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Helene Aberbach (geborene Lakser) * 1885

Isestraße 43 (Eimsbüttel, Harvestehude)


HIER WOHNTE
HELENE ABERBACH
GEB. LAKSER
JG. 1885
FLUCHT 1938
TSCHECHOSLOWAKEI
DEPORTIERT 1941
LODZ / LITZMANNSTADT
ERMORDET

Weitere Stolpersteine in Isestraße 43:
Charlotte Feldstein, Max Gideon Feldstein, Edgar Freimuth, Emil Freimuth, Renate Eva Freimuth, Bella Freimuth

Helene Aberbach, geb. Lakser, geb. 13.1.1885 in Berlin, emigriert 1938 in die Tschechoslowakei, deportiert am 26.10.1941 von Prag nach Litzmannstadt

Isestraße 43

Helene Aberbachs Leben war eng mit dem ihres Schwagers Berisch-Bernhard Schwarz und seiner Ehefrau Toni, geb. Aberbach, verbunden; beide Familien waren jüdisch.

Helene war als Helene Lakser oder Laxer am 13. Januar 1885 in Berlin geboren worden, ihr Ehemann als Israel Meier Aberbach am 19. November 1877 in Bolechow in Galizien, heutige West-Ukraine, zur Welt gekommen. Als Helene ihr erstes Kind, die Tochter Erna, am 11. Mai 1907 zur Welt brachte, lebte das Ehepaar in Berlin. Israel Meier passte seinen Namen an die neue Umgebung an und nannte sich fortan Max. Er besaß die österreichische Staatsangehörigkeit, die mit der Heirat auch auf seine Ehefrau Helene und später auf die Kinder übergegangen war. Über Helene Laksers Herkunftsfamilie ist uns nichts bekannt.

Max Aberbach hatte eine Schwester, Taube-Rechel, geb. 25. Novmember 1883 wie ihr Bruder in Bolechow, die mit ihrem Ehemann Berisch Schwarz, geb. 8. April 1877 in Samoloskowce in Galizien, ebenfalls Anfang des 20. Jahrhunderts in Wien lebte (s. dieselben). Dort kam am 22. August 1911 deren erstes Kind, der Sohn Julius, zur Welt. Taube-Rechel und ihr Ehemann assimilierten sich ebenfalls, was seinen Ausdruck auch in den Namensänderungen zu Toni und Bernhard Schwarz fand. Ihre Herkunft aus der österreichisch-ungarischen Monarchie mit Wien als Zentrum spielte zeitlebens eine Rolle für sie.

Helene Aberbach und ihre Familie zogen 1911 nach Hamburg, wo Max Aberbach die Firma Otto Trier Nachfolger als neuer Inhaber übernahm, einen Im- und Exportbetrieb für Korsetts und Zubehör wie Fischbein. Sie bezogen eine Wohnung in der Eppendorfer Landstraße 46. Am 24. April 1912, fünf Jahre nach der Geburt der Tochter Erna, brachte Helene Aberbach einen Sohn zur Welt, der denselben Namen wie sein Cousin, Julius, erhielt. Bis dahin war Max Aberbach noch nicht Mitglied in der Deutsch-Israelitischen Gemeinde in Hamburg gewesen. Als Eintrittsdatum wurde der 30. April 1912 vermerkt. Er schloss sich dem orthodoxen Synagogenverband an, wie später sein Schwager Berisch-Bernhard Schwarz auch.

Max Aberbach verlegte den Sitz seiner Firma von der Stadthausbrücke in den Merkurhof, Kaiser-Wilhelm-Straße 89/91, und holte seinen Schwager Berisch-Bernhard Schwarz als Prokuristen in die Firma. Noch in Wien war auch seine Familie gewachsen. Am 28. September 1912 wurde die Tochter Herta geboren. Bernhard Schwarz zog in die Isestraße 66, so dass die Schwäger nicht nur zusammen arbeiteten, sondern ihre Familien auch nahe beieinander wohnten.
Das änderte sich allerdings mit dem Ersten Weltkrieg, als Bernhard Schwarz Soldat wurde und seine Ehefrau mit den Kindern in eine Pension im Grindelhof zog. Warum nicht auch Max Aberbach im Ersten Weltkrieg diente, wissen wir nicht. Er führte seine Geschäfte fort und beantragte die Einbürgerung. Mit der Begründung, er stamme aus österreichisch Galizien, sei mosaischen Glaubens und habe sein Vermögen unrechtmäßig verdient, wurde sein Antrag am 10. August 1916 abgewiesen. Vermutlich unterstützten Helene und Max Aberbach die Familie des Schwagers, denn Bernhard Schwarz war 1915 in russische Gefangenschaft geraten, aus der er erst 1921 zurückkehrte. Seine Steuerschulden bei der jüdischen Gemeinde waren fortgeschrieben worden, wurden dann aber unter Vermittlung seines Schwagers erlassen. Nach seiner Rückkehr zog Bernhard Schwarz mit seiner Familie in die Husumerstraße 19.

