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Porträt Willy Krause
Willy Krause
© Privatbesitz

Willy Krause * 1896

Papenstraße Ecke Ruckteschellweg (Wandsbek, Eilbek)


HIER WOHNTE
WILLY KRAUSE
JG. 1896
VERHAFTET 1944
"WEHRKRAFTZERSETZUNG"
1944 GEFÄNGNIS TORGAU
"SONDERBATAILLON"
DIRLEWANGER
TOT 26.2.1945
LÜBBEN / SPREEWALD

Willy Ernst Emil Krause, geb. 1.7.1896 in Hamburg, gestorben am 26.2.1945 in Lübben/Spreewald nach Verwundung in einer SS-Sondereinheit Dirlewanger

Papenstraße/Ecke Ruckteschellweg (Papenstraße 107)

Willy Krause entstammt einer sozialdemokratischen Hamburger Familie. Er hatte einen jüngeren Bruder, den 1898 geborenen Walter Adolf August. Sein Vater, Emil Krause, war seit 1896 Redakteur des "Hamburger Echo". Von 1907 bis 1933 gehörte er ununterbrochen der Hamburger Bürgerschaft an. Während der gesamten Zeit der Weimarer Republik war Emil Krause Senator für Schule, Lehre und Jugend. Nach ihm ist die Krausestraße im Stadtteil Duls­berg benannt. Die an der Ecke Krausestraße/Straßburger Straße gelegene Schule trägt ebenfalls Emil Krauses Namen. Willy Krauses Mutter war Dorothea, geborene Schröder.

Zum Zeitpunkt von Willy Krauses Geburt wohnten seine Eltern in der Eimsbütteler Chaussee 121, einer heute nicht mehr existierenden Adresse. Er besuchte die Schule von 1902 bis 1910. Die elterliche Familie wechselte in diesen Jahren mehrmals die Wohnung, sie wohnte in der Eichenstraße 87 in Eimsbüttel, in der Quickbornstraße, in der Hoheluftchaussee 123 und in der Breitenfelder Straße 32 im Stadtteil Hoheluft. Nach der Schulzeit erlernte Willy den Beruf des Bibliothekars und war dann bei der Zentralkommission für das Arbeiterbildungswesen der Gewerkschaften im Gewerkschaftshaus am Besenbinderhof in St. Georg angestellt. Willy Krause nahm am Ersten Weltkrieg teil, Dauer und Einsatzorte sind nicht bekannt.

1920 heiratete er die gleichaltrige Anna Henriette Lühnen, Tochter eines Ewerführers und ebenfalls in Hamburg geboren. Das Ehepaar Willy und Anna Krause bekam drei Kinder, Ilse (geb. 1921), Werner (geb. 1922) und Ernst (geb. 1931).

1933 arbeitete Willy Krause immer noch als Bibliothekar bei der Zentralkommission für das Arbeiterbildungswesen der Gewerkschaften. Im Mai wurde er als langjähriges SPD-Mitglied von den nationalsozialistischen Machthabern entlassen. Willy Krause fand keine Anstellung mehr in seinem Beruf, weil er angeblich "nicht vertraut mit NS-Literatur" war und als "berufsfremd" galt. Das Ehepaar Krause versuchte deshalb zunächst, außerhalb Hamburgs mit einem Einzelhandelsgeschäft in Pinneberg den notwendigen Lebensunterhalt zu verdienen. Die Familie zog Ende September 1933 in die Bahnhofstraße 18 in Pinneberg und eröffnete dort am 2. Oktober 1933 ein Kolonial- und Fettwarenschäft. Am 2. Mai 1936 wurde das Geschäft wieder geschlossen.

Am 11. Mai 1936 kam die Familie zurück nach Hamburg. Sie wohnte von nun an in Hamburg-Eilbek, zunächst in der Papenstraße 111, ab 1939/1940 in der Papenstraße 107. Willy Krause fand Arbeit bei einer Fischhandelsfirma auf dem Altonaer Fischmarkt. Er fuhr täglich bei Wind und Wetter mit dem Fahrrad jeweils rund 8 km von Eilbek nach Altona und zurück. Es ist nicht überliefert, ob Willy Krause auch Zeiten der Arbeitslosigkeit überstehen musste. Bekannt ist aber, dass die Familie auf den finanziellen Beistand von Willys Vater, dem ehemaligen Senator Emil Krause, angewiesen war.

