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Bereits verlegte Stolpersteine



Porträt Erna Kisch mit Stempeleindruck
Erna Kisch
© StaHH

Julius Philipp * 1878

Oberstraße 107 (Eimsbüttel, Harvestehude)

1943 KZ Bergen-Belsen aus NL
ermordet 15.03.1944

Weitere Stolpersteine in Oberstraße 107:
Helene C. Philipp, Richard J. Philipp, Cäsar Wolf, Elisabeth Wolf

Helene Caroline Philipp, geb. Bass, geb.16.5.1883 (abweichend: 1881) in Frankfurt/Main, gestorben in Bergen-Belsen am 14.1.1945
Julius Philipp, geb.1.3.1878 in Wandsbek, gestorben in Bergen-Belsen am 15.3.1944
Richard Philipp, geb.5.2.1917 in Hamburg, gest. im KZ Mauthausen am 10.3.1945

letzter Familienwohnsitz: Oberstraße 107
Geschäftssitz: Steintorweg 6

Die jüdische Familie Philipp besaß in St. Georg über mehr als drei Jahrzehnte ein bedeutendes, vom Vater Julius 1901 gegründetes Makler- und Handelsunternehmen in der Metallbranche. Julius Philipp ging von 1884–1893 in seinem Geburtsort Wandsbek zur Schule und schloss mit dem Einjährigenexamen (mittlere Reife) ab. Zwischen 1893 und 1897 absolvierte er eine Lehre in der Metall- und Erzfirma Gustav Bau in Hamburg und gründete 1901 im Steintorweg 6, in St. Georg, seine eigene Metallmaklerfirma in Neu-, Alt- und Edelmetallen.

Er heiratete 1907 Helene Caroline Bass, mit der er die Kinder Julia (geb. 1909), Ernst (geb. 1911), Max (geb. 1912), Herbert (geb. 1915), Richard (geb.1917) und Mary (geb. 1920) hatte. Die Familie lebte zunächst in der Schlüterstraße, zog später jedoch in eine Wohnung in der Oberstraße 107, die bis 1934 Familiendomizil blieb. Die Firma Julius Philipps entwickelte sich im Laufe der Zeit zu der führenden in ihrer Branche in der Hansestadt und besaß in den 1920er Jahren auch eine Filiale in Berlin; gleichzeitig war Julius Philipp auch an Firmen seiner Brüder beteiligt, die in derselben Branche wie er in London und New York tätig waren. Er war im Vorstand sowohl des Hamburger Metallvereins als auch der Metallbörse sowie Mitglied des Bürgervereins von St. Georg seit 1905, was seine Verbundenheit mit diesem Stadtteil dokumentiert.

Wohl frühzeitig ahnend, dass es nach der Etablierung des NS-Regimes für ihn und seine Familie keine Lebensperspektiven in Deutschland mehr gab, verkaufte er schon 1934 seinen Anteil an der mit einem Geschäftspartner gehaltenen OHG und emigrierte zunächst allein nach Amsterdam, um sich dort eine wirtschaftliche Grundlage in derselben Branche aufzubauen und später seine Frau und die noch nicht erwachsenen Kinder nachzuholen. 1936 folgten ihm denn auch Helene Philipp mit den Söhnen Herbert und Richard nach Amsterdam, obwohl sich zeigte, dass der Vater seine geschäftlichen Aktivitäten dort nur im wesentlich reduzierten Umfang weiterführen konnte. Die Tochter Mary zog zunächst nach Frankfurt, um dort die Jüdische Haushaltungsschule zu besuchen, musste jedoch die Ausbildung schon im April 1937 abbrechen, da die Einrichtung von den NS-Behörden geschlossen wurde, woraufhin sie ihrer Familie nach Amsterdam folgte.

Nach der Besetzung der Niederlande durch die Wehrmacht im Frühjahr 1940 versuchte die Familie verzweifelt nach Übersee zu fliehen. Im Herbst 1941 war sie offenbar im Besitz von Touristenvisen für einen Aufenthalt von sechs Monaten in Kuba, kam jedoch wahrscheinlich deshalb nicht mehr aus den Niederlanden heraus, weil die NS-Behörden inzwischen ein allgemeines Ausreiseverbot von Juden aus den von Deutschland besetzten Gebieten erlassen hatten. Julius Philipp verschaffte sich offenbar sogar einen honduranischen Pass, da auf seiner Sterbeurkunde in Bergen-Belsen vermerkt wurde, er besäße die Staatsangehörigkeit des mittelamerikanischen Landes.

Im März 1943 wurde die fünfköpfige Familie in das KZ Westerbork in den Niederlanden interniert, zu einem Zeitpunkt als die Mutter Helene bereits schwer erkrankt war. Das Ehepaar Philipp und seine Kinder Herbert und Mary wurden Anfang 1944 ins KZ Bergen-Belsen deportiert. Dort starb zunächst Julius Philipp am 15. März 1944, angeblich an "Angina pectoris", und später seine Frau Helene am 14. Januar 1945, während ihre beiden Kinder die Verfolgung und die fürchterlichen Zustände im Konzentrationslager überlebten. Der Sohn Richard wurde ebenfalls 1944 von Westerbork ins KZ Mauthausen in Österreich deportiert, wo er nur wenige Wochen vor Kriegsende am 10. März 1945 umkam.

Für die umgekommenen Mitglieder der Familie Philipp liegen bereits Stolpersteine vor deren letztem Wohnhaus in der Oberstraße 107 in Harvestehude, es soll ein weiterer Stolperstein für Julius Philipp in der Nähe des ehemaligen Geschäftshauses im Steintorweg verlegt werden.

© Benedikt Behrens

Quellen: 1; 4; 8; AfW, Entschädigungsakte; Website Oorlogsgravenstichting, Niederlande, http://www.ogs.nl.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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