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Paul R. Reinke * 1896

Gazertstraße 19 a-c (Harburg, Harburg)


HIER WOHNTE
PAUL R. REINKE
JG. 1898
IM WIDERSTAND
VERHAFTET SEPT. 1937
GEFÄNGNIS FUHLSBÜTTEL
ERMORDET 25.11.1937

Paul Reinke, geb. 26.4.1896 in Elbing, am 25.11.1937 nach schweren Misshandlungen durch die Gestapo gestorben

Stadtteil Harburg-Altstadt, Gazertstraße 19a–c

Der Arbeiter Robert Reinke, am 1.7.1872 geboren, seine Frau Maria, geb. Prange, am 6.9. 1876 geboren, und ihr Sohn Paul Robert Reinke stammten aus Elbing in Ostpreußen.

In Harburg lebten sie in dem Teil der Gazertstraße, der von der Denickestraße bis zum Alten Postweg führt, der früher Sternstraße hieß. Die Reinkes wohnten dort im Haus 29a, das im Krieg zerstört wurde und sich etwa dort befand, wo heute der Wohnblock Gazertstraße 19a–c steht.

Paul Reinke war Kommunist. Schon als junger Mann kam er im Verlauf der Novemberrevolution 1918 mit Polizei und Justiz in Konflikt wegen angeblicher Gefangenenbefreiung. Er wurde Mitglied der KPD und des Roten Frontkämpferbundes. Am 1. Mai 1929 kam es in Berlin zu blutigen Kämpfen, als die Polizei in eine verbotene Mai-Demonstration hineinschoss. Danach wurde der Rote Frontkämpferbund in Preußen verboten, und Paul Reinke trat der halblegalen Schutzformation "Antifaschistische Aktion" bei.

Nach dem Reichstagsbrand am 27. Februar 1933, für den die NSDAP die Kommunisten verantwortlich machte, wurde die KPD durch Massenverhaftung ihrer Kader als legale Organisation faktisch zerschlagen. Anders als die SPD wurde sie offiziell nie verboten, aber ihre Struk­turen wurden zerstört. Viele Kommunisten, die noch nicht verhaftet worden waren, gingen in die Illegalität, auch in Harburg-Wilhelmsburg.

Nach den Massenverhaftungen im Sommer 1934 und den "Harburger Hochverratsprozessen" gegen über hundert Kommunistinnen und Kommunisten aus Harburg und Umgebung wurde eine neue KPD-Unterbezirksleitung unter Felix Plewa aufgebaut (siehe Felix Plewa). Dieser nahm Kontakt zu Paul Reinke auf, der eine illegale Gruppe in Heimfeld gründete. Die Abschnittsleitung Nord der KPD in Kopenhagen versorgte die Widerstandskämpfer mit Materialien.

Im September 1937 wurden mehrere Harburger Kommunisten und ein dänischer Kurier festgenommen, darunter auch Paul Reinke. Es waren Zufallsfestnahmen, vielleicht ausgelöst durch Spitzel oder Denunzianten, die illegale Organisation insgesamt konnte von der Gestapo nicht erfasst werden. Paul Reinke kam ins Konzentrationslager Fuhlsbüttel (Kola-Fu) und wurde dort so schwer misshandelt, dass er am 25. November 1937 starb. Offiziell hieß es, er habe durch Erhängen Selbstmord verübt.

Er wurde auf dem Neuen Friedhof in Harburg bestattet. Einer der Teilnehmer an der Beerdigung, Richard Lohmann, bekam den Leichnam zu Gesicht. Er bemerkte, dass man versucht hatte, die Spuren der Misshandlungen durch Schminke und Salben zu vertuschen. Als er das Opfer aus der Nähe betrachten wollte, gebot ihm die Leichenfrau: "Geh da weg, hier ist überall Gestapo!" Weil Gestapobeamte während der Beerdigung die Teilnehmer und Friedhofsbediensteten beobachteten, konnte Lohmann keine Einzelheiten über den Tod Paul Reinkes erfahren.

© Hans-Joachim Meyer

Quellen: VVN-BdA Harburg (Hrsg.), Die anderen, s. Personenverzeichnis; Hochmuth/Meyer, Streiflichter, S. 186; Diercks, Gedenkbuch, S. 35; StaH, 332-8 Meldewesen, A44, A46; Heyl/Maronde-Heyl, Abschlussbericht; Totenliste VAN.

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