Max und Helene Aberbach lebten nach dem Ende des Ersten Weltkriegs in der Hallerstraße 76, bis sie in die Isestraße 43 im Jahre 1933 wechselten. Ihr Sohn Julius besuchte die Oberrealschule in Eppendorf und schloss eine Lehre in der Korsettbranche an, in deren Verlauf er auch nach England und Frankreich ging. Zurückgekehrt nach Hamburg, trat er in die Firma seines Vaters ein. Dort war inzwischen auch Helene Aberbach tätig geworden, ohne in einem formellen Angestelltenverhältnis zu stehen. Die Geschäftstätigkeit der Korsettfirma (Otto Trier Nachfolger) erstreckte sich von Prag bis London.

Die Tochter Erna Aberbach wurde Kontoristin. Sie heiratete am 22. Dezember 1931 den zehn Jahre älteren Handelsvertreter Simon Bogopolsky, geb. 20. August 1897 in Odessa. Als Vertreter der Mädler-Niederlage am Neuenwall 10, einer Lederwarenhandlung, verfügte er über ein ungleich höheres Einkommen als seine Schwiegerfamilie, was ihm auch einen aufwändigeren Wohnkomfort ermöglichte. Zunächst wohnte er Jungfrauenthal 8 und zog 1936 in die Oderfelderstraße 7.
Als erstes Enkelkind Helene und Max Aberbachs wurde 1932 ein Sohn geboren, 1935 folgte eine Tochter. Inzwischen, 1934, war Helene Aberbachs Nichte Herta Bogopolsky, geb. Schwarz, aus Wien zu ihren Eltern nach Hamburg zurückgekehrt. Ihre Ehe war geschieden worden. Im August 1936 stellte ihr Schwager Simon Bogopolsky sie in seiner Firma ein. Er wurde vom 13. Februar 1937 bis 8. März 1937 wegen Devisenvergehens in Untersuchungshaft genommen, daraus aber nach Hause entlassen.

Infolge der Weltwirtschaftskrise hatten die Einkünfte Max Aberbachs 1932 bis 1934 unter der steuerpflichtigen Grenze gelegen. Gleichwohl hatten Max und Helene Aberbach 1933 bei der Nordstern-Versicherungsgesellschaft eine Lebensversicherung mit einer Versicherungssumme von 5000 RM mit einer Laufzeit bis 1958 abgeschlossen. 1935 kam eine Lebensversicherung über eine Versicherungssumme von 3000 RM für Max Aberbach hinzu und eine weitere über 10.000 RM für Helene Aberbach bei der ISAR Lebensversicherung. Dort bestand bereits eine Todesfallversicherung mit einer Laufzeit von 1932 bis 1963 über 20.000 RM.

Nach einem vorübergehenden Aufenthalt in Wien im Jahre 1933 heiratete Julius Aberbach dort am 6. Dezember 1934 die am 5. Juli 1914 in Wien geborene Jüdin Edith Kobel. Auch sie wurde in der Firma ihres Schwiegervaters tätig. Die Ehe blieb kinderlos und wurde 1938 geschieden. Julius Aberbach ging eine zweite Ehe ein mit der ebenfalls jüdischen Lotte Deutschmann, geb. 11. Oktober 1906 in Hamburg.