Willy Krause wurde am 25. Oktober 1939 zur Wehrmacht eingezogen. Von diesem Zeitpunkt an erhielt die Familie Militärsold. Willy Krause tat zunächst Dienst bei verschiedenen Landesschützen-Bataillonen im Raum Nienburg an der Weser, die im Wesentlichen Transportsicherungsaufgaben zu übernehmen hatten. Bereits am 31. Oktober 1939 wurde er zum Feldwebel, 1941 zum Oberfeldwebel befördert. 1942 kam er zum Landesschützen-Bataillon 687, das später in Transport-Sicherungs-Bataillon 687 umbenannt wurde. Diese Militäreinheit war in Brüssel stationiert. Willy Krause muss seine soldatischen Pflichten zur Zufriedenheit seiner Vorgesetzten ausgeführt haben, denn im November 1943 wurde er mit dem Kriegsverdienstkreuz 2. Klasse mit Schwertern ausgezeichnet.

Während der schweren Luftangriffe auf Hamburg ("Operation Gomorrha") wurde der Stadtteil Eilbek in der Nacht vom 26. auf den 27. Juli 1943 fast vollständig zerstört. Auch das Wohnhaus der Familie Krause in der Papenstraße 107 wurde in dieser Nacht ein Opfer der Flammen. Sämtliche Familienunterlagen wurden vernichtet, so dass auch keine Fotos oder Dokumente aus der Zeit mehr existieren.

Die Familie kam nach der Ausbombung zunächst im väterlichen Ferienhaus in Weihe in der Nähe von Schierhorn im Norden der Lüneburger Heide unter. Dort wurde mit offenem Feuer geheizt und gekocht, wodurch Anna Krause immer wieder an die Feuerwalze in Hamburg erinnert wurde. Da ihr offenes Feuer unerträglich war, zog die Familie einige Wochen später nach Goslar zu Verwandten. Dort blieb sie mehr als ein dreiviertel Jahr. Willy Krause war dort für wenige Tage wieder mit seiner Familie vereint. Er hatte für die Beerdigung seiner Eltern Urlaub erhalten. Sein Vater war am 17. Oktober 1943 gestorben, seine Mutter wenige Tage später.

Im Anschluss an den Aufenthalt in Goslar fand Anna Krause mit ihrem jüngsten Sohn Ernst in dem kleinen Häuschen eines Kameraden ihres Mannes in Lübeck-Schlutup Unterkunft. Der älteste Sohn Werner war zu einer kurzzeitigen Übung zur Wehrmacht einberufen worden. Tochter Ilse hatte bereits eine Unterkunft in Hamburg-Rahlstedt gefunden. Der Aufenthalt in Schlutup endete nach nur fünf Tagen unfreiwillig, denn staatliche Stellen requirierten das Häuschen für Lübecker Bombenopfer. Inzwischen stand der Herbst 1944 bevor. Anna Krause und ihr Jüngster zogen nach Hamburg-Rahlstedt zu Ilse Krause, Annas Tochter, und wenig später nach Bergedorf. Werner, der älteste Sohn hatte eine Bleibe in der damaligen Hitlerstraße 32 (heute: August-Bebel-Straße) bei seiner Zimmerwirtin aufgetan. Er arbeitete bei einer kriegswichtigen Firma am Weidenbaumsweg, war deshalb "unabkömmlich" gestellt und wurde nicht zum Militär eingezogen.

Am 28. August 1944 wurde Willy Krause in Antwerpen verhaftet. Der Grund für die Verhaftung wurde nie geklärt. Anna Krause vermutete einen Zusammenhang mit dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 (Aktion Gewitter). Ernst Krause, Willy Krauses jüngster Sohn, hält eine andere Version für wahrscheinlicher: Er glaubt sich erinnern zu können, dass der Vater bei der letzten Zusammenkunft im Jahr 1943 hinter vorgehaltener Hand erzählt hat, er habe in den Niederlanden Kraftstoff gehortet, um für den Fall des Rückzuges auf genügend Treibstoff für in seiner Nähe stationierte Flakhelferinnen und für sich zurückgreifen zu können. Ernst war zu dieser Zeit zwölf Jahre alt. Sollte diese Erinnerung zutreffen, würde sich aus der Geschichte möglicherweise die spätere Verhaftung erklären.

