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Bereits verlegte Stolpersteine



Elli Adele Hymans (geborene Dinkelspiel) * 1905

Loogestieg 4 (Hamburg-Nord, Eppendorf)

1941 Minsk
ermordet

Weitere Stolpersteine in Loogestieg 4:
Leonhardt Hymans, Franziska Lewek

Elli Adele Hymans, geb. Dinkelspiel, geb.16.6.1905 in Hamburg, am 8.11.1941 nach Minsk deportiert, dort gestorben am 29.9.1942
Leonhard Hymans, geb. 26.2.1898 in Hamburg, am 8.11.1941 nach Minsk deportiert, dort Tod durch Erschießen im April 1943.

Loogestieg 4

Leonhard Hymans wurde am 26. Februar 1898 in Hamburg geboren. Seine Eltern waren der Kaufmann Albert Hymans und seine Frau Recha Hymans, geb. Minden. Beide waren "mosaischen" Glaubens und wohnten in Hamburg. Ihren Sohn Leonhard schickten sie auf eine Oberrealschule.

1913 verließ Leonhard Hymans mit dem einjährigen Examen die Schule, um einige Monate später am Ersten Weltkrieg teilzunehmen. Anschließend war er 21⁄2 Jahre bei einer Exportfirma tätig. 1928 arbeitete er als Prokurist in der Firma Otto Dinkelspiel, Hamburg. Dort lernte er die Tochter seines Chefs, Elli Adele Dinkelspiel, kennen und heiratete sie. Ihr Sohn Alfred Hymans kam am 31. August 1929 zur Welt. Er besuchte als kleiner Junge die Vorschule der "Schwestern Lehmann" in der Heilwigstraße (s. dort). Anschließend wechselte er an eine Oberrealschule, die in St. Pauli lag.

Alfred Hymans überlebte den Holocaust und übersiedelte nach Kriegsende in die USA. Er beschrieb die Lebensumstände seiner Familie wie folgt: "Meine Eltern befanden sich in günstigen Lebensverhältnissen. Mein Vater hatte als Prokurist bei der Firma Dinkelspiel eine gute Lebensstellung und ein ansehnliches Einkommen. Als deren einzigen Sohn hatten meine Eltern das Bestreben, meinen Wunsch, einen akademischen Beruf zu ergreifen, zu erfüllen und waren hierzu auch durchaus in der Lage. Ich selbst hatte den dringenden Wunsch, Arzt, speziell Chirurg zu werden."

Zunächst wohnte die Familie in der Bogenstraße 22, später dann im Loogestieg 4 in Hamburg-Eppendorf. Die gutbürgerliche Viereinhalbzimmerwohnung im dritten Stock war mit schönen Möbeln eingerichtet und gut ausgestattet. Elli Adele Hymans arbeitete als Hausfrau und Mutter. Bis 1939 lebte die Familie Hymans durch die gute Stellung des Vaters in gesicherten Verhältnissen. Mit der "Arisierung" der jüdischen Firma Dinkelspiel 1939 verlor der Vater diese Stellung. Sein letztes Jahreseinkommen hatte etwa 7000 RM betragen. Bis zu seiner Deportation fand Leonhard Hymans keine neue Anstellung mehr.

Der Schwiegervater Otto Max Dinkelspiel, der nach England emigrieren konnte, schrieb 1961 an das Amt für Wiedergutmachung in Hamburg über Leonhard Hymans: "Ich war vom März 1904 bis Ende Januar 1939 alleiniger Inhaber der Firma Dinkelspiel & Co in Hamburg. Der Hauptbetrieb, der sich mit Veredelung aller Art Lebensmittel befasste war am Holländischen Brook 3. Ein Nebenbetrieb, der sich mit Dippen von Pflaumen, Veredelung und Packen von Mischobst für fremde Rechnung befasste, war in der Catharinenstraße 42. Mein Schwieger­sohn Herr Leonhard Hymans war von September 1928 bis Januar 1939 Leiter dieses Betriebes und Prokurist der Firma. Die Betriebe gingen im Januar 1939 an die Herren Ockelmann & Cons, Kehrwieder, über und diese entließen Herrn Hymans im Rahmen der nationalsozialistischen Judenverfolgung. Sein Gehalt war M 6000,- plus 10 Prozent Gewinnanteil, was circa M 300,- bis 400.- ausmachte."