Für seine Firma war Max Aberbach 1937 noch ein "arischer" Lehrling bewilligt worden mit der Auflage, dass er durch "arische" Angestellte ausgebildet würde. Doch in diesem Jahr gerieten Max Aberbach und mit ihm seine Frau Helene, ihr Sohn Julius und der Schwager Berisch-Bernhard Schwarz in den Verdacht, ihre Auswanderung vorzubereiten und sich durch "Verschiebung" von Devisen eine Existenzgrundlage verschaffen zu wollen. Am 12. und 13. Februar 1937 kamen erst Max, dann Julius in Untersuchungshaft. Der Prozess beim Landgericht Hamburg begann am 19. Oktober 1937 und endete am 21. Januar 1938. Die Vergehen hatten sich als geringer erwiesen, als die Anklage vermutet hatte. Helene Aberbach und ihr Sohn Julius wurden frei gesprochen, der Mitangeklagten Max Aberbach wurde zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr Gefängnis und einer Geldstrafe von 7500 RM verurteilt und der Mitangeklagte Bernhard Schwarz unter Berücksichtigung der Untersuchungshaft zu einer Geldstrafe von 1000 RM.

Während Max Aberbach noch inhaftiert war, gingen am 3. Juni 1938 Simon und Erna Bogopolsky mit ihren Kindern ins Ausland. Ihre Wohnungseinrichtung im Umfang von 10 laufenden Wagenmetern lagerten sie bei der Speditionsfirma Gärtner ein. Da Max Aberbach wie seinem Schwager die Untersuchungshaft angerechnet wurde, wurde er im Sommer 1938 aus der Haft entlassen. Er kaufte seine Lebensversicherung zurück und stellte die Prämienzahlungen bei der ISAR Versicherungsgesellschaft ein.

Da er in Hamburg keine Existenzgrundlage mehr sah, verließ er zusammen mit seiner Ehefrau Helene am 13. Oktober 1938 Deutschland. Ihr Weg führte über Österreich in die Tschechoslowakei. 1939 wurden sie als Österreicher aus dem Deutschen Reich ausgebürgert.

Max Aberbach starb am 15. April 1939 in Senov/Mährisch-Ostrau. Helene Auerbach erhielt aus seiner Lebensversicherung 633 RM. Ihre Tochter Erna Bogopolsky löste den in Hamburg verbliebenen Haushalt auf, die Versteigerung der Wohnungseinrichtung und des Hausrats beim Auktionshaus Schoopmann erbrachte 6124,80 RM. Davon blieb für ihre Mutter Helene nichts übrig, nachdem Steuern für Julius, Mietschulden und Arztkosten beglichen und die Passagekosten für Julius und Lotte Aberbach, die im Juni 1939 in die USA emigrierten, bezahlt waren. Das Firmenvermögen war ebenfalls aufgezehrt.

Helene Aberbach zog nach Prag, wo sie beim Ältestenrat (so musste sich die Jüdische Gemeinde unter deutscher Besatzung nennen) unter der Nr. 119 registriert wurde. Am 26. Oktober 1941 erfolgte ihre Deportation mit dem Transport Nr. C-911 in das Getto von Lodz/Litzmannstadt.
Dort waren ihr Schwager Berisch-Bernhard und ihre Schwägerin Toni Schwarz, geb. Aberbach, (siehe dort) von Hamburg kommend, zur gleichen Zeit eingetroffen. Drei Jahre nach ihrer Trennung in Hamburg sahen sie sich vermutlich vor ihrem Tod noch einmal kurz wieder.

Stand: August 2017
© Hildegard Thevs

Quellen: 1; 4; 5; 8; 9; Hamburger Adressbücher; StaH 213-11, 09651/39, 09917/39; 214-1, 168 (Vermögensverwertungsstelle); 241-II, 26644 (Filmarchiv 741-4, 262); 332-5, 13630-520/1931 (Heiratsregister); 332-7, A III 21, Band 19, A VI 3, 960; 351-11, 3546, 4808; 522-1, 390 (Wählerliste1930); 992 e 2, Bd. 1 (Deportationsliste); Dank an Professor Fritz Neubauer für Hinweise auf Sterbefallregister Lodz: http://szukajwarchiwach.pl/39/278/0/18/1202/str/1/2/15/ntP5qVh00anymNp2qgDJRw/#tabSkany; http://szukajwarchiwach.pl/39/278/0/13.2/957a/skan/full/jvf--DKe_Af2840pvWaDWA
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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