Gedenkstätte Neuengamme, e-Mail vom 9.05.2012; Friedhof Ohlsdorf/Hamburg, Auskunft vom 8.05.2012; Krematorium Brandenburg (Havel), Auskunft vom 16.05.2012; Gedenkstätte Deutscher Widerstand Berlin, Mitteilung vom 7.01.2012; Topographie des Terrors, Berlin, Mitteilung vom 11.05.2012; Ursel Hochmuth, Niemand und nichts wird vergessen, VSA-Verlag Hamburg, hrsg. von der VVN-BdA, Hamburg 2005, S. 102 f; Gespräch mit Ursula Hochmuth/Hamburg, 24.04.2012; Hamburger Volkszeitung, 31.08.1946, "Die Urnen der Konzentrationäre"; Alois Eisenhändler, Antifaschistischer Gedenk- und Terminkalender, hrsg. vom Komitee der Antifaschistischen Widerstandskämpfer der DDR, Zentralleitung, Berlin, Jahrgang 1979, S. 57 sowie 1984, Band II, S. 60; "Ehrenbuch für die im Zuchthaus Brandenburg-Görden ermordeten Antifaschisten", im Auftrag der ehemaligen politischen Gefangenen des faschistischen Zuchthauses Brandenburg-Görden bearbeitet von Rudolf Zimmermann, Eigenverlag, o.O.1986, Band 5, S. 71; Widerstand als "Hochverrat" 1933-1945, Texte und Materialien zur Zeitgeschichte, hrsg. vom Institut für Zeitgeschichte München, Band 7, Erschließungsband zur Mikrofiche-Edition, Verlag Saur, München 1998; VVN- BdA Hamburg, Auskunft vom 22.03.2012; VVN-BdA Berlin, Auskunft vom 19.09.2012; Manfred Messerschmidt, Die Wehrmachtjustiz 1933-1945, Paderborn 2005, S. 134 ff; Fritz Wüllner, Die NS-Militärjustiz, Baden-Baden 1991, S.132 ff; Martin Schnackenberg, Ich wollte keine Heldentaten mehr vollbringen/Wehrmachtsdeserteure im II. Weltkrieg, Oldenburg 1997; http://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm Röttger, Stand 1.09.2012; http://de.wikipedia.org/wiki/Zentralgericht_des_Heeres, Stand 9.10.2011; http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Rangabzeichen-SA.png, Stand 6.02.2012;

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