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Bereits verlegte Stolpersteine



Richard Gohert * 1895

Seevestraße 1 (Harburg-Freudenberger Maschinenbau GmbH, Tor 2) (Harburg, Harburg)

U-Haft Hamburg
ermordet am 18.11.1944

Weitere Stolpersteine in Seevestraße 1 (Harburg-Freudenberger Maschinenbau GmbH, Tor 2):
Wilhelm Stein

Richard Gohert, geb. 6.10.1895 in Hamburg, am 18.11.1944 an den Haftfolgen
gestorben
Wilhelm Stein, geb. 15.5.1895 in Biebernheim, zum Tode verurteilt und am 26.6.1944 hingerichtet

Stadtteil Harburg-Altstadt, Seevestraße, Tor 2 Werk Harburg-Freudenberger

Das Jahr 1856 nennt man das "Explosionsjahr der Industrie" in Harburg. Der Standort für Industrieansiedlungen war hier günstig, weil das Königreich Hannover dem Zollverein angehörte, Hamburg aber nicht. Dass Harburg bzw. Harburg-Wilhelmsburg viel stärker industriell geprägt war als Hamburg, war letztlich dieser Tatsache zu verdanken. 1865 wurde an der Seevestraße Koebers Eisenhütte gegründet. Seit 1910 hieß der Maschinenbaubetrieb "Harburger Eisen- und Bronzewerke". In jüngster Zeit wurde er vom Krupp-Konzern übernommen, nannte sich dann ThyssenKrupp und heißt heute Harburg-Freudenberger.

Der Kommunist Wilhelm Stein, der aus dem Rheinland stammte und nach seiner Haft in der Strafanstalt Siegburg nach Hamburg gezogen war, bekam eine Stelle bei den Ottensener Eisenwerken und 1937 als Betriebsingenieur bei den Harburger Eisen- und Bronzewerken. Die Familie wohnte nun in der Eißendorfer Straße 193 in Harburg, später am Eißendorfer Pferdeweg 65. Unter Felix Plewa, dem Politischen Leiter des illegalen KPD-Unterbezirks Har­burg-Wilhelmsburg (siehe unter Felix Plewa), entstand im Betrieb eine kommunistische Betriebszelle, der neben Wilhelm Stein auch Richard Gohert und Hermann Thomaschewski angehörten.

Nach Kriegsbeginn musste der Widerstand eingestellt werden, weil viele Beteiligte eingezogen wurden. Außerdem waren im Krieg neue Straftatbestände eingeführt worden wie "Wehrkraftzersetzung", "Feindbegünstigung" und das Abhören von "Feindsendern". Wer Widerstand leistete, riskierte sein Leben. Während des Kriegs gewann Bernhard Bästlein, der mit Wilhelm Stein befreundet war und nach seiner KZ-Haft in Sachsenhausen in Hamburg lebte, seinen Freund für den Widerstand. Wilhelm Stein baute mit Richard Gohert im Werk eine Betriebszelle der Organisation um Bästlein, Jacob und Abshagen auf (siehe unter Karl Kock). Unterstützt wurde er dabei durch den Sozialdemokraten Karl Polkehn, den späteren Betriebsratsvorsitzenden. Er ließ sich zum Luftschutzwart ernennen und bekam einen abschließbaren Raum im Werk. Hier hörten sie ausländische Sender ab und stellten Flugblätter her, ohne dass sie dabei gestört wurden.

Die Verhaftungswelle gegen die Bästlein-Organisation im Oktober 1942 traf auch Wilhelm Stein und Richard Gohert. Karl Polkehns Aktivitäten blieben der Gestapo verborgen.

Die Verhafteten kamen ins Gestapogefängnis Fuhlsbüttel und dann in Untersuchungshaft am Holstenglacis. Während der Gomorrha-Luftangriffe im Juli 1943 wurden sie vorübergehend auf freien Fuß gesetzt. Sie beschlossen, nicht unterzutauchen, weil die Gestapo gedroht hatte, ihre Ehefrauen in "Sippenhaft" zu nehmen, sondern arbeiteten weiter in ihrem Betrieb, bevor sie im September erneut festgenommen wurden. Wilhelm Stein wurde vom "Volksgerichtshof" am 6. Mai 1944 wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" und "Feindbegünstigung" zum Tode verurteilt und am 26. Juni 1944 im Untersuchungsgefängnis hingerichtet. Richard Gohert starb am 18. November 1944 im Krankenhaus Hamburg-Barmbek an Knochentuberkulose.

Am 14. September 1947 wurden Urnen hingerichteter Antifaschisten, darunter auch die Wilhelm Steins, zum Ohlsdorfer Friedhof in den Ehrenhain Hamburger Widerstandskämpfer überführt. Karl Polkehn, jetzt Betriebsratsvorsitzender bei den Harburger Eisen- und Bronzewerken, und die Unternehmensleitung riefen die Belegschaft zur Teilnahme an der Feier auf. Dazu wurde in Harburg eine Straßenbahn gemietet, die nach Ohlsdorf und wieder zurück fuhr.

© Hans-Joachim Meyer

Quellen: VVN-BdA Harburg (Hrsg.), Die anderen, S. 294ff.; Hochmuth/Meyer, Streiflichter, s. Personenverzeichnis; Hochmuth, Niemand, S. 123ff.

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