Nach der Entlassung des Alleinverdieners sah sich auch Familie Hymans gezwungen, ihre Wertsachen, z. B. einen großen Brillantring, zu beleihen. Aus Akten des Bestandes Oberfinanzpräsident geht hervor, dass Leonhard Hymans weiteren Verfolgungen zu entkommen suchte und gemeinsam mit seiner Familie eine Auswanderung in die Niederlande plante.

Zunächst wollte er eine vierzehntägige Vorbereitungsreise dorthin unternehmen, für die er beim Oberfinanzpräsidenten in Hamburg am 3. Februar 1939 eine sogenannte Unbedenklichkeitsbescheinigung beantragen musste. Hierfür hatte er u. a. eine genaue Aufstellung seines Kofferinhaltes einzureichen. Auch eine Liste über den Schmuck seiner Frau musste er vor seiner geplanten Orientierungsreise abgeben. Leonhard Hymans hatte vor, in den Nieder­landen seinen Beruf als Prokurist oder zumindest als kaufmännischer Angestellter auszuüben.

Doch durch die deutsche Besetzung der Niederlande im Mai 1940 zerschlugen sich diese Pläne. Leonhard, Elli Adele und ihr Sohn Alfred Hymans wurden zusammen aus ihrer Wohnung am Loogestieg ins Getto Minsk deportiert. Elli Adele Hymans verhungerte dort und starb am 29. September 1942. Ihr Mann Leonhard wurde im April 1943 in Minsk erschossen.

Alfred überlebte die Lagerzeit und konnte im Rahmen eines von ihm angestrengten Wiedergutmachungsverfahrens Zeugnis ablegen. Nach der Deportation nach Minsk, wurde er nach Krasnik weiterdeportiert. Von dort aus wurde er vermutlich nach Budzyn und Wielisczka bei Krakau gebracht, wo die Heinkel-Werke 4000 Zwangsarbeiter einsetzten, um in unterirdischen Salzminen Flugzeuge bauen zu lassen. Das Lager wurde im Mai/Juni 1944 geräumt. Die Häftlinge, darunter Alfred Hymans, kamen am 4. Juni 1944 im KZ Flossenbürg bei Weiden in der Oberpfalz an. Zunächst wurden sie drei Wochen in Quarantäne gehalten. Der dort als "Schlosserlehrling" registrierte Alfred saß mit der Häftlingsnummer 15054 im Block 19, dem "Jugendblock", ein. Am 20. April 1945 räumte die SS das KZ Flossenbürg und trieb die Häftlinge auf einen langen Marsch ins KZ Dachau, wobei man die Kranken zurückließ.

Alfred Hymans wurde zwei Tage später von alliierten Truppen in Flossenbürg befreit. Zu diesem Zeitpunkt war er 16 Jahre alt und von nun an elternlos.

"Nach meiner Entlassung nahm mich vorerst die amerikanische Armee in Fürsorge, mit deren Hilfe ich im Jahre 1945 nach England auswanderte. Dort wurde ich vorerst als Lehrling in einem Hotel beschäftigt, und zwar bis 1948. Alsdann wanderte ich nach USA aus, wo ich mich als Ladenverkäufer betätigte. Im Juli 1950 wurde ich zur amerikanischen Armee als Sol­dat eingezogen und diente dort bis 1953. Nach meiner Entlassung aus der amerikanischen Armee wurde ich im photographischen Gewerbe ausgebildet und bin jetzt als Photograph tätig."

© Claudia García

Quellen: 1; 2; 4; 6; 8; StaH 351-11 AfW Abl. 2008/1, 310829 Hymans, Alfred; StaH 314-15 OFP, Fvg 3059; StaH 522-1 Jüd. Gemeinden, 992e2 Band 2; Bajohr, "Arisierung", 1997, S. 353; Auskunft Johannes Ibel, KZ Gedenkstätte Flossenbürg an Beate Meyer v. 10.8.2010.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Recherche und Quellen.

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