Willy Krause wurde wegen "Wehrkraftzersetzung" angeklagt und in das Wehrmachtsgefängnis in Torgau-Zinna eingeliefert. Dorthin wurde er mit einem Kleinflugzeug vom Typ Fieseler Storch geflogen, wie Anna Krause durch einen Brief von Willy Krause erfuhr, der ihr über einen Gewährsmann übermittelt worden war.

Zu einem förmlichen Abschluss des Verfahrens gegen Willy Krause und einem Urteil scheint es nicht gekommen zu sein, sondern Willy Krause wurde zur SS-Sturm-Brigade Dirlewanger, Abt. Ib, versetzt.

Dies erfuhr Anna Krause am 19. Oktober 1944 aus einen Brief von ihrem Ehemann, der als Absenderadresse die Feldpostnummer 00512 D trug. Dadurch wusste sie von der veränderten Situation ihres Mannes. Über die näheren Umstände der "Versetzung" ist nichts überliefert. Es mag sein, dass Willy Krause der Dienst in einem so genannten Bewährungsbataillon massiv nahe gelegt worden war, um einem Todesurteil oder einer lang andauernden Haft zu entgehen. Gleiches ist aus ähnlichen Fällen bekannt.

Anna Krause entnahm einem späteren Schreiben ihres Mannes, dass seine Einheit in Jugoslawien eingesetzt war. Dieser Brief ist nicht erhalten. In einem noch in Kopie existierenden Brief vom 1. Dezember 1944 an seine Tochter Ilse, der offenbar "Nachrichten zwischen den Zeilen" enthielt, schrieb Willy Krause:
"[...] Nachdem wir von den hohen Bergen fortgekommen [sind] und immer mehr westlich ziehen, ist die Witterung dementsprechend auch wieder milder geworden. Im Augenblick herrscht ein ganz annehmbares Wetter. Nach dem fußhohen Schnee und der Kälte bestimmt angenehmer. Ob die Voraussetzungen für das, was uns noch blüht, auch dementsprechend freundlich werden, bleibt dahingestellt. Doch eines steht fest, wir sind dem Tag des Sieges näher als wir ahnen. Was sich jetzt in Rußland anbahnt, wird schon seine Früchte tragen. Und wenn wir erst diesen Gegner erledigt haben, werden umgehend Kräfte frei für den Westen. Aber vor Weihnachten wird es kaum noch etwas werden, so dass Ihr diese Tage ohne mich feiern müsst. [...]"

Im Februar 1945 trafen Willy Krause in Guben in der Niederlausitz Granatsplitter an den Beinen, einem Arm und am Kopf. Er war noch immer bei der "Dirlewanger-Einheit". Warum diese Einheit nach Guben verlegt wurde, ist nicht bekannt. Schwer verwundet wurde er am 22. Februar in das Kriegslazarett 1/531 in Lübben im Spreewald eingeliefert. Nur vier Tage später, am 26. Februar 1945, erlag er dort seinen Verletzungen.

Willy Krause wurde in Lübben auf dem dortigen Friedhof beigesetzt. Das Grabfeld ist inzwischen als Grünfläche angelegt worden. Ein allgemeiner Gedenkstein erinnert an die Gefallenen.

Auf einer Gedenkstele auf dem Gräberfeld der Geschwister Scholl Stiftung auf dem Hamburg-Ohlsdorfer Friedhof wird neben anderen Sozialdemokraten auch an Willy Krause erinnert.

Stand Februar 2014
© Ingo Wille

Quellen: AB; StaH 351-11 Amt für Wiedergutmachung 18066; WASt, Schreiben vom 14.5.2012; VAN-Totenliste, S. 49; Für Freiheit und Demokratie, S. 91f., mündliche Mitteilungen Ernst Krause